Gare und Bonneweg: "Es muss etwas geschehen"
Gare und Bonneweg: "Es muss etwas geschehen"
Drogenhändler, Drogenabhängige, Bettler und Prostituierte gehören in den Straßen rund um das Bahnhofsviertel zum Alltag. Ein Umstand, mit dem vor allem die Bürger aus dem Stadtteil schwer zu kämpfen haben. Zu allem Überfluss werden immer wieder Drogen in den Vorgärten von Privathäusern, in Stromkästen oder den Grünanlagen versteckt. Der Tatsache, dass sich in diesem Bereich etwas ändern muss, sind sowohl die Einwohner, die Gemeindeverantwortlichen als auch die Regierung sich bewusst.
Während der Plan des ehemaligen Polizeiministers Etienne Schneider (LSAP), zusätzliche Kameras im Viertel zu installieren, bislang noch nicht umgesetzt wurde, hat sein Nachfolger François Bausch (Déi Gréng) zumindest die Polizeipräsenz dort verstärkt. „Dies reicht jedoch nicht aus“, betonte Rätin Héloïse Bock (DP) nun am Montag in der Sitzung des hauptstädtischen Gemeinderates, bei der unter anderem über die Situation im Viertel Gare diskutiert wurde. „Das Ausmaß an illegalen Aktionen, die mitten auf der Straße stattfinden, ist enorm und nicht mehr tragbar“, erklärte Bock.
Warten auf die Kameras
Auch Rätin Claudine Konsbruck (CSV) unterstrich, dass dieses Viertel ein problematisches Pflaster sei und auch dies in Zukunft bleiben wird. Auch wenn bereits einige Aktionen teilweise zu einer leichten Verbesserung geführt hätten, bleibe noch viel zu tun, betonte sie weiter. So setze man sich weiter für den Ausbau der Videoüberwachung ein: „Wir verlangen, dass das Versprechen von Etienne Schneider eingehalten wird. Die Kameras tragen erheblich zum Sicherheitsgefühl bei“, unterstrich Konsbruck.
In diesem Sinne legten die beiden Rätinnen eine gemeinsame, 15 Punkte umfassende Motion vor, die Maßnahmen auf sozialer und urbanistischer Ebene vorsieht, aber auch auf die Unterstützung auf nationaler Ebene setzt. So soll etwa die Umgestaltung der Rue de Strasbourg schnellstmöglich in Angriff genommen werden.
Ein Projekt, das gemeinsam mit den Anrainern und den zuständigen Diensten der Stadt ausgearbeitet wird, sich aber laut Schöffe Patrick Goldschmidt (DP) noch in der Planungsphase befindet. Allerdings ist dort seit Sonntag bereits kurzfristig eine Änderung in Kraft getreten: Um die Verkehrssituation in der Straße zu verbessern, ist dort nun ein allgemeines Fahrverbot – außer für Anrainer und Lieferanten – in Kraft. Durch die Reduzierung von zwei Fahrbahnen auf eine Spur haben die Gastronomiebetriebe nun die Möglichkeit, Terrassen im Außenbereich aufzustellen.
Dialog stärken
Doch zurück zur Motion: Die Vertreter von DP und CSV wollen unter anderem eine Bürgerbeteiligung im Hinblick auf die Umgestaltung der Place Léon XIII sowie des Bereichs rund um das Schwimmbad in Bonneweg. Sie wünschen sich mehr Angebote, um die Präsenz von sozialen Diensten in den Vierteln Gare und Bonneweg und damit auch den Dialog mit bedürftigen Menschen, Einwohnern und Händlern zu stärken. Darüber hinaus soll die Polizeipräsenz sowohl tagsüber als auch in der Nacht verstärkt werden, wobei auch vermehrt Drogenhunde in den Einsatz kommen sollen.
Was das Drogenzentrum Abrigado betrifft, fordern die Räte unter anderem, dass auf nationaler Ebene die nötigen Schritte eingeleitet werden, um weitere, dezentrale Strukturen für Drogenabhängige zu schaffen. Zudem setzen sie sich für ein Ende der anarchischen Situation sowie ein Verbot des Drogenkonsums rund um das Zentrum ein. „Der aktuelle Zustand ist einfach untragbar“, so Claudine Konsbruck.
Zwei facettenreiche Viertel
Mit ihrer Motion stießen die DP und die CSV denn auch wie erwartet nicht nur auf Zustimmung. Denn vor allem die Opposition hob ebenfalls die positiven Seiten der beiden Stadtteile hervor. „Bonneweg und das Bahnhofsviertel haben zwei Gesichter. Einerseits herrschen dort Unsicherheit, Kriminalität, soziale Not und Verkehrsprobleme. Anderseits verfügen die Viertel über eine Identität, eine Vielfalt von Kulturen, viele Geschäfte und Angebote für Kinder und Jugendliche“, meinte etwa Christa Brömmel (Déi Gréng).
Klar sei aber, dass es auch viel Verbesserungspotenzial gebe. Das Ankommen der Tram biete die beste Gelegenheit, die positive Dynamik zu nutzen, um das gesellschaftliche Leben im Viertel zu stärken. Deutlich sprach Christa Brömmel sich hingegen gegen die Videoüberwachung aus. Diese helfe zwar bei der Aufklärung, bringe jedoch eine Verlagerung der Kriminalität mit sich. „Die Sicherheit erhöhen wir nur mit mehr Polizeipräsenz“, betonte sie weiter.
Mangel an Eigeninitiative
„Mit Repression und Videoüberwachung lösen wir das Problem nicht“, meinte auch David Wagner (Déi Lénk), der zudem der Meinung war, dass eine Gemeinde die Drogenproblematik und Kriminalität nicht lösen könne. „In der Motion werden viele Themen nicht angesprochen. Es wird mit dem Finger auf die Regierung gezeigt, aber an eigenen Vorschlägen mangelt es“, gab Rat Gabriel Boisante (LSAP) zu verstehen.
Schöffe Maurice Bauer (CSV) wies jedoch diesbezüglich auf die vielen Initiativen der Stadt hin, die zu einer Verbesserung führen sollen. So wurden etwa die Öffnungszeiten im Abrigado bereits an den Wochenenden ausgeweitet, ab September sollen die Türen auch während der Woche länger geöffnet bleiben. Der Nightshelter in Findel bietet 20 Personen einen Unterschlupf, das Nachtfoyer im Abrigado 42 Personen.
Bürgermeisterin Lydie Polfer (DP) erklärte schließlich, dass Polizeiminister François Bausch (Déi Gréng) bis Ende des Jahres zusätzliche Maßnahmen zur Verbesserung der Situation in Aussicht gestellt habe.
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