Generalvikar Erny Gillen: "Es wird ein Religionsunterricht bekämpft, den es gar nicht mehr gibt"
Generalvikar Erny Gillen: "Es wird ein Religionsunterricht bekämpft, den es gar nicht mehr gibt"
(gs) - In der Sendung „Riicht eraus“ auf Radio 100,7 war am Samstagmittag Erny Gillen zu Gast und stand dort in seinen Funktionen als Generalvikar der katholischen Kirche, Verwaltungsratpräsident von Saint-Paul Luxembourg sowie Präsident von Caritas Europa Rede und Antwort.
Gillen sprach u.a. von einem „schlechten Stil“ der neuen Koalition, dass gerade in Bezug auf den Religionsunterricht und das Te Deum Details nach außen getragen worden seien, während in anderen wichtigen Dossiers wie Index, Steuern oder Cargolux Geheimhaltung herrschte. Auf die Pläne der neuen Regierung bezüglich des Werteunterichts angesprochen, verwies der Generalvikar darauf, dass aktuell in der Grundschule 70 Prozent, im Sekundarunterricht 60 Prozent der Schüler sich für den Relionsuntericht entscheiden. Zahlen, die man laut Gillen nicht einfach ignorieren könne.
Zum Thema Kirchenfabriken, von denen einige defizitär sind, erklärte Gillen, dass die katholische Kirche an einem System arbeite, damit ein Solidaritätsprinzip zwischen den einzelnen Kirchenfarbriken greifen könne. Diesbezüglich sei man aber auch durch die Gesetzgebung eingeschränkt, so Gillen. Weitere Themen waren u.a. die CSV in der Opposition sowie die neue Dynamik beim „Luxemburger Wort“. Hier die Hauptaussagen von Erny Gillen:
Zum Thema Finanzen der Kirche:
- „Die Luxemburger Kirche hat bereits in der Vergangenheit schwere Zeiten überstanden - denken wir nur an den Kommunismus. Glauben kann man aber nicht kaputt machen, auch nicht mit politischen Mitteln.“
- „Die katholische Kirche, ihre Dienste und Angestellten erhalten 25 Millionen Euro vom Kultusministerium, auf Schulebene fließen nochmals zehn Mio., hinzu kommen kommunale Gelder. Diese Zahlen muss man aber mit anderen Ausgaben des Staats vergleichen und sich denn auch bewusst sein, welche Dienste die Kirche in unserer Gesellschaft leistet.“
- „Wir sind eine Kirche für alle Menschen, nicht nur jene, die streng katholisch sind.“
- „Man kann sich kein Dorf ohne Kirche vorstellen, also sollte man auch die Kirche im Dorf lassen.“
Zum Thema Abschaffung des Religionsunterrichts:
- „Es wird hier ein Religionsunterricht bekämpft, den es gar nicht mehr gibt. Ich staune immer wieder, welche Vorurteile noch vorherrschen. Auch die Kirche ist durch die Aufklärung geangen sowie durch das Vatikanische Konzil. Man muss mit der Kirche von heute reden, so wie wir auch mit den Menschen von heute reden wollen.“
- „Es geht ja nicht darum, Menschen abzuschaffen, sondern ein Schulfach. Ehe man aber das tut, muss man genau analysieren, mit was man es eigentlich zu tun hat.“
- „Die Menschen, die in den Schulen Religion unterrichten, gehören zum bestqualifizierten Personal im Bildungswesen.“
Zum Thema Te Deum
- „Was Herr Bettel sagt, leuchtet ja jedem ein. Es war aber ein schlechter Stil, wie kommuniziert wurde. Wären die Ideen der Regierung in ihre Gänze und auf eine andere Art und Weise mitgeteilt worden, hätten wir auch nicht so heftig reagieren müssen.“
- „Wir werden an Nationalfeiertag die Tore der Kathedrale groß aufmachen."
- „Wir wollen auch keinen Kulturkampf und haben auch keinen Kulturkampf angefangen. Man muss sich hier unter vernünftigen Menschen Gedanken machen, wie man den Nationalfeiertag organisiert. Ich halte es auch für einen Anachronismus, dass der Staat aktuell das Te Deum selbst organisiert. Diesen Anachronismus hat aber nicht die Kirche herbeigeführt“
Zum Thema CSV
- „Die Kirche schreibt der CSV nicht vor, was sie zu tun hat und die CSV schreibt der Kirche nicht vor, was sie zu tun hat.“
- „Ich besitze keine Parteimitgliedskarte.“
Zu den in Luxemburg verhältnismäßig hohen Gehältern:
- „Es ist eine absolute Notwendigkeit, sich mit der ökonomischen Realität auseianderzusetzen. Die Regierung wird das auch tun müssen.“
Zum Thema „Luxemburger Wort“:
- „Die Kirche ist die Kirche, die CSV ist die CSV und das Luxemburger Wort ist das Luxemburger Wort.“
- „Was die Linie des Luxemburger Wort ist? Wir machen keinen Journalismus, bei dem Leute über Leute herfallen, es geht darum in aller Sachlichkeit Positionen darzustellen. Auf kommerzieller Ebene machen wir auch nicht für alles und jeden Werbung, nur um Geld zu machen. Ethik steht vor Geld.“
- „Das Luxemburger Wort ist keine Oppositionszeitung. Wir werden über diese Regierung so kritisch berichten, wie über aller vorherigen.“
- „Saint-Paul Luxembiurg hat u.a. einen neuen Generaldirektor und einen neuen Chefredakteur, wir installieren ein neues Redaktionssystem und haben einen Newsroom eingesetzt. Wir treten damit aus einer Lethargie heraus, in die Gesellschaft hinein. Wir waren zuvor zu stark nach innen gerichtet, nun herrscht eine neue Dynamik. Dieser neue Dynamismus ist nicht nur so gesagt, er ist spürbar.“
Hören Sie hier das gesamte Interview mit Erny Gillen.
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