Kleider made in Esch/Alzette
Kleider made in Esch/Alzette
Seit vier Tagen sitzen die Näherinnen von Benu Couture an ihrem neuen Arbeitsplatz an der Escher Place de la Frontière. In einem früheren Container stellen sie fleißig erste Kleider her. Diese werden am Donnerstag offiziell vorgestellt und von Samstag an auch vor Ort zum Verkauf angeboten. Hergestellt werden diese Modeartikel aus lokal eingesammelten Altkleidern.
"Es ist kein Abfall"
„Die Leute nennen es Abfall, es ist aber kein Abfall“, betont Georges Kieffer, Initiator des Projektes Benu. „Wenn in einem Stoff ein Loch oder ein Fleck ist, dann reparieren wir es, oder schneiden es raus. So wird aus einer Hose ein Rock oder aus einem Hemd eine Mütze. Das Wichtige ist die Qualität des Stoffs.“ Bisher hat Benu diese Stoffe lediglich dank Mund-zu-Mund-Propaganda erhalten.
Von den Sammlungen in Containern, die für Hilfswerke getätigt werden, distanziert er sich entschieden. „Die Container werden von Firmen aus Osteuropa betrieben. Die leeren die Container aus und fahren die Kleider noch am selben Tag in Industriezentren im Ausland. Die Hilfsorganisationen erhalten einen Kilopreis für die Kleider“.
Laut Georges Kieffer werde der Großteil (etwa 36 Prozent) nach Asien oder Afrika weiterverkauft, ein Drittel (31 Prozent) werde verbrannt und 21 Prozent werden zu Lumpen oder Isolationsmaterial verarbeitet. Weniger als zwei Prozent würden in der Tat hilfsbedürftigen Menschen zugutekommen, betont er.
Ohne Chemie
Im Benu Couture sind dagegen kurze Wege und Kreislaufwirtschaft oberstes Gebot. Chemie werde keine eingesetzt. Genauso wenig wie beim Bau des „Benu Provisorium“. Dabei handelt es sich um neun frühere Container, denen auf der Place de la Frontière neues Leben eingehaucht wurde. Sie wurden mit einer Miscanthus-Kalk-Mischung isoliert.
Während des Sommers haben Freiwillige deren Fassaden unter der Leitung einer freischaffenden Künstlerin verschönert. Die teils neugierigen, teils bewundernden Blicke der Passanten zeigen, dass die Operation Blickfang gelungen ist. „70 Freiwillige und zehn professionelle Künstler haben eine Hand mit angepackt“, so ein sichtlich stolzer Georges Kieffer.
Schafwolle statt Styropor
Das Benu Provisorium wurde lediglich mit Material errichtet, das für die Müllhalde bestimmt war. Gips oder Silikon sind tabu. Dafür wurden gebrauchte Fenster oder Türen eingebaut und deren Rahmenbereiche mit Schafswolle isoliert. Alle Baustoffe seien nach Abriss wiederverwendbar, so Georges Kieffer.
Geplant wird auch in Hinblick auf das künftige Ökodorf. Dieses soll aus rund 40 Containern bestehen, auf dem Grundstück eines Hauses, auf der Straßenseite gegenüber des Parkplatzes. Finanziert wird die Initiative bisher vom Nachhaltigkeitsministerium und der Stadt Esch/Alzette.
Langfristig soll es sich, unter anderem dank des Kleiderverkaufs, selber tragen. Der nächste Schritt ist aber auch bereits geplant: Die Eröffnung eines Benu Restaurants.
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