Der umstrittene 200-Millionen-Flieger
Der umstrittene 200-Millionen-Flieger
Von Christoph Bumb
Luxemburg bekommt seinen eigenen Militärflieger. Bis zum Februar 2019 soll die 2003 bestellte Airbus-Transportmaschine des Typs A400M geliefert werden. Das nach ersten Schätzungen rund 200 Millionen teure Projekt wirft nicht nur in der Bevölkerung Fragen auf. Letztlich gibt es aber keinen Weg mehr zurück, zumindest keinen, der nicht mit noch mehr Kosten verbunden wäre.
„Es gibt keinen Weg zurück“, so lautet auch die Antwort des Premierministers auf die Frage, inwiefern seine Regierung hinter dem Projekt stehe. Die „Vor-Vorgängerregierung“ sei eine Verpflichtung eingegangen, die auch im europäischen und im Nato-Kontext zu sehen sei. Aus dieser Verpflichtung komme man nicht mehr heraus, selbst wenn man es wollte, so Bettel am Rande seines gestrigen Pressebriefings.
Keine Überzeugungstat
Unabhängig davon wird der A400M Luxemburg ziemlich teuer zu stehen kommen: Mit 168 Millionen Euro wird allein die Anschaffung im Staatsbudget zu Buche schlagen. Hinzu kommen weitere rund 20 Millionen Euro, die im Rahmen der Kooperation mit Belgien, ohne das man keinen geeigneten Stützpunkt und Abflugort zur Verfügung hätte, fällig werden.
Nicht zu vergessen sind schließlich die Instandhaltungskosten von jährlich rund 15 Millionen Euro, wobei nicht ausgemacht ist, ob in dieser Rechnung alle Eventualitäten bereits mit einberechnet sind.
Die Anschaffung eines eigenen Militärtransportflugzeugs ist in Luxemburg, gelinde gesagt, umstritten. In den Reihen der neuen Koalition finden sich jedenfalls nicht viele Politiker, die das Projekt aus voller Überzeugung gutheißen. Es ist eher eine pragmatische Einstellung, wenn die Regierung von der Notwendigkeit spricht, das Unterfangen A400M zu einem „erfolgreichen Ende“ zu bringen.
Von den 168 Millionen werde man laut Verteidigungsminister Etienne Schneider Ende 2014 bereits rund 72 Millionen bezahlt haben. Dies sei auch der Grund, warum man nicht, zumindest nicht ohne die Zahlung von horrenden Strafzahlungen in Kauf zu nehmen, einfach aus dem Vertrag aussteigen könne.
Doch das ist noch nicht die ganze Rechnung. Da Luxemburgs A400M im belgischen Melsbroek bei Brüssel, im Rahmen einer belgisch-luxemburgischen Flotte stationiert sein wird, kommen bis zu 20 Millionen Euro an weiteren einmaligen Kosten zur Modernisierung der Infrastruktur des belgischen Stützpunkts hinzu.
200 Millionen Euro plus
Aus dem Verteidigungsministerium verlautet zudem, dass man ab 2019 mit jährlichen Instandhaltungskosten von rund 15 Millionen Euro rechnen müsse. Für 2019 wäre man somit schon bei rund 200 Millionen Euro an Kosten. Etwas weiter gedacht, wäre der A400M nach zehn Jahren Betrieb bereits fast doppelt so teuer, wie die eigentliche Bestellsumme es nahelegt.
In den Regierungsparteien rätselt man derzeit darüber, wie man den Deal der Öffentlichkeit in Zeiten einer generell ausgerufenen Sparlogik erklären soll. Andererseits wollen sich die Hauptakteure auch nicht einfach aus der Verantwortung stehlen und auf die Vorgängerregierungen verweisen.
Déi Gréng bleiben bei kritischer Haltung
In der Tat wurde der Kauf in der Zeit der CSV-DP-Regierung 2003 getätigt. Der verantwortliche Minister war Charles Goerens (DP). Die Begründung lautete damals, dass von Luxemburg in der Nato ein größerer Beitrag zur Bündnissolidarität ebenso wie zum Projekt einer eigenständigen europäischen Rüstungsindustrie verlangt wurde.
Kein Wunder also, dass Déi Gréng damals nicht allzu begeistert von dem Kauf waren – und auch heute nicht sind, wie der Grünen-Abgeordnete Claude Adam betont. Man würde lieber den Pfeiler der Konfliktprävention stärken, so Adam. Allerdings sei der A400M nunmal eine realpolitische Verpflichtung, aus der man nicht mehr so leicht aussteigen könne.
Regierung erwägt Kurswechsel
Während sich die Regierungsparteien ebenso wie die CSV-Opposition mit offener Kritik an dem Projekt schwertun, sprechen Déi Lénk von einer sinnlosen, aber auch für Luxemburgs Außen- und Sicherheitspolitik bezeichnenden Maßnahme.
„Was wollen wir mit einem Militärtransporter?“, fragt Parteisprecher David Wagner. Und gibt die Antwort gleich selbst, denn laut Wagner beteilige sich Luxemburg in „unverantwortlicher Weise“ an der europäischen Politik der „Aufrüstung“ und „Militarisierung“. Die Regierung betont ihrerseits, dass das Transportflugzeug nicht nur rein militärischen, sondern auch „humanitären Zwecken“ dienen soll.
Im Regierungsprogramm spricht sich Blau-Rot-Grün übrigens dafür aus, die Einkaufspolitik im Bereich der Rüstung zu „überdenken“. Ganz allgemein wolle man in Zukunft darauf achten, dass man sich bei jeglichen Anschaffungen an den „realen Bedürfnissen“ der luxemburgischen Armee orientiert. Ob dies einem generellen Kurswechsel gleichkommt, wird sich allerdings noch zeigen müssen.
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