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Bommeleeër: Beweise mit dem Laster weggeschafft
Lokales 5 Min. 20.03.2014 Aus unserem online-Archiv

Bommeleeër: Beweise mit dem Laster weggeschafft

Wurden Metallteile der gesprengten Masten, die bei der Polizei gelagert waren, einfach entsorgt? Wer gab den Befehl dazu?

Bommeleeër: Beweise mit dem Laster weggeschafft

Wurden Metallteile der gesprengten Masten, die bei der Polizei gelagert waren, einfach entsorgt? Wer gab den Befehl dazu?
Foto: Lé Sibenaler
Lokales 5 Min. 20.03.2014 Aus unserem online-Archiv

Bommeleeër: Beweise mit dem Laster weggeschafft

Ein ehemaliger Polizist belastet Pierre Reuland durch seine Aussage direkt.

(mth) - Die Zeugenaussage des ehemaligen Polizeibeamten Robert Weigel am Donnerstag vor Gericht wirft weitere Fragen darüber auf, wie im Rahmen der Ermittlungen mit Beweismaterial umgegangen wurde und ob dieses möglicherweise auf Anordnung bestimmter Offiziere gezielt beseitigt wurde. Demnach wurde zwischen 1988 und 1990 – an das präzise Datum erinnert er sich nicht – eine größere Menge an Metallteilen, die als Beweise gelten mussten, im großen Stil entsorgt. Es habe sich dabei möglicherweise um größere Überreste der gesprengten Strommasten gehandelt.

Abtransportiert und eingeschmolzen

Weigel sagte vor Gericht aus, das Material sei im Hof des Gebäudes des polizeilichen Fuhrparks auf Verlorenkost gelagert gewesen, wo sich auch die zentrale Tankstelle der Sicherheitskräfte befand. Ein Kollege habe ihm eines Tages erzählt, dass ein Lastwagen die Metallteile abgeholt habe, um sie zur Entsorgung in ein Stahlwerk der Arbed zu fahren, wo sie eingeschmolzen werden sollten.

Der Mann sei „irritiert“ gewesen, da er nicht nachvollziehen habe können, dass „die Beweise der Bombenanschläge“ einfach entsorgt werden sollten, da allgemein bekannt gewesen sei, dass die Ermittlungen noch längst nicht abgeschlossen waren. Dass es sich um Material gehandelt haben könnte, das keinen erkennungsdienstlichen Nutzen mehr hatte, glaubt Weigel nicht. Die Metallteile seien stets gut bewacht gewesen. Er habe einmal versucht, sich die Überreste näher anzusehen, woraufhin er sofort von einem Beamten zurechtgewiesen worden sei, der ihm gesagt habe, er solle sich von den Stücken fernhalten, denn „er habe dort nichts verloren“.

Die Aussage Weigels bestärkt den Verdacht, dass in den Jahren nach den Anschlägen gezielt und systematisch Beweismaterial beseitigt wurde. Auch in diesem Fall möglicherweise auf Anordnung hoher Offiziere, wie Weigel vor Gericht vermutete: „Der Befehl, mit einem Lastwagen anzurücken, muss ja von oben herab gekommen sein“.

Doch Weigel machte am Donnerstag weitere Aussagen vor Gericht, die den ehemaligen BMG-Kommandanten und Generaldirektor der Polizei, Pierre Reuland, weiter belasten. Weigel war zwischen 2003 und 2007 Leiter der Wachmannschaft des großherzoglichen Anwesens in Fischbach.

„Die Anschläge brachten auch Gutes hervor“

Im Rahmen einer Weiterbildung habe Reuland damals in Fischbach erstaunliche Aussagen zur „Bommeleeër“-Affäre gemacht. Er habe in seinem Vortrag, bei dem es um die Ausrüstung und Weiterentwicklung der Sicherheitskräfte ging, das Thema ungefragt angeschnitten, ohne dass es dafür einen offensichtlichen Anlass gab. Reuland habe gesagt, die Ermittler würden „bis zu einem bestimmten Punkt kommen und dann nicht weiter“ – dieselbe Meinung also, die der damalige Polizeichef auch anderenorts bereits geäußert hatte, wie andere Zeugen vor Gericht erklärten. Doch Reuland ging dieses Mal angeblich noch weiter.

Weigel sagte vor Gericht, er habe den bestimmten Eindruck gehabt, dass sein oberster Vorgesetzter nicht nur versucht habe, die Anschläge herunterzuspielen, sondern diese als nützliches Ereignis für den Sicherheitsapparat darzustellen. Er habe den anwesenden Beamten gesagt, dass die Affäre „auch Gutes hervorgebracht“ habe und „ohnehin niemand zu Schaden gekommen sei“.

Fast schwärmerisch habe Reuland auf die materielle Aufrüstung der Polizei in den Jahren nach den Anschlägen hingewiesen, so dass die Attentatsserie der Polizei sogar „zu einem Hubschrauber verholfen habe“. Da sowohl das Gericht als auch die Vertreter der Staatsanwaltschaft die Aussagen Weigels als stichhaltig betrachteten, soll in den kommenden Wochen eine Gegenüberstellung zwischen Weigel und Pierre Reuland stattfinden.

Auch andere Beamten der „Unité de Garde et de Réserve mobile“, welche die Wachmannschaft in Fischbach stellte, sollen als Zeugen vorgeladen werden. Der Angeklagte Marc Scheer, der auch zu dieser Einheit gehörte, konnte sich übrigens nicht an den Vortrag erinnern.Verdächtiger vor dem ersten Anschlag beobachtet. Am Donnerstag sagte auch der Zeuge Germain Weydert aus, am 27. Mai 1985 einen verdächtigen Wagen auf einem Feldweg in der Nähe des ersten Tatorts bei Beidweiler gesehen zu haben, also dort, wo ein Strommast der Cegedel drei Tage später einem ersten Anschlag widerstand, um schließlich am 1. Juni 1985 durch eine weitere Sprengung umzustürzen.

Laut Weydert habe er in dem grauen Geländewagen der Marke Nissan einen „sportlichen, gut gekleideten Mann um die 40“ gesehen, der sich offenbar einen ganzen Tag dort aufhielt. Von der Stelle aus habe man den Strommast und seine Umgebung beobachten können. Die Gendarmerie habe ihn nie als Zeugen vernommen und ihm auf seine Nachfrage mitgeteilt, der Geländewagen gehöre einer Person, die dort gearbeitet habe.

„E Kapp an en Aarsch“

Als dritter Zeuge sagte am Donnerstag der ehemalige Soldat Marco Karrenberg aus, der zwischen 1988 und 1991 im „Commandement de l'Armée“ in der Rue Auguste Lumière gedient hatte. Karrenberg sollte vor Gericht über regelmäßige Treffen zwischen dem damaligen Oberbefehlshaber der Armee Colonel Armand Bruck und dem Gen-darmerie-Offizier Charles Bourg berichten.

Bour sei „regelmäßig“, das heißt 20-mal im Monat morgens zu Bruck ins Büro gekommen, um Kaffee zu trinken und sich zu unterhalten, sagte Karrenberg aus. Die beiden seien auf gut Luxemburgisch „e Kapp an en Aarsch“, sprich unzertrennlich gewesen, so der Zeuge. Er habe nie etwas vom Inhalt der Gespräche mitbekommen, doch Bourg habe ihm oft einen „nervösen Eindruck“ gemacht, so Karrenberg.

Nach dem Umzug des Generalstabs der Armee in die Rue Goethe hätten die Besuche aufgehört. Der Zeuge sagte auch, dass Bruck einen „großen Verschleiß“ an Fahrern gehabt habe – viele seien nicht mit den häufigen nächtlichen Fahrten klargekommen, die Bruck unternommen habe. Eine interessante Aussage, da ein früherer Fahrer Brucks, Guy Greis, am vergangenen 6. März als Zeuge ausgesagt hatte, dass er Bruck vor den Anschlägen zweimal nachts ohne Angabe von Gründen in die Nähe von Beidweiler fahren musste, wo dieser sich Feldwege und mögliche Verstecke angesehen habe. Also genau dort, wo der erste Anschlag stattfand.


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