Corona-Patient aus Luxemburg: Leben wie in Gefangenschaft
Corona-Patient aus Luxemburg: Leben wie in Gefangenschaft
„Ich dachte, es sei ein schlechter und makabrer Witz, als ich morgens zur Frühschicht antrat und gleich von Menschen mit Atemschutzmasken abgefangen wurde“, erzählt Stefano Polignano. Er ist seit vergangenem Donnerstag einer von inzwischen mehr als 200 Menschen, die in Luxemburg mit Covid-19 infiziert sind.
Der 22-Jährige ist im letzten Jahr seiner Ausbildung zum Krankenpfleger und absolviert deshalb derzeit ein Praktikum im Hôpital Kirchberg – in der geriatrischen Intensivpflege. „Es hieß dann, es gebe einen Corona-Verdachtsfall unter den Patienten“, fährt Stefano fort. „Da wurde mir schon mulmig zumute, Grippe bei alten Menschen in Intensivpflege, das ist nicht gut.“
Zunächst sei aber noch nicht klar gewesen, ob es sich nicht doch eine normale Influenza handelte. Doch der Corona-Test des Patienten verlief dann positiv.
Schweißausbruch als Vorbote
„Dann war auch sofort die Krankenhausleitung zur Stelle und dann wurde nachvollzogen, wer alles mit dem betroffenen Patienten in Kontakt war“, erinnert sich Stefano, der auch zu diesem Personenkreis gehörte und dann auch einem Test unterzogen wurde.
„Mir war schon klar, dass ich dann wohl auch positiv sein würde. Ich hatte in der Nacht Schweißausbrüche und nur sehr wenig und schlecht geschlafen.“ Weitere Symptome folgten in den Stunden danach und zeigten, dass die Grippe auch für junge Menschen wie ihn kein Pappenstiel ist: „Husten, Halsschmerzen, Schnupfen, Kopfschmerzen und 38,7 Grad Fieber“, zählt er auf. „Außerdem war mir megaübel“. Und das halte auch nach sechs Tagen immer noch an. Dazu komme eine erschlagende Müdigkeit.
„Es fühlt sich an wie eine sehr starke Grippe, aber dann auch irgendwo anders“, betont Stefano. „Deshalb war mir auch, bereits bevor das Ergebnis vorlag, klar, dass es wohl das Corona-Virus war.“ Der Test wurde morgens um 9 Uhr gemacht, das Ergebnis lag nach knapp zwölf Stunden vor.
Die Informationen, die er dann von den offiziellen Stellen bekommen habe, seien jedoch je nach Ansprechpartner in vielerlei Hinsicht widersprüchlich gewesen. Er habe sich dann selbst beim Gesundheitsamt informiert.
Isolation zum Schutz anderer
„Ich habe mich dann hospitalisieren lassen“, fährt der 22-Jährige fort. „Da ich mit einer Person zusammenlebe, die zu einer Risikogruppe gehört.“ Die erste Nacht verbrachte er im Krankenhaus. Am Tag danach wurde er dann aus dem Spital an einen anderen Ort verlegt, wo er seitdem isoliert ist. In dem Sozialhotel des Roten Kreuzes befand sich seines Wissens nach zunächst auch noch ein anderer Corona-Patient.
„Ich hatte schon etwas Angst“, gibt Stefano unverblümt zu. „Ich hatte mich ja bereits von Beginn an über das Virus informiert. Für junge Menschen, die keine anderen Krankheiten haben, ist es ja nicht so dramatisch – es ist eben wie eine schlimme Grippe. Aber ich habe Angst jemanden angesteckt zu haben. Das macht mir viel mehr zu schaffen.“
Medikamente habe er sich in der Folge selbst organisiert. „Ich bin mir durchaus bewusst, dass Selbstmedikation nicht empfehlenswert ist, aber ich wollte etwas gegen die Schmerzen haben und um den Magen zu beruhigen."
Freudloser Zeitvertreib
Das Eingesperrtsein macht ihm derzeit sehr zu schaffen. „Das habe ich mir dann doch schöner vorgestellt“, seufzt er. Seinen Computer habe er sich bringen lassen und später auch einen Scanner, um Negative einzuscannen, denn Analogfotografie ist eines seiner Hobbys. Einen Fernseher habe er auch, aber der sei noch nicht sehr viel gelaufen.
„Alles ist sehr anstrengend und ich werde sehr schnell müde“, erzählt er. „Ich hänge auch viel an meinem Handy, obwohl ich das gar nicht will.“ Aber es sei eben derzeit der einzige Weg, um mit anderen Menschen zu reden.
„Ich habe auch irgendwann angefangen, Stories auf Instagram zu veröffentlichen, wo die Leute mir auch Fragen stellen können“, fährt Stefano fort. „Die Idee dahinter war auch, über das Virus aufzuklären und dazu beizutragen, dass die ganze Panikmache aufhört – auch dieses Toilettenpapierhamstern. Ich bin nun seit sechs Tagen hier und noch immer bei der gleichen Rolle. Ich habe keine Vorstellung davon, was die Menschen mit all dem Toilettenpapier anfangen wollen.“
Inzwischen ist Stefano auf dem Weg der Besserung. Doch ein Ende der Quarantäne ist für ihn nicht in Sicht: „Wenn ich es richtig verstanden habe, noch bis Freitag nächster Woche und dann noch für zwei Tage. Und wenn die Symptome dann noch immer da sind, dann eben, bis die weg sind plus zwei Tage. Aber ich muss mir das alles noch einmal genauer ansehen. Mit all diesen Anweisungen ist es schon schwierig, den Überblick zu behalten.“ Zeit dafür hat er ja jetzt.
„Bitte bleibt zu Hause!“
Stefano hat aber auch eine klare Botschaft: „Bitte bleibt zu Hause. Es geht nicht nur darum, euch zu schützen. Es geht auch um die anderen Menschen. Es ist wirklich schäbig, jemand Anderem das hier anzutun, nur weil man selbst nachlässig ist.“ Sein Tageshöhepunkt bestehe derzeit darin, ein paar Sonnenstrahlen auf der Fensterbank einzufangen.
„Ich fühle mich wie im Gefängnis. Auch, wenn wirklich jeder sich sehr um mein Wohlbefinden bemüht. Dafür bin ich dem Pflegepersonal, den Ärzten, den Menschen aus dem Hotel, meiner Familie und meinen Freunden sehr zu Dank verpflichtet.“
Revanchieren will der 22-jährige angehende Krankenpfleger sich, sobald er wieder bei Kräften ist: „Ich werde mich freiwillig melden, um in dieser Krise zu helfen.“
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