Ein stilles Sterben
Ein stilles Sterben
Ganz gleich, welche Bioindikatoren man sich anschaut: Der allgemeine Rückgang der Arten ist wissenschaftlicher Fakt und zeugt von einem hemmungslosen Zerstören unserer natürlichen Umwelt. Das betrifft auch die heimische Vogelwelt. Der Rückgang der Biodiversität in Luxemburg macht auch vor den Vögeln nicht halt. Laut den Zahlen, die die Centrale ornithologique an den „European wild bird indicator“ übermittelte, sind 28 Prozent der Vogelarten in Luxemburg bedroht, 38 Prozent zeigen eine schwankende oder unsichere Entwicklung und nur 13 Prozent gelten als stabil. Bei immerhin 21 Prozent der Vogelarten konnte eine Erholung des Bestandes festgestellt werden.
„Damit stehen zwei Drittel aller heimischen Vogelarten unter Druck“, so Umweltministerin Carole Dieschbourg (Déi Gréng) in ihrer Antwort auf eine parlamentarische Frage.
Einzelne Erfolge
Die DP-Abgeordneten Lex Delles und Gusty Graas hatten sich nach dem Zustand der heimischen Vogelwelt erkundigt und wollten erfahren, welche Schutzmaßnahmen ergriffen werden. Laut Dieschbourg sei es mit Hilfe von speziellen Schutzprogrammen gelungen, einzelne bedrohte Arten wie den Uhu, den Steinkauz oder den Schwarz- beziehungsweise Weißstorch wieder anzusiedeln oder deren Bestände zu vergrößern. Es sind dies aber nur punktuelle Erfolge im Vergleich zum allgemeinen Niedergang der Arten.
Besonders betroffen sind Bodenbrüter und Vögel, die üblicherweise in der Agrarlandschaft anzutreffen sind. Die Bestände von 24 der insgesamt 32 Arten sind in einem besorgniserregenden Zustand. Dabei handelt es sich nicht einmal um Exoten, sondern um Vögel, die vor Jahrzehnten noch in Massen auftraten. Laut Dieschbourg zählen dazu der Kiebitz, die Feldlerche, der Wiesenpieper oder noch die Grauammer. Da diese Vogelarten genau wie Fledermäuse ein guter Indikator für den allgemeinen Zustand der natürlichen Umwelt sind, ist davon auszugehen, dass es um die gesamte Biodiversität schlecht bestellt ist. Dieschbourg nennt als Beispiel die Grauammer. Wurden in den 1990er-Jahren noch mehr als 100 Brutpaare gezählt, so sind es deren jetzt noch ganze sechs. Der Vogel dürfte damit in den nächsten Jahren ganz aus Luxemburg verschwunden sein.
Habitatzerstörung als Ursache
Laut der Umweltministerin sind die Ursachen für diesen Schwund bekannt: das Verschwinden von Biotopen, in denen diese Spezialisten gelebt haben, das Abholzen von Hecken und das Schaffen von großen, monotonen Agrarflächen sowie die Bebauung vormals natürlicher Flächen. Hinzu kommen die Verschmutzung von Luft und Wasser sowie der Einsatz von Pestiziden, der die Futtergrundlage vieler Vogelarten zerstört.
Im Vordergrund stehen deshalb spezielle Schutzprogramme, um diesen Arten Brut-, Futter- und Rückzugsgebiete zu gewähren. Dazu gehört zuallererst, diese Arten unter Schutz zu stellen und damit jegliche Bejagung oder Tötung zu verbieten. Eine weitere wichtige Maßnahme ist das Ausweisen von Natura-2000-Habitaten und von nationalen Schutzzonen. Land- und Forstwirte erhalten zudem Prämien, um sie zu einer schonenden Bewirtschaftung zu ermutigen. So konnte man zum Beispiel durch ein gezieltes Schutzprogramm die Bestände des Steinkauzes wieder stabilisieren. All diese Maßnahmen bleiben laut Dieschbourg aber wirkungslos, wenn nicht ein konsequentes Umdenken der Agrarpolitik erfolgt. Ein erster Schritt in diese Richtung ist laut der Umweltministerin das Verbot der Neonikotinoide.
