Wählen Sie Ihre Nachrichten​

Kein Dogma
Lokales 3 Min. 23.04.2016 Aus unserem online-Archiv
Der Nebensatz, der aufhorchen liess

Kein Dogma

Die Apostolische Exhortation des Papstes "Amoris Laetitia" ist am 20. April in Buchform erschienen.
Der Nebensatz, der aufhorchen liess

Kein Dogma

Die Apostolische Exhortation des Papstes "Amoris Laetitia" ist am 20. April in Buchform erschienen.
Lokales 3 Min. 23.04.2016 Aus unserem online-Archiv
Der Nebensatz, der aufhorchen liess

Kein Dogma

Anne CHEVALIER
Anne CHEVALIER
Bei der Apostolischen Exhortation zur Familiensynode „Amoris Laetitia – Freude der Liebe“ von Papst Franziskus stand vor allem der Umgang mit den wiederverheirateten Geschiedenen im Mittelpunkt. Ein Nebensatz des Papstes erregte dennoch weltweit Aufmerksamkeit – auch in Luxemburg.

Im Zuge der Vorstellung der Apostolischen Exhortation zur Familiensynode „Amoris Laetitia – Freude der Liebe“ von Papst Franziskus am 8. April stand vor allem der Umgang mit den wiederverheirateten Geschiedenen im Mittelpunkt. Ein Nebensatz des Papstes erregte dennoch weltweit in den Medien und in der Öffentlichkeit Aufmerksamkeit – auch in Luxemburg.

Im sechsten Kapitel seines Schreibens zeigt Papst Franziskus einige pastorale Wege in Bezug auf die Familien auf und stellt fest, „dass es den geweihten Amtsträgern gewöhnlich an einer geeigneten Ausbildung fehlt, um mit den 
vielschichtigen aktuellen Problemen der Familien umzugehen“
(AL 202). Weiter heißt es: „In diesem Sinne kann auch die Erfahrung der langen östlichen Tradition der verheirateten Priester nützlich sein.“ (AL 202) – die es in der katholischen Kirche (nach römischem Ritus) nicht gibt.

An einer anderen Stelle äußert sich der Papst kritisch über den Zölibat: „Der Zölibat läuft Gefahr, eine bequeme Einsamkeit zu sein, welche die Freiheit gewährt, sich selbstbestimmt zu bewegen, Orte, Aufgaben und Entscheidungen zu ändern, über das eigene Geld zu verfügen, je nach der Attraktion des Momentes Kontakte mit verschiedenen Menschen zu pflegen. Hier glänzt das Zeugnis der Verheirateten.“

Eine Aufhebung – an sich – des Pflichtzölibats der Priester, zu dem es auch unter Theologen und Theologinnen mitunter sehr kontroverse Meinungen, Begründungen und Auslegungen gibt – genauso wie zur Priesterinnenweihe –, wird hier nicht angesprochen, auch wenn die Frage im Raum steht, ob Papst Franziskus sich verheiratete Priester vorstellen kann.

Über den Zölibat schreibt die katholische Theologin Dr. Sabine Pemsel-Maier, Professorin für Katholische Theologie und Religionspädagogik an der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe am Institut für Philosophie und Theologie*: „Der Zölibat ist die mit dem Amt des Priesters und des Bischofs verbundene ehelose Lebensform“, und sie führt weiter anhand von Beispielen aus dem Neuen Testament fort: „das NT weiß um die Bedeutung und die Zeichenhaftigkeit ehelosen Lebens.“ „Gegenwärtig“, erklärt sie noch, „wird verstärkt der Ruf nach seiner Abschaffung im Sinne einer Pflicht laut, da viele der einstigen Gründe sich nicht (mehr) als plausibel erweisen und er ein Hindernis für den Zugang zum Priesteramt darstellt. Da er kein Dogma ist, sondern eine ,angemessene‘ Regelung, könnte diese in der Tat auch geändert werden.“

Der Jugendkatechismus der katholischen Kirche Youcat**, seinerseits, zitiert in diesem Zusammenhang Frère Roger Schütz, den verstorbenen evangelischen Ordensmann und Begründer der Ökumenischen Kommunität von Taizé: „Weiß die katholische Kirche, welch radikale Umkehrung der Werte sie (mit einer Aufhebung des Zölibats) einleiten würde? Der Zölibat der Priester, Torheit des Evangeliums, hat in ihr eine verborgene Wirklichkeit bewahrt. Die Kirche hat sich darin auf das Unsichtbare, auf das Mysterium Christi ausgerichtet“.

Zum Stichwort Zölibat schreibt der Youcat: Der Zölibat (von lat. caelebs = alleine lebend) ist die Selbstverpflichtung eines Menschen, „um des Himmelreiches willen“ ehelos zu leben. In der katholischen Kirche leben dieses Versprechen vor allem Menschen in Ordensgemeinschaften (Ordensgelübde) sowie im Klerus (Zölibatsversprechen).

An der reinen Lehre „rüttelt“ Papst Franziskus in seinem Schreiben nicht, aber er verweist auch hier wieder einmal auf die Wege, die andere christliche Kirchen eingeschlagen haben, und deutet an, dass diese eine Quelle der Inspiration sein können. Und überhaupt wird sich die eigentliche Auswirkung des gesamten Schreibens – bei dem es in erster Linie doch um Ehe und Familie, und vor allem um die Laien geht – auf den verschiedenen kirchlichen, spirituellen und gesellschaftlichen Ebenen mit all den angesprochenen Themen in der Praxis erst mit der Zeit ausmachen lassen können.

* Sabine Pemsel-Maier, Grundbegriffe der Dogmatik, Don Bosco, 2003

** Youcat deutsch, Jugendkatechismus der katholischen Kirche, Patloch, hrsg. Österreichische Bischofskonferenz mit Zustimmung der Deutschen und der Schweizer Bischofskonferenzen, 2010


Anne Chevalier

Mehr zur Familiensynode in unserem Dossier


Lesen Sie mehr zu diesem Thema

Vatikanspezialist Andreas Englisch im Interview
Der Vatikanjournalist Andreas Englisch ist am 17. Januar zu Gast in Trifolion in Echternach. Im Vorfeld hat er Reformkurs von Paspst Franziskus - der gerade in Rom auf Widerstände stößt - thematisiert.
Andreas Englisch: "Diese Dringlichkeit, dass die Kirche auf die Jugend zugehen muss, hat der Papst verstanden. In diesem Zusammenhang steht auch die weltweite Bischofssynode zum Thema Jugend, Glaube und Berufungsfindung, die 2018 stattfinden wird."
Die Bischofssynode feierte am Samstag ihr 50-jähriges Bestehen. Papst Franziskus nutzte den Festakt zu einer Grundsatzrede über mehr kollegiale Wege und Strukturen in der Kirche: "Kirche und Synode sind Synonyme."
Papst Franziskus sprach sich für ein Überdenken des Papstprimats aus.