Nach 60 Jahren Trennung kommen Burfelt und A Bärel sich näher
Nach 60 Jahren Trennung kommen Burfelt und A Bärel sich näher
Es ist eine Idee, die schon Ende der 1950er-Jahre bei der Verwirklichung des Obersauer-Stausees und damit der Trennung der Ortschaften aufgeworfen, aber nie umgesetzt wurde: eine Brücke, die den Flurort A Bärel in Baschleiden mit dem Waldentdeckungszentrum Um Burfelt verbindet. Nun soll daraus – nach über 60 Jahren – Realität werden.
Wer sich heute von einer Seite des Stausees zur anderen begeben will, benötigt zurzeit 3 Stunden und 29 Minuten zu Fuß, 1 Stunden und 8 Minuten mit dem Fahrrad und 27 Minuten mit dem Auto. Über die von der Gemeinde Bauschleiden geplante Hängebrücke hat man die gegenüberliegende Seite binnen fünf Minuten erreicht.
Wie Bürgermeister Jeff Gangler im Gespräch mit dem „Luxemburger Wort“ erklärt, habe der Naturpark Öewersauer sich bereits im November vergangenen Jahres für das Vorhaben ausgesprochen. Am 22. Dezember hat die Gemeinde die Genehmigungsanfrage mit den Umwelt- und Impaktstudien beim Umweltministerium eingereicht. „Jetzt kommen wir in die endgültige und wichtige Phase“, sagt Gangler.
Der Standort für die Brücke, die nach den Plänen der Ingenieur- und Architektenbüros Inca und Abplus gestaltet werden soll, wurde so gewählt, dass ein minimaler Impakt auf die Natur entsteht. Das Kuriose dabei: Vor dem Bau des Obersauer-Stausees in den 1950er-Jahren gab es an genau dem gleichen Standort bereits eine Verbindung. „Der Zugang zur Brücke erfolgt über einen fünf Kilometer langen Spazierweg mit einem Höhenunterschied von 114 Metern, wobei der Wald und die Schönheit der Region aufgewertet werden und gleichzeitig das Waldentdeckungszentrum in den Vordergrund gerückt wird“, heißt es in der Konzeptbeschreibung.
Hierbei handelt es sich um ein regionales Projekt mit nationalem Charakter.
Bürgermeister Jeff Gangler
Gleich mehrere Faktoren spielen bei dem Brückenbau eine Rolle: der Tourismus, die Verbesserung der Mobilität, die Nachhaltigkeit, aber auch die Wirtschaft und der pädagogische Aspekt. Dabei sieht der Bürgermeister das ambitionierte Vorhaben als wichtiges Projekt für die Gemeinde und für die gesamte Region. So zählte der Houfels in Bauschleiden in den 1930er-Jahren und danach als beliebtes Ausflugsziel für Naturliebhaber aus dem ganzen Land. „Wir haben die Chance, dass dieses Naturerbe sich in unserer Region befindet und sollten dieses auch in den Fokus stellen“, so Gangler.
Brückenbau birgt neue Möglichkeiten für die Region
Deshalb gelte es nun, darauf aufzubauen. Und: „Ich bin überzeugt davon, dass die Hängebrücke das fehlende Puzzleteil ist, um neue Synergien zu schaffen, damit unsere Region eine Vorreiterrolle übernehmen kann, und den Bürgern über den Weg der Natur den Nachhaltigkeitsgedanken näherzubringen.“
Mit der neuen Verbindung erhofft die Gemeinde sich zahlreiche Vorteile für die Region. Die Vision ist klar: Durch die Brücke wird der Naturtourismus gefördert, die Besucher werden vermehrt in den nördlichen Bereich des Stausees gelenkt, neue Restaurationsmöglichkeiten können entstehen und bestehende davon profitieren. „Wir haben ein sehr großes Potenzial und das bringt viele Chancen, uns weiterzuentwickeln“, betont Jeff Gangler überzeugt. Ziel ist es, durch den sozio-ökonomischen Bereich ein zusätzliches Standbein zu schaffen.
Gleichzeitig spielt er dabei auf das geplante Centre de compétences et de ressources pour jeunes, das unter anderem Wohnen, ein Bildungszentrum und einen nationalen und europäischen Freiwilligendienst vorsieht, an. Auch dort soll das Thema Umwelt eine wichtige Rolle spielen, wovon die Region ebenfalls profitieren soll.
Zwischen 30 und 120 zusätzliche Besucher täglich erwartet
Apropos Besucherlenkung: „Wir setzen nicht auf Massentourismus, sondern auf zielorientierten Tourismus“, erklärt Jeff Gangler weiter. Laut Studien werden durch die Hängebrücke zwischen 3.300 und 7.700 zusätzliche Besucher pro Jahr in der Region erwartet. Pro Tag dürften dies zwischen 30 und 120 Personen sein, wobei im ersten Jahr nach der Eröffnung des Übergangs mit einem Ansturm von circa 200 täglichen Besuchern ausgegangen werden kann. Im Fokus stehen dabei die Wanderer. Laut Studie seien die Strandbesucher, die sich im Sommer im südlichen Bereichs des Stausees niederlassen, nicht an Wandertouren interessiert.
Für den Bürgermeister steht aber auch fest, dass das Projekt nicht nur für das Ösling von Bedeutung ist: „Hierbei handelt es sich um regionales Projekt mit nationalem Charakter!“ Ein Punkt, der in der Konzeptbeschreibung auch klar definiert ist: „In den 1950er-Jahren musste die Region im nationalen Interesse große Opfer bringen. Brücken wurden unter Wasser gesetzt, Nachbarn wurden voneinander getrennt und kulturelles Erbe wurde zerstört. Die Bewohner der Region haben seitdem regelmäßig das Gefühl, von anderen Regionen des Landes überholt worden zu sein.“ Gangler erklärt: „Es ist wichtig, dass das Vertrauen in den Staat wieder aufgebaut wird. Man kann den Bürgern nicht nur etwas wegnehmen und sie einschränken, sondern muss ihnen auch etwas zurückgeben.“
Darüber hinaus reihe sich das Projekt in die nationale Tourismusstrategie ein und fördere unter anderem durch die geplante Busanbindung in die Hauptstadt die Klimaziele, erfülle den Nachhaltigkeitsgedanken sowie den pädagogischen und wirtschaftlichen Bereich. Einen wichtigen Aspekt sieht Gangler denn auch durch die Auszeichnung des Öslings als Qualitätswanderregion.
Ein Projekt von nationalem Interesse?
Einen Wermutstropfen gibt es aber: Trotz aller Argumente steht noch nicht fest, ob das 2,07 Millionen Euro teure Projekt auf Anfrage des Tourismusministers vom Regierungsrat im neuen Fünf-Jahresplan als „intérêt national“ eingestuft wird. Wäre dies der Fall, könnte die Gemeinde mit einer staatlichen Unterstützung von mindestens 70 Prozent rechnen.
Am 23. September vergangenen Jahres hat der Gemeinderat sich dafür ausgesprochen, im Falle einer Zusage die restlichen 30 Prozent der Baukosten (622.875 Euro) zu übernehmen. Zudem sollte man versuchen, die Nachbargemeinden mit ins Boot zu holen, damit diese sich finanziell beteiligen. Daraufhin wurden die Gemeinde Esch/Sauer und die Stauseegemeinde im November schriftlich darum gebeten, das Projekt in ihre Haushaltsvorlagen zu integrieren. Mit den Verantwortlichen der Gemeinde Rambrouch fand erst am vergangenen Montag ein Treffen statt.
Läuft alles nach Plan, dürften die Arbeiten für das Vorhaben schon vor den Sommerferien aufgenommen werden.
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