Berufungsgericht spricht Gaston Vogel frei
Berufungsgericht spricht Gaston Vogel frei
Eine umstrittene Wortwahl in einem offenen Brief an die Bürgermeisterin der Stadt Luxemburg brachte Me Gaston Vogel auf die Anklagebank. Nach einem Freispruch Ende 2021 in erster Instanz legte die Staatsanwaltschaft Berufung ein. Der Anwalt musste sich deshalb im vergangenen November vor dem Berufungsgericht wegen Aufrufs zum Hass (Incitation à la haine) verantworten. Am Dienstag bestätigten die Richter nun das Urteil aus erster Instanz und sprachen den Angeklagten von den Vorwürfen frei.
Die Vorwürfe hatte der 85-Jährige vor Gericht stets bestritten. Er habe lediglich auf eine akute Problematik im Zusammenhang mit dem organisierten Bettlerwesen und Menschenhandel aufmerksam machen wollen und dafür eine härtere Sprache genutzt. Bei der Urteilsverkündung war der Angeklagte nicht anwesend. Dem Vernehmen nach vertrat er zeitgleich selbst einen Mandanten.
Sein Strafverteidiger Me François Prum zeigte sich jedoch über die Entscheidung der Richter erfreut: „Für uns ist es die einzig richtige Entscheidung.“ Der Brief sei damals im Zuge einer öffentlichen Debatte entstanden. Gaston Vogel habe Druck auf die Politik ausüben wollen. „Er hat das auf seine Art und Weise ausgedrückt, aber in einem öffentlichen Kontext. Deshalb konnte er einen härteren Sprachgebrauch nutzen, als es im Rahmen der Meinungsfreiheit normalerweise zugelassen wird“, so François Prum.
Freispruch auch für Medien
In einem offenen Brief an die Bürgermeisterin der Stadt Luxemburg hatte Gaston Vogel im August 2015 im Zusammenhang mit Bettlern aus Rumänien unter anderem von Begriffen wie Gestank („puanteurs“) und Abschaum („racaille“) Gebrauch gemacht. Ein Auszug: „L’air est rempli des puanteurs que dégagent les cortèges quotidiens de mendiants dégueulasses, insolents qui, grâce aux largesses des intelligents accords de Schengen, nous viennent, sans aucun contrôle, de la lointaine Roumanie. (…) Personne ne s’occupe de cette racaille.“
Das Schreiben war sowohl von RTL als auch vom „Lëtzebuerger Journal“ als Leserbrief veröffentlicht worden. Dies hatte heftige Reaktionen und Kritik zur Folge. Die Ligue des droits de l'Homme reichte sowohl Klage gegen den Anwalt als auch die Organe, die das Schreiben weiterverbreitet hatten, ein. Die Staatsanwaltschaft nahm Ermittlungen auf.
Schließlich mussten sich ebenfalls das Unternehmen hinter RTL, CLT-Ufa, und ein damaliger Redakteur des „Journal“, der die Veröffentlichung des Leserbriefs verantwortet haben soll, verantworten. Auch für sie endete das Gerichtsverfahren in zweiter Instanz nun mit einem Freispruch.
In ihrem Strafantrag hatte die Vertreterin der Generalstaatsanwaltschaft im vergangenen November derweil für Gaston Vogel eine Geldstrafe in Höhe von mindestens 2.500 Euro gefordert. Die Medienvertreter sollten derweil keine Strafe, sondern eine Aussetzung der Urteilsverkündung (Suspension du prononcé) erhalten. In diesem Fall halten die Richter zwar die Schuld des Angeklagten fest, legen aber keine Strafe fest.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Alle Parteien haben 30 Tage Zeit, um einen Antrag auf Kassation einzureichen. Vor dem Kassationshof geht es letzten Endes aber nicht mehr um die Schuldfrage. Vielmehr stehen dort formale Punkte im Mittelpunkt, etwa ob die Prozeduren vorschriftsmäßig eingehalten sowie alle Rechtsprinzipien gewahrt wurden.
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