Demnächst mehr Cattenom-Abwasser in der Mosel?
Demnächst mehr Cattenom-Abwasser in der Mosel?
In einer gemeinsamen parlamentarischen Anfrage vom 4. April wollten die beiden Grünen-Abgeordneten Henri Kox und Josée Lorsché von der Umweltministerin Carole Dieschbourg erfahren, wie in Zukunft mit dem Abwasser der Nuklearzentrale im französischen Cattenom umgegangen wird und inwiefern dies die umliegenden Gewässer und das Grundwasser gefährden könne.
Ein Hauptaugenmerk der parlamentarischen Frage lag auf der Verbreitung von Legionella-Bakterien, die beim Menschen gefährliche Lungenerkrankungen und Lungenentzündungen auslösen können (Legionärskrankheit). Vor allem im warmen, stehenden Wasser mit Temperaturen zwischen 20ºC und 50°C fühlen sich die Legionellen wohl und man kann nur mit chemischen Bioziden gegen sie angehen.
Die Kühltürme und Wasserleitungen von Nuklearzentralen sind die optimale Brutstätte für diese Bakterien, weil sich diese nicht nur im warmen Wasser vermehren können, sondern auch über die Dampfwolken der Kühltürme in der Umgebung verbreitet werden. Um dies zu verhindern, müssen Wasserleitungen und Kühlwasser regelmäßig mit einer chemischen Keule bestehend aus Natrium-, Chlor- und Nitrat-Verbindungen desinfiziert werden.
Bis die gesetzlichen Tages- und Jahreslimits für Natrium und Chlor erreicht sind, können diese Substanzen in der Mosel oder im künstlichen See von Mirgenbach entsorgt werden. Den Grünen-Abgeordneten lägen allerdings Informationen vor, nach denen die Firma Electricité de France (EDF), die die Nuklearzentrale Cattenom betreibt, eine Anfrage auf Erhöhung dieser Maximalwerte gestellt hat. Als Begründung nannte die EDF offenbar Pläne, im Kampf gegen die Legionella-Bakterien vermehrte Wasserdesinfektionen vornehmen zu wollen.
Die zusätzliche Belastung für die umliegenden Gewässer könnte dramatisch sein, sollte die EDF eine Erlaubnis erteilt bekommen: Die Maximalwerte für Natrium könnten sich fast verdoppeln (von 310 Tonnen auf 611 Tonnen). Bei der Chlorbelastung stehen ähnliche Zahlen im Raum, hier hat die EDF eine Anfrage gestellt, die maximalen Belastungswerte von 575 Tonnen auf 855 Tonnen steigern zu dürfen.
In ihrer Antwort auf die parlamentarische Frage bestätigte Umweltministerin Carole Dieschbourg, dass der französische Elektrokonzern EDF tatsächlich eine Anfrage auf Erhöhung der zulässigen Maximalwerte gestellt hätte. Das luxemburgische Umweltministerium werde sich um weitere Informationen von seinem französischen Homologen bemühen.
In Hinblick auf mögliche Umweltschäden, die durch eine vermehrte Abwasserableitung in die Mosel resultieren könnte, werde Luxemburg eng mit den jeweils zuständigen Behörden zusammen arbeiten, um zu klären, ob die Forderungen der EDF auch hinreichend begründet werden können.
Die Chlor- und Natriumkonzentration in der Mosel sei auch jetzt schon überaus hoch, vor allem wegen der zahlreichen Industriebetriebe am Nebenfluss Meurthe, der nördlich von Nancy in die Mosel mündet. Eine derartige zusätzliche Belastung könnte das empfindliche Öko-Gleichgewicht gefährden und sei nicht mit den strengen Rahmenrichtlinien des Wasserschutzes in Einklang zu bringen, so Carole Dieschbourg.
Laut der Autorité de sûreté nucléaire (ASN), die im Auftrag der französischen Regierung die technische Sicherheit von Nuklearanlagen prüft, werde es erst behördliche Konsultationen, eine öffentliche Untersuchung und Beratungen mit den Nachbarländern geben, bevor eine Erlaubnis ausgesprochen werden könne.
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