Haftstrafen für Polizisten gefordert
Haftstrafen für Polizisten gefordert
Eigentlich war es nur eine Schlägerei wie viele andere auch. Doch der Umstand, dass sich bei der gewaltsamen Auseinandersetzung am Valentinstag 2016 drei Polizisten, die nicht im Dienst waren, und eine größere Gruppe jüngerer Männer gegenüberstanden, von denen die überwiegende Mehrheit Armeevolontäre waren, macht sie dann doch besonders.
Am Freitag forderte die Staatsanwaltschaft zum Abschluss des daraus hervorgegangenen Gerichtsverfahrens nun Haftstrafen für sechs von acht Angeklagten. Während ein Augenzeugenvideo im Prozess kaum Zweifel am Verhalten der einzelnen Kontrahenten, ab einem gewissen Zeitpunkt offenlässt, könnten die Darstellungen der beiden Gruppen zum Ursprung und zu einem ersten, nicht dokumentierten Teil der Auseinandersetzung gegensätzlicher nicht sein.
Darstellungen im Widerspruch
Die Polizisten, deren Verhalten allem, aber nicht ihrer Funktion zu entsprechen schien, gaben unisono an, zu zweit von einer Gruppe als Polizisten identifiziert und anschließend angegriffen worden zu sein. Unter den Angreifern hätten sich bekannte Gangmitglieder befunden. Der dritte Polizist sei später rein zufällig dazugekommen und habe seinen Kollegen aus ihrer misslichen Lage geholfen. Sie hätten sich nur selbst verteidigt.
Der Darstellung der Gegenseite zufolge war die Haltung der Beamten allerdings weit weniger passiv. Eine Einschätzung, die auch die Anklägerin gestern bei ihrem Strafantrag teilte. Sie unterstrich dabei die Glaubwürdigkeit einer Schlüsselzeugin – offenbar die einzige Beteiligte, die nicht alkoholisiert war. Die junge Frau stehe zwar der Gruppe der Kontrahenten der Polizisten näher, ihre Aussagen seien aber sowohl kohärent als auch konstant, und sie habe ebenso unvorteilhaftes Verhalten ihrer eigenen Begleiter offengelegt als jenes der Polizisten.
In ihrer Anklagerede fasste die Vertreterin der Staatsanwaltschaft vor allem die Erkenntnisse aus dem Prozessverlauf zusammen. Diese hätten ein wesentlich kompletteres Bild abgegeben als die einzelnen Aussagen der Beteiligten während der Ermittlungen. Aufgrund der Elemente im Dossier sei keineswegs davon auszugehen, dass die Polizisten sich in einer Notwehrsituation befunden hätten, die ihr Handeln gerechtfertigt hätte.
Aggressiv und angriffslustig
Wenn der Vorfall so abgelaufen wäre, wie von den Beamten dargestellt, dann wären diese wohl kaum nach einem ersten Schlagabtausch mit einem Axtstiel bewaffnet zu ihren Angreifern – einer mutmaßlichen gefährlichen und kriminellen Gang - zurückgekehrt, um einen am Boden liegenden Dienstausweis zu holen. Sie hätten Polizeikollegen zur Verstärkung geholt.
Zudem ging die Anklägerin auch auf das Verhalten der Polizisten im Video ein. Den Aussagen der Gegenseite entsprechend trete der Polizist Arno P. äußerst aggressiv und angriffslustig auf. Während die angeblichen Angreifer im Video zu deeskalieren versuchen würden („Komm mir ginn elo heem“, „Maach elo net den Af“, „Et geet duer“), hätten seine Kollegen Dany M. nur halbherzig und Jeff W. überhaupt nicht zur Beruhigung beigetragen.
Für den Polizeibeamten Arno P., der nicht nur außerordentlich kraftvoll zugeschlagen, sondern auch einem Gegner beide Daumen in die Augen gedrückt habe, forderte sie eine Haftstrafe von 18 Monaten. Für seinen Kollegen Jeff W., dem der allererste Faustschlag zugeschrieben wird, und Dany M. beantragte sie neun beziehungsweise sechs Monate Gefängnis.
Gewalt von beiden Seiten
Haftstrafen forderte die Anklägerin aber auch für die Kontrahenten: neun Monate für Dylan G. wegen Drohungen und zwei Fußtritten gegen den Polizisten W., sechs Monate für Esaú F. wegen eines Faustschlags gegen den Polizisten M. und drei Monate gegen Alain G. wegen disproportionierter Gewaltanwendung in einem Notwehrexzess.
Einer Teilbewährung widersetze sie sich bei keinem der Angeklagten.
Für die Angeklagten Boby F. und Jonathan D. beantragte sie den Freispruch. Beide waren im Video zu sehen, als sie Arno P. angriffen, während dieser brutal mit der Faust auf einen am Boden liegenden Gegner einschlug. Ihnen hielt die Anklägerin Notwehr zugute.
Das Urteil ergeht am 15. Juli.
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