Pestizide im Trinkwasser - und jetzt?!
Pestizide im Trinkwasser - und jetzt?!
(chp) - Der Mitte September erfolgte Pestizidunfall in Belgien hatte weitreichende Folgen für Luxemburg und er hat auch eine Lawine der Entrüstung ins Rollen gebracht. "Dank" des Unfalls wurde eine Grundbelastung unseres Wassers festgestellt, rein "zufällig". Über 70 Prozent aller Quellen im Land sind verunreinigt, durch Rückstände von mindestens einem Pestizid oder durch einen Abbaustoff. Es sei allerhöchste Zeit, dass diese Probleme angegangen werden, so Blanche Weber, Präsidentin des "Mouvement écologique". Und der "Mouvement" hat auch ganz konkrete Vorschläge, wie dies geschehen soll:
1. Schluss mit der Funkstille! Es müsse endlich ein strukturierter Austausch mit allen Akteuren (Landwirtschaft, Verbraucher, Umweltschutzorganisationen, Ministerien/Verwaltungen) zum Thema "nachhaltige Landwirtschaftspolitik" stattfinden. Zudem fordert der "Mouvement Écologique" die Gründung einer Arbeitsgruppe zur Erstellung eines Aktionsplans "Pestizide".
2. Schluss mit einer fehlenden politischen Kohärenz auf Regierungsebene! Auf ministerieller bzw. Verwaltungsebene müssen klare Zuständigkeiten formuliert werden. In den betroffenen Ministerien müssen für die "Pestizid-Thematik" verantwortliche Beamte ernannt werden. Darüber hinaus wird eine permanente"Taskforce Pestizide" auf interministerieller Ebene gefordert.
3. Schluss mit unkoordinierten Maßnahmen! Was nötig ist, ist eine systematischere und fachlich fundierte Vorgehensweise zur Risikoanalyse aller zugelassenen Pestizide in Luxemburg. Die Zulassungspraxis und die Beratung der Landwirte zum Einsatz der Pestizide soll sich an dieser Risikoanalyse orientieren. Analysen nicht nur des Grundwassers, sondern auch des Oberflächenwassers sind gefordert. Der Einsatz von Pestiziden im direkten Einzugsgebiet vom Stausee sowie von Trinkwasserquellen muss kurzfristig massiv reduziert oder verboten werden. Es müssen mehr staatliche und EU-Gelder für die Analyse und die Risikobewertung freigesetzt werden (statt der Unbedenklichkeit von Wirkstoffen, nachgewiesen durch Studien der Hersteller, zu vertrauen).
4. Gefordert ist eine verbindliche politische Strategie mit klaren Zielen, konkreten Instrumenten und einem Zeitplan! Eine Überarbeitung des Entwurfs des "Plans für ländliche Entwicklung" (PDR), des Aktionsplans "Pestizide" sowie des großherzoglichen Reglements zu den Trinkwasserschutzgebieten ist gefordert.
5. Reform der Beratungsstrukturen im landwirtschaftlichen Bereich: Einrichtung eines landwirtschaftlichen Kompetenzzentrums, das für eine flächendeckende, koordinierte Beratung der Landwirte sorgt. Zudem soll die Koordination der landwirtschaftlichen Beratung u.a. mit Trinkwassersyndikaten und Gemeinden mit eigenen Quellen, sowie deren Einbeziehung in die Arbeit der Beratungsstrukturen gewährleistet werden.
6. Umkehr vom unbedenklichen Umgang mit Pestiziden: verstärkte Ausrichtung der Lehrinhalte und Lehrpläne in Bezug auf eine nachhaltige und umweltschonende Landwirtschaft ohne Einsatz von Pestiziden. Eine obligatorische und regelmäßige Weiterbildung für Landwirte muss sichergestellt werden.
7. Biologische Landwirtschaft voranbringen und stärker fördern: Anhebung der PDR-Fördergelder für biologische Landwirtschaft von derzeit drei Prozent auf mindestens zehn Prozent, mit dem Ziel, bis 2020 15 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche biologisch und pestizidfrei zu nutzen.
8. Strikte Umsetzung des Verursacherprinzips im Fall der Umweltbelastung durch Pestizide: Hierzu muss eine Aufstellung der globalben Folgekosten der Grundbelastung des Oberflächen- und Grundwassers erfolgen. Die Einführung einer "Pestizidsteuer" wie in Dänemark sollte zur Diskussion gestellt werden.
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