Lausdorn: Polizist und Fluchtfahrer unter Anklage
Lausdorn: Polizist und Fluchtfahrer unter Anklage
Es war ein beispielloser Unfall: Bei der Verfolgung eines vor einer Alkoholkontrolle geflüchteten Autofahrers kollidieren am 14. April 2018 im Norden des Landes zwei Polizeifahrzeuge. Ein Polizist stirbt noch an der Unfallstelle, seine Kollegin wird lebensgefährlich verletzt. Ihr Leben hängt bis heute an einem seidenen Faden.
Einen Tag nach dem Unfall wird der geflüchtete Autofahrer identifiziert und wegen fahrlässiger Tötung angeklagt, obwohl er an der Kollision nicht direkt beteiligt war. Aber auch gegen den Fahrer des Polizeibusses, der den in Höhe Lausdorn inmitten der N7 wendenden Streifenwagen mit voller Wucht erfasste, wird ermittelt.
Zwei Angeklagte
Knapp zehn Tage bevor sich der Unfall zum ersten Mal jährt, hat die Staatsanwaltschaft Diekirch am Mittwoch nun in einer Pressemitteilung Details zum derzeitigen Stand der Ermittlungen genannt. Daraus geht hervor, dass der Untersuchungsrichter Anklage gegen zwei Personen erhoben hat.
Dabei handelt es sich zum einen um den Autofahrer, der vor der Alkoholkontrolle in Wemperhardt gewendet und die Flucht ergriffen hatte. Er wird der fahrlässigen Tötung, der fahrlässigen Körperverletzung, des Widerstands gegen die Staatsgewalt und des Fahrens unter Alkoholeinfluss beschuldigt.
Da zum Zeitpunkt seiner Festnahme eine Verdunklungsgefahr bestanden habe, sei damals Untersuchungshaft angeordnet worden, um die Stunden vor dem Unfall – insbesondere seinen Alkoholkonsum – im Detail nachvollziehen zu können. Am 23. April sei er nach acht Tagen aus der Haft entlassen worden, heißt es in dem Schreiben. Zudem wird hervorgehoben, dass Fahren unter Alkoholeinfluss mit einer Haftstrafe von acht Tagen bis drei Jahren sowie einer Geldstrafe von 500 bis 10.000 Euro bestraft werden kann.
Angeklagt ist aber auch der Fahrer des Polizeibusses. Er hatte den an der Kreuzung in Lausdorn wendenden Streifenwagen mit voller Wucht an der Fahrerseite erfasst. Die Streifenwagenbesatzung hatte zuvor kurz angehalten, um einen unbeteiligten Autofahrer als möglichen Zeugen zu befragen.
Der Polizist ist ebenfalls wegen fahrlässiger Tötung und fahrlässiger Körperverletzung angeklagt.
17 von 32 Ermittlungsmaßnahmen abgeschlossen
Die Staatsanwaltschaft Diekirch hebt zudem hervor, dass sich inzwischen vier Personen als Nebenkläger in das Verfahren eingebracht haben, um zivilrechtliche Ansprüche geltend zu machen. Die Kriminalpolizei aus dem Nordbezirk sowie die Polizeiinspektion sind mit den Ermittlungen zur Wahrheitsfindung befasst. Im Auftrag des Untersuchungsrichters wurden bislang 32 Ermittlungsmaßnahmen durchgeführt. Bislang liegen dazu 17 Berichte vor.
Dazu gehören Zeugenvernehmungen, die Auswertung von Überwachungsbildern von Tankstellen, die Untersuchung von Kommunikationen der Rettungsdienste, sowie eine Analyse der Polizeivorschriften zu Verkehrskontrollen und Verfolgungsfahrten. Auf Antrag einer der beteiligten Parteien wurde auch der Ablauf des Rettungseinsatzes nach dem Unfall unter die Lupe genommen.
Darüber hinaus hat der Untersuchungsrichter mehrere Gutachten angeordnet. Dazu zählen neben einer Autopsie des verstorbenen Polizisten auch Untersuchungen zu einem möglichen Alkoholeinfluss der am Unfall beteiligten Polizeibeamten. Diese erbrachten allesamt ein negatives Ergebnis. Positiv verlief hingegen eine Untersuchung zur nachträglichen Feststellung des Blutalkoholwerts beim Fluchtfahrer.
Ein ausländischer Experte wurde zudem damit befasst, den genauen Unfallhergang zu ermitteln. Dabei wurden auch in den Unfallfahrzeugen aufgezeichnete Daten ausgewertet. Keine neuen Erkenntnisse ergaben sich aus der technischen Auswertung des Fluchtfahrzeugs durch einen Fachmann aus dem Ausland.
Polizistin noch immer in kritischem Zustand
Die Polizisten, die bei dem Unfall lebensgefährlich verletzt wurde, befindet sich weiterhin in stationärer Behandlung und in einem kritischen Zustand. Schlussfolgerungen aus einem Gutachten zu möglichen Folgeschäden liegen noch nicht vor.
Die Staatsanwaltschaft schließt ihr Kommuniqué damit ab, dass die Ermittlungen weiter laufen. Sobald alle vom Untersuchungsrichter angeordneten Ermittlungsaufgaben abgeschlossen sind, obliegt es der Staatsanwaltschaft und auch den anderen Parteien abzuwägen, ob diese komplett sind oder, ob weitere Ermittlungsaufgaben ausgeführt werden müssen. Die Ermittlungen werden dann mit einer letzten Anhörung der Angeklagten abgeschlossen.
Daher sei es zu diesem Zeitpunkt nicht möglich, vorauszusehen, wann die Staatsanwaltschaft den Fall einer Ratskammer vortragen kann. Diese wird erst dann entscheiden, ob und welche Angeklagten sich, wegen welcher Tatvorwürfe, vor Gericht verantworten müssen.
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