Eine Gewerkschaft rechnet ab
Eine Gewerkschaft rechnet ab
(str) - In aller Öffentlichkeit war es im Sommer zum Bruch zwischen dem Präsidenten der Polizeigewerkschaft SNPGL Pascal Ricquier und dem Generalsekretär Christian Pierret gekommen. Letzterer war später an der Gründung der neuen Polizeigewerkschaft Aspol beteiligt. Die SNPGL-Führung hatte deshalb in ihrer Generalversammlung vorgeschlagen, die an der Aspol-Entstehung beteiligten Mitglieder aus der Gewerkschaft auszuschließen.
Punkt 12 der Tagesordnung sollte dann auch eine Abrechnung mit Ex-Generalsekretär Pierret werden. Dieser habe bereits im Sommer Gerüchte über Präsident Ricquier in die Welt gesetzt. „Er behauptete Pascal Ricquier stünde kurz vor dem Burnout“, erklärte der aktuelle Generalsekretär Jérôme Banchieri. Das Ziel: Ricquier zu schwächen.
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Trotz einer eindeutigen Pressemitteilung im Vorfeld einer Arbeitssitzung mit dem Minister, habe Pierret gegenüber der Presse im Namen des SNPGL verlautbart, es gebe bei der Polizeireform keine Differenzen mehr mit der Regierung. Banchieri wies in diesem Zusammenhang ausdrücklich auf Pierrets Mitgliedschaft in der LSAP hin – der Partei des zuständigen Ministers.
Dann habe er vergeblich einen Putschversuch im Komitee der Gewerkschaft versucht. Gleichzeitig habe er Lügen über einen Mitgliederschwund beim SNPGL verbreitet. Fakt sei, so Banchieri, dass seit dem 1. März 21 Personen ausgetreten seien. 82 Personen seien der Gewerkschaft beigetreten und diese zähle derzeit 2183 Mitglieder. Die Aspol habe am 4. Februar genau 20 Mitglieder gezählt.
Mit deren Gründung sei nur versucht worden, den SNPGL intern zu spalten. Die Generalversammlung solle über den Ausschluss entscheiden. Das Ergebnis wird indes erst am Donnerstag vorliegen, da die Abstimmung von einem Gerichtsvollzieher ausgewertet wird. Den Ton gaben die Mitglieder im Saal vor: Als mehrere Betroffene das Wort ergreifen wollten, wurden sie ausgepfiffen.
Christian Pierret kündigte indes eine Pressekonferenz der Aspol an.
Weitere Stichworte:
Terroristische Bedrohung. Das Jahr 2015 sei von Terrorismus geprägt gewesen, sagte SNPGL-Präsident Pascal Ricquier in seiner Eröffnungsrede. Der Gegner sei immer besser ausgebildet und präventive Arbeit gestalte sich zunehmend schwieriger. Luxemburg habe zu spät reagiert und in aller Eile einen Terrorabwehrplan erstellt. Polizei und Armee müssten gemeinsam trainieren und das nicht im nur im Terror-Kontext.
Kassenbericht. Ein ehemaliges Mitglied des SNPGL-Komitees ergriff das Wort und machte darauf aufmerksam, dass die Gewerkschaft vergangenes Jahr insgesamt 35000 Euro für Beratungsdienste an ein Anwaltsbüro gezahlt habe. Zudem betonte er, dass der Hilfsfonds zugunsten von Kinder verstorbener Polizisten zum ersten Mal eine negative Bilanz aufzeige.
Gewalt gegen Polizisten. Generalsekretär Jérôme Banchieri forderte Gesetzesänderungen im Zusammenhang mit der steigenden Gewaltbereitschaft gegenüber von Polizisten. „Wer Polizeibeamte angreift, muss verhaftet und einem Untersuchungsrichter vorgeführt werden“, betonte Banchieri. „Außerdem muss Polizisten von Beginn an ein Anwalt gestellt werden, der vom Staat bezahlt wird.“
Verantwortungsposten. Der Polizeidirektion warf Pascal Ricquier vor, dass sie beim Spezialgesetz zur Polizei das alte Gesetz zum Staatsbeamtenstatut mit dem neuen von 2015 vermische, je nachdem, wie es ihr gerade von Nutzen sei. „Es kann nicht sein, dass sich die Polizei nicht an das Gesetz hält“, unterstrich Ricquier. Er begrüße die Entscheidung des Ressortministers, keine Liste zu den „postes à responsabilité particulière“ zu veröffentlichen, bis die Abmachung aus dem Schlichtungsverfahren zwischen Regierung und Polizeigewerkschaft unterzeichnet sei.
Waffen und Munition. Seit 2011 mache der SNPGL auf Probleme mit den Dienstwaffen aufmerksam, sagte Banchieri. 2015 sei nun entschieden worden, von Revolvern auf Pistolen umzusteigen. Als Erfolg bezeichnete er, dass in den diesbezüglichen Arbeitssitzungen alle Beanstandungen der Gewerkschaft bestätigt worden seien.
Dienstwohnungen. Dass die Dienstwohnungen binnen zwei Jahren abgeschafft werden sollen, hatte die Regierung angekündigt. Um die Polizisten aus den Wohnungen zu vertreiben, sei die Miete drastisch erhöht worden. Ein Mitglied habe über Nacht 3 300 Euro Miete zahlen müssen. Nach zähen Verhandlungen habe man aber erreicht, dass die Mieterhöhung anstatt binnen zwei Jahren schrittweise über fünf Jahre erfolge. Jedes Jahr würde die Miete nun um ein Fünftel erhöht. Die Höhe der Miete solle 20 Prozent des Bruttoeinkommens betragen – abzüglich aller Sondervergütungen.
Audit. „Das Audit ist nicht von Mindforest verfasst worden“, betonte Generalsekretär Banchieri. „Das ist ein Fake.“ Dies habe sich insbesondere im Kriminalbereich gezeigt. Ein Gewerkschaftsmitglied habe festgestellt, dass im Audit das glatte Gegenteil von dem niedergeschrieben sei, was eigentlich gesagt wurde. Das Audit sei bereits im Vorfeld verfasst worden, meinte Banchieri. Die Arbeitsgruppen hätten demnach eine reine Alibifunktion.
Nachbarschaftskommissariate. Entgegen dem, was angekündigt worden sei, würden nicht 14 sondern 33 Nachbarschaftskommissariate geschlossen. Die betroffenen Beamten seien nicht über die Folgen der Reorganisation informiert worden. Man habe die Polizisten dazu befragt, so Pascal Ricquier. Die meisten Beamten seien durchaus bereit, in zwei Schichten zu arbeiten, nicht aber in drei. Der SNPGL habe entschieden, die Reorganisation der Kommissariate mitzutragen, so wie sie die Generaldirektion ins Auge fasse.
Brigadiere. Die Beamten der unteren Karriereebene würden sich zu Recht über eine ungerechte Behandlung und einen Mangel von Anerkennung beschweren. Zwar würden sie angehende Inspektoren anlernen, wenn es dann aber um Spezialdienste gehe, stünde der Dienstgrad wieder im Vordergrund. Auch Brigadiere hätten freie Wochenenden verdient, meinte Banchieri. Die Brigadierslaufbahn müsse aufgewertet werden.
Statistiken. Die Zahlen, die zu den Überstunden und den Verhaftungen durch regionale Einheiten der Kriminalpolizei nach einer parlamentarischen Anfrage veröffentlicht wurden, seien falsch. Dem SNPGL lägen andere Zahlen vor. Der Minister sei schlecht informiert worden.
Polizeischüler. Die „Volontaires de police“ seien die Zukunft der Polizei und doch werde hier gespart. Schülern aus dem zweiten Ausbildungsjahr seien etwa die Schränke für ihr Dienstmaterial weggenommen worden. „Ich habe Schüler gesehen, die auf dem Parkplatz ihre Kleider wechselten“, betonte Pascal Ricquier. Zudem habe man ihnen auch die Essenszulage gestrichen.
Publikum. Generaldirektor Philippe Schrantz und die Polizeigeneralinspektorin Monique Stirn saßen übrigens bei der SNPGL-Generalversammlung in der ersten Reihe.
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