Causa Schleck: Gewerkschaften legen nach
Causa Schleck: Gewerkschaften legen nach
Die ganze Wahrheit in der Causa Schleck hatte der Vorstand des Syndicat professionnel de la force publique für ihre Pressekonferenz am Dienstag angekündigt. In seinem 90-minütigen Exkurs bemühte sich SPFP-Präsident Pascal Ricquier einen systematischen Versuch darzulegen, den Präsidenten der Armeegewerkschaft Christian Schleck zu diskreditieren.
Hintergrund ist eine Zwangsversetzung des Präsidenten des Syndicat professionel de l'armée luxembourgeoise Schleck zu einem Posten, an dem er seiner Funktion als Gewerkschaft-Präsident nicht mehr nachgehen könne. Der SPFP hatte daraufhin den Rücktritt des Armeechefs General Alain Duschène gefordert. Die Versetzung sei ein nicht hinnehmbarer Eingriff in die gewerkschaftliche Freiheit.
SPFP-Präsident Pascal Ricquier stellte in diesem Zusammenhang in der Pressekonferenz am Dienstag klar, dass diese Forderung vom SPFP, dem Dachverband der Armeegewerkschaft SPAL und der Polizeigewerkschaft SNPGL, ausgegangen sei und nicht von der allgemeinen Staatsbeamtengewerkschaft CGFP.
Der SPFP und ihre Unterorganisationen würden sich mit sektoriellen Problemen befassen, die CGFP würde sich nur einmischen, wenn die Allgemeinheit betroffen sei.
"Einschüchterungsversuch per SMS"
Alles habe am vergangenen 13. Mai begonnen, so Pascal Ricquier. Knapp 30 Minuten vor der Jahresversammlung des SPAL, bei der sich vehemente Kritik am Arbeitsregime der Armee andeutete, habe deren Präsident Schleck per SMS eine Vorladung zu einem Gespräch über seine Zukunft in der Armee erhalten – eine Kurzmitteilung, die sowohl SPFP und SPAL als auch CGFP als einen klaren Einschüchterungsversuch bezeichnen.
Dieses Gespräch habe sich dann als ein Bewertungsgespräch (Entretien individuel) entpuppt, wo es laut Pascal Ricquier üblicherweise beispielsweise darum gehe, das Wohlbefinden des Arbeitnehmers und die während einer Referenzperiode erreichten Zielsetzungen zu besprechen. Hier sei es aber darum gegangen, Schleck mitzuteilen, seine aktuelle Position im Informationsbüro der Armee sei mit seiner gewerkschaftlichen Arbeit nicht vereinbar und er werde deswegen versetzt.
"Unterschrift, nicht Zustimmung"
Dabei sei ihm ein im Voraus ausgefülltes Formular zur Unterschrift vorgelegt worden. Das habe Schleck aber erst später unterzeichnet, nachdem er hinzugefügt habe, er sei nicht Antragsteller für eine neue Aufgabe.
“Wir sind in einem militärischen Betrieb”, erläutert Pascal Ricquier die Umstände. “Es steht dem Betroffenen nicht zu, die Unterschrift oder eine Versetzung zu verweigern. Das wäre eine direkte Befehlsverweigerung, die unmittelbare Sanktionen mit sich bringt. Er kann nur ausdrücken, dass er das eigentlich nicht will: ‘Je ne suis pas demandeur’.”
"Verfälschte Darstellung durch den General"
Armeestabschef General Alain Duschène habe diesen Sachverhalt gegenüber dem Minister und in der Presse gezielt falsch dargestellt, betonte Ricquier. Der General habe so getan, als ob Schleck der Versetzung ohne weiteres zugestimmt habe.
Entgegen der Darstellung jener SPAL- und SPFP-Mitglieder, die nun zurückgetreten seien, sei der SPAL-Vorstand sehr wohl darüber informiert gewesen, dass man öffentlich den Rücktritt des Generals einfordere, wenn es denn tatsächlich zu der Versetzung komme.
Der bisherige SPFP-Generalsekretär Jean-Claude Betz, der ebenfalls mit der Begründung nicht über die Rücktrittsforderung informiert gewesen zu sein, seinen eigenen Rücktritt aus dem SPFP einreichte, habe sehr wohl Kenntnis gehabt. Er sei zudem bei den zwei Sitzungen, bei denen die Rücktrittsforderung Thema war, der Schriftführer gewesen. Betz war per E-Mail am Dienstag auf Anfrage des “Luxemburger Wort” nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.
Schleck-Nachfolger bereits im Amt
Falsch sei auch die Darstellung des Generalstabs der Armee, Schlecks Versetzung sei noch nicht erfolgt. Ihm sei im Juni mitgeteilt worden, dass er zum Bureau d’ordre auxiliaire in der Armee versetzt werde. Im September habe sein Nachfolger beim Informationsbüro die Arbeit aufgenommen. Schleck sei vom 1. Dezember zu seiner neuen Dienststelle eingeteilt worden.
Worin die Aufgabe dieses Bureau d’ordre auxiliaire besteht, wollte bei der SPFP-Pressekonferenz am Dienstag niemand sagen. Nur soviel: “Das ist nicht nur Secret, das ist Top secret!”, betonte etwa Pascal Ricquier nach der Pressekonferenz.
Klar sei aber, dass Schleck dadurch nicht mehr als Gewerkschaftspräsident öffentlich zu Armeeinterna Stellung beziehen könne, weil er sich durch seine neue Funktion wegen Geheimnisverrats strafbar machen würde.
"Systematischer Turnus wäre illegal"
Falsch sei auch, dass die Versetzung Schlecks Teil eines üblichen Turnus in der Armee sei. “Es gibt keinen solchen Turnus”, betonte Pascal Ricquier. “Das steht in keinem Gesetzestext und wäre ohnehin ein schwerer Verstoß gegen die Bestimmungen im öffentlichen Dienst.”
Bei der Causa Schleck gehe es allein darum, Christian Schleck als Lügner darzustellen, ihn mundtot zu machen und ihn öffentlich zu diskreditieren. “Es ist die öffentliche und private Zerstörung des SPAL-Präsidenten”, bekräftigte Pascal Ricquier, bevor er erneut den Rücktritt von General Alain Duschène forderte. “Der Chef des Generalstabs der Armee muss abgesägt werden. Wir werden nicht davon abrücken, bis in diesem Fall, in dem die Öffentlichkeit gezielt getäuscht wurde, Gerechtigkeit erreicht wird.”
Wie “Radio 100,7” am Dienstagmittag berichtete, hat Alain Duschène inzwischen Strafanzeige wegen übler Nachrede und Diffamierung gegen den SPFP-Präsidenten Pascal Ricquier eingereicht.
Minister widerspricht
Im Gespräch mit dem "Quotidien" widerspricht indes Verteidigungsminister François Bausch am Dienstag den Aussagen des SPFP. Bausch zeigte sich dabei "erschreckt" von einer Montage der Gewerkschaft. Schleck sei eigentlich in den Genuss einer Vorzugsbehandlung gekommen und habe den zweiten Vorschlag des Generalstabs, eine Stelle in der Hauptstadt, auch angenommen. Die Versetzung sei entgegen der SPFP-Darstellung noch nicht in Kraft. Schleck könne noch immer einen begründeten Einspruch gegen die Versetzung einbringen.
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