Katz- und Mausspiel im Bahnhofsviertel
Katz- und Mausspiel im Bahnhofsviertel
Große Drogenaffären werfen stets einen langen Schatten voraus. Doch die vielen kleinen Schritte im Kampf gegen die Drogenkriminalität finden in den Gerichtschroniken kaum statt. Einen Einblick in das alltägliche Katz- und Mausspiel zwischen Sicherheitskräften und Drogendealern gewähren allerdings zwei von vielen anderen Fällen, die nun vor dem Bezirksgericht verhandelt wurden.
Das Mittel zum Erfolg für die Polizisten ist dabei wie so oft der Flagrant délit: Sie bringen Dealer hinter Gitter, indem sie es darauf anlegen, sie auf frischer Tat zu erwischen. Dabei wird in beiden Prozessen schnell deutlich, dass die Strafverfolgungsbehörden trotz eines scheinbar offensichtlichen Sachverhalts oft viel Aufwand betreiben müssen, um überhaupt einen Prozess anstreben zu können.
Anfahrt mit Bus und Bahn
In einem der beiden Verfahren machten sich die Fahnder zunutze, dass Drogendealer wie andere Leute auch Gewohnheitsmenschen sind. Und deren Arbeitsalltag beginnt eben auch mit dem Arbeitsweg.
Kurzum: Die Kriminalpolizei hatte eine aus dem nahen belgischen und französischen Grenzgebiet agierende nigerianische Drogenbande im Visier. Anstatt die verdächtigen Bandenmitglieder mühevoll im hauptstädtischen Bahnhofsviertel suchen zu müssen, nahmen sie diese bereits, als sie in Rodange in Bus und Bahn stiegen, ins Visier.
Danach beschatteten die Drogenfahnder Henry O. bei seiner Fußtour durch die einschlägigen Ecken des Bahnhofsviertels. Dabei, so der Ermittler vor Gericht, sei es offensichtlich gewesen, dass dieser etwas suche. Was, das habe sich bereits nach wenigen Minuten in der Rue de Strasbourg gezeigt, als er sich mit einem polizeibekannten Drogenkonsumenten traf.
Hier nahm er, noch immer dem Polizisten zufolge, Geld in Empfang und entfernte sich. Kurze Zeit später kehrte der Verdächtige zurück und übergab dem Kunden eine Portion Kokain. Die Polizei griff zu, der Kunde gestand den Kauf, es sei auch nicht das erste Mal gewesen, dass er bei diesem Dealer gekauft habe.
Letztgenannter bestritt allerdings, auch nur im Mindesten etwas mit Drogen zu tun zu haben. Ware konnte bei ihm keine sichergestellt werden, ein Körperscan verlief negativ und auch sein sich mutmaßlich in der Nähe befindliches Drogenversteck blieb unentdeckt. Eine Handyauswertung zeigte allerdings, dass er regelmäßig Kontakt zu im Milieu bekannten Konsumenten und Dealern unterhielt.
Anruf von der Kripo
Die Kriminalpolizisten telefonierten zudem sämtliche identifizierte luxemburgische Nummern in seinem Speicher ab. Allerdings gestand – wenig überraschend – kaum jemand, den Verdächtigen zu kennen. Nur ein Drogenkonsument sagte bereitwillig aus.
Für die Vertreterin der Staatsanwaltschaft reichte die Beweislage aus. Sie beantragte eine Haftstrafe von zwölf Monaten gegen den im Gerichtssaal abwesenden Beschuldigten, der bereits in der Schweiz wegen Drogenhandels verurteilt worden war.
Das gleiche Strafmaß forderte die Anklägerin in einem zweiten Fall in der gleichen Sitzung gegen ein anderes mutmaßliches Mitglied einer nigerianischen Drogenbande. Dieser Mann war Polizisten des Bahnhofskommissariats bereits mehrfach im Umgang mit bekannten Drogenkonsumenten aufgefallen.
Da der Verdächtige neu im Viertel zu sein schien – später zeigte sich, er war seit drei Wochen im Land – entschlossen die Beamten sich zu einer Ausweiskontrolle. Bereits beim Anblick der Polizisten wurde der Mann den Angaben eines der Beamten zufolge sehr nervös. Er wechselte sofort die Gangrichtung, konnte aber schnell eingeholt werden. Bei der Identitätskontrolle zeigte sich, dass Remember O. im Ausland zur Fahndung ausgeschrieben war.
Sieben Kugeln – zum Eigenkonsum
Auf dem Revier bemerkte ein Beamter dann, dass der Verdächtige wohl dabei war, etwas zu schlucken. Nach Rücksprache mit der Staatsanwaltschaft wurde auch er einem Körperscan unterzogen. Insgesamt wurden sieben verkaufsbereite Portionen Kokain mit einem Gesamtgewicht von 5,9 Gramm sichergestellt.
Auch sein Handy wurde ausgewertet, die luxemburgischen Nummern abgearbeitet und auch in diesem Fall war nur ein Kunde bereit, auszusagen. Vor Gericht betonte der mutmaßliche Dealer, die Drogen dienten nur zum Eigenkonsum. Die Anklägerin sah das erwartungsgemäß anders und beantragte eine Gefängnisstrafe von zwölf Monaten.
In beiden Fällen ergeht das Urteil am 14. März.
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