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Haarscharf an der Katastrophe vorbei: Hintergründe des Unfalls auf dem Findel
Lokales 3 Min. 18.12.2012 Aus unserem online-Archiv

Haarscharf an der Katastrophe vorbei: Hintergründe des Unfalls auf dem Findel

Anflug im Nebel: Warum stand ein Fahrzeug auf der Landebahn?

Haarscharf an der Katastrophe vorbei: Hintergründe des Unfalls auf dem Findel

Anflug im Nebel: Warum stand ein Fahrzeug auf der Landebahn?
Foto: Marc Wilwert
Lokales 3 Min. 18.12.2012 Aus unserem online-Archiv

Haarscharf an der Katastrophe vorbei: Hintergründe des Unfalls auf dem Findel

Letztendlich ging der Zusammenstoß zwischen einer Cargolux-Boeing und einem Wartungsfahrzeug auf dem Findel vor zwei Jahren noch glimpflich aus. Doch um ein Haar hätte er zu einer Katastrophe führen können. Der technische Bericht, der wort.lu vorliegt, benennt die Schuldigen.

Von Volker Bingenheimer

Letztendlich ging der Zusammenstoß zwischen einer Cargolux-Boeing und einem Wartungsfahrzeug auf dem Findel vor zwei Jahren noch glimpflich aus. Doch um ein Haar hätte er zu einer Katastrophe führen können. Der technische Bericht, der wort.lu vorliegt, benennt die Schuldigen.

Es war ein Unfall zum Haareraufen: Ein Frachtflieger der Cargolux hatte im Landeanflug an einem nebligen Januartag auf den Findel ein Service-Fahrzeug am Dach gestreift und gehörig zerbeult. Die zwei Techniker, die Wartungsarbeiten auf der Landebahn ausführten, kamen mit dem Leben davon. An dem Flugzeug war lediglich ein Reifen beschädigt. In einem 67 Seiten langen Bericht hat die "Administration nationale des enquêtes techniques" den Unfall genau untersucht und nennt die Schwachstellen in der Kommunikation zwischen Wartungsteam und dem Flughafen-Tower.

Die zentrale Frage lautet: Wie konnte es dazu kommen, dass der Lieferwagen mitten auf der Landebahn stand, als die Boeing 747-400 F im Anflug war? Die Ermittler haben dazu die aufgezeichneten Gespräche in Cockpit und Tower angehört und Gespräche mit den Beteiligten geführt.

Sie rannten um ihr Leben

Sie kommen zu dem Urteil, dass in der Kommunikation zwischen Tower und den zwei Elektrikern in ihrem Lieferwagen einiges schief gelaufen ist und mehrere Prozeduren nicht beachtet wurden. Den Ablauf beschreibt der Bericht wie folgt: Der Lieferwagen der zwei Elektriker bekam die Erlaubnis des Towers, auf die Landebahn zu fahren, um dort die Beleuchtung auszutauschen. Die Handwerker arbeiteten nahe am Fahrzeug, dessen Schiebetür geöffnet war. Durch einen Lautsprecher im Laderaum des Fahrzeugs konnten sie Funksprüche aus dem Tower hören. Sie wurden von dem Flugzeug im Landeanflug überrascht und als dies immer näher kam, rannten sie um ihr Leben.

Bezeichnend auch das Nachspiel der Kollision: Wenn den Piloten nicht aufgefallen wäre, dass etwas „sonderbar" war und sie sich nicht gemeldet hätten, wäre eine Embraer der Luxair, die startbereit auf der Piste stand, in den Lieferwagen gerast.

Eigentlich hätte der Tower die zwei Arbeiter frühzeitig zum Verlassen der Landebahn auffordern müssen. Dabei steht aber Aussage gegen Aussage. Die Fluglotsen im Tower sagten, sie hätten die Anweisung frühzeitig ausgegeben, die Elektriker sagten, sie hätten keinen solchen Befehl gehört, obwohl sie ständig in der Nähe des Lautsprechers waren. Die Sprach-Aufzeichnungen aus dem Tower lassen Zweifel aufkommen, ob es überhaupt eine Anweisung an die Elektriker gab. "Die Aufzeichnungen zeigen keine Spur eines Gesprächs in dieser Zeitspanne. Die Aussagen der Fluglotsen bezüglich der Anweisung an das Service-Fahrzeug konnten nicht bestätigt werden", heißt es dazu in dem Bericht.

Keine Rücksprache

Auch an dem weiteren Verhalten des Tower-Personals übt der Bericht Kritik. So habe es sich entgegen den Regeln nicht darüber versichert, dass das Fahrzeug die Landebahn wirklich freigegeben hatte. Laut den Vorschriften hätte es sogar vier Funk-Gespräche zwischen Tower und Elektrikern geben müssen.

Auch die Technik hatte ihren Anteil: Mehrere Flughäfen sind mit einem Bewegungsmeldesystem für Bodenfahrzeuge ausgestattet. Es zeigt dem Tower an, welche Abschnitte des Rollfeldes und der Start- und Landebahnen gerade belegt sind und hätte einen Vorfall wie im Januar 2010 verhindern können. Der Luxemburger Flughafen wollte dieses System anschaffen und hat den Auftrag im Sommer 2010 ausgeschrieben. Bisher ist jedoch nichts geschehen.


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