Der Frust der Magistratin
Der Frust der Magistratin
(str) - Die meisten Schlachten um die Polizeireform gelten inzwischen als geschlagen. Die Runderneuerung der „Police administrative“ wird gar inzwischen weitgehend als Erfolg gefeiert. Dass sich allerdings die Wogen auf allen Fronten geglättet haben, ist ein Trugschluss. Einer der Brandherde in der Polizeireform ist und bleibt die „Police judiciaire“.
So scheint es, als ob die Frage nach der Entscheidungsgewalt über die Kriminalpolizei noch reichlich Konfliktpotenzial bergen würde. Die „Police judiciaire“ untersteht zwar der Polizeiverwaltung, sie arbeitet allerdings im Auftrag der Staatsanwaltschaften und der Untersuchungsgerichte. Und die wohl doch nicht so ganz klare Handhabung dieser Trennung scheint beiden Seiten Schwierigkeiten zu bereiten.
Die Justiz hätte es an sich gerne gesehen, dass die „Police judiciaire“ genau wie die Generalinspektion und der Geheimdienst einem Magistraten unterstellt würde. Der Vorschlag wurde von Ressortminister Etienne Schneider abgelehnt. Darüber hinaus gab es Insidern zufolge sowohl in der Polizeiführung als auch im Ministerium Bestrebungen, den Einfluss der Justiz auf die Kriminalpolizei möglichst einzuschränken. Der aktuelle Reformtext soll einen Kompromiss zwischen beiden Strömungen darstellen.
Das Polizei-Organigramm
aus dem Intranet
Dass dieser Konflikt zwischen Polizei, Politik und Justiz jedoch aktueller denn je ist, zeigte sich nachdem das „Luxemburger Wort“ am 17. März das neue Organigramm der Polizei vorgestellt hatte. Es handelt sich dabei um die im Rahmen der Reformvorbereitungen ausgearbeitete neue Struktur der Sicherheitskräfte mitsamt der Namen der Direktionsbeauftragten und Abteilungsleiter.
Das Dokument war drei Tage zuvor im polizeieigenen Intranet vorgestellt worden. Die Nominierungen, sind jene, die in Kraft treten sollen, sobald die Abgeordneten dem Gesetzesprojekt zur Polizeireform im Parlament grünes Licht gegeben haben. Auch dann muss aber noch die Approbation der Regierung eingeholt und eine Entscheidung der Nominierungsinstanz vorliegen – und es darf nichts geschehen, das einer Ernennung einzelner Personen im Wege stehen könnte.
An sich ein nachvollziehbarer Schritt, der einen glatten Übergang von der alten polizeiinternen Ordnung zur neuen vereinfachen soll: Doch ganz so unscheinbar ist dieses Organigramm dann wohl doch nicht.
„Erneut vor vollendete
Tatsachen gestellt“
Wie der „Procureur général d'Etat“ Martine Solovieff am Samstag nämlich in einem Interview auf RTL-Radio erklärte, sei die Justiz erneut vor vollendete Tatsachen gestellt worden. Die ranghöchste Magistratin sprach von einer
regelrechten „Politique du fait accompli“ – demnach einem systematischen Vorgehen von Polizei und Ministerium.
Obwohl die Entscheidungsgewalt letztendlich der Polizeidirektion und dem Ministerium für Innere Sicherheit vorbehalten bleibt, soll das neu geschaffene „Comité d'accompagnement“ der Kriminalpolizei in die Personalentscheidungen mit einbezogen werden. So steht es im Gesetzesprojekt, das die Grundlage für das neue Organigramm stellt, geschrieben.
Ein "Avis" zu allen Kandidaten
Denn zu den Aufgaben des Gremiums, das aus Vertretern der Justiz und der Polizei zusammengesetzt und von Generalstaatsanwältin Martine Solovieff geleitet wird, gehört es, einen „Avis“ zu allen Kandidaturen für die wichtigsten Posten in der Kriminalpolizei abzugeben. Dazu gehören der Zentraldirektor, der Direktor, der beigeordnete Direktor sowie alle Abteilungs- und Sektionsleiter.
Bei den Personalentscheidungen, die im neuen Organigramm vorgestellt wurden, wurde das Begleitkomitee und somit die Justiz allerdings offensichtlich außen vor gelassen. Wie Martine Solovieff nämlich klarstellte, hat es bislang nur eine einzige Sitzung des „Comité d'accompagnement“ gegeben. Dort sei über generelle Fragen diskutiert worden und auch über einzelne Posten – keineswegs aber über ein Organigramm, wie es nun im LW veröffentlicht worden sei.
Staatsanwälte und Untersuchungsrichter würden täglich mit den Ermittlern der Kriminalpolizei zusammenarbeiten und seien somit sehr wohl in der Lage zu begutachten, wer dafür geeignet sei, welche Kripoabteilung zu leiten.
„Wichtige Kompetenzen
einfach gestrichen“
Besonders brisant: Den Ausführungen von Martine Solovieff zufolge ist es eben nicht das erste Mal, dass versucht würde, die Justiz vor vollendete Tatsachen zu stellen.
Der Fall hatte im Juli Schlagzeilen gemacht: Drei Tage bevor der Reformtext dem Ministerrat zur Abstimmung vorgelegt wurde, habe sie den Auftrag
bekommen, das Gesetzesprojekt noch einmal schnell zu überlesen, so die Generalstaatsanwältin. Dabei habe sie bei einer stichprobenartigen Lektüre festgestellt, dass drei wichtige Missionen des „Comité d'accompagnement“ einfach aus dem Gesetzestext gestrichen worden seien.
Später hieß es, es sei irrtümlicherweise der falsche Text verschickt worden. Martine Solovieff scheint davon jedoch wenig überzeugt: „Ich habe keine Erklärung“, sagte sie im Radio-Interview. „Es hat jemand sie [die Passagen] gestrichen. Mehr kann ich nicht dazu sagen.“
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