Auf der Suche nach vermissten Hunden
Auf der Suche nach vermissten Hunden
In der Vorstellung vieler Menschen braucht man einem Spürhund bloß eine alte Socke unter die Nase zu halten und der Hund findet den Besitzer des Kleidungsstückes wieder. Diese Vorstellung stimmt – wenn der Hund entsprechend ausgebildet wurde.
Ein Hund „sieht“ mit seiner Nase mehr als die Menschen mit ihren Augen. „Wenn die Umstände es erlauben, findet ein Suchhund eine mehrere Wochen alte Spur ohne Probleme“, sagt Tanja Forette, Gründerin und Präsidentin von Sichhënn.lu.
Riechleistung eines Hundes
Die Zahl der Riechzellen eines Hundes übersteigt die des Menschen um ein Tausendfaches. Seine Riechleistung ist im Vergleich rund eine Million mal besser. Die Nase des Hundes kann, wie das Auge seines Besitzers, zwischen rechts und links unterscheiden.
Für einen Menschen ist es schwer zu begreifen, wie der Hund seine Umwelt wahrnimmt. Ständig umgibt ihn ein Cocktail mit den unterschiedlichsten Gerüchen – frische und schon etwas ältere.
Duftanalyse
Jeder Mensch und jedes Tier hinterlässt beim Vorbeigehen seine ganz eigene Duftnote. „Der Geruch des Menschen entsteht, wenn sich körpereigene Bakterien zersetzen“, sagt Tanja Forette. So kann der Hund zwischen einzelnen Personen unterscheiden.
Der Zersetzungsprozess erlaubt es dem Hund auch, zwischen frischen und alten Spuren zu unterscheiden. Die Analyse dieses Duftmixes ist für Hunde besonders spannend. Wenn sie beim Gassigehen mit der Nase am Boden kleben, erfahren sie, wer oder was in der Umgebung alles los ist. Das kann der neue Hund des Nachbarn sein oder aber ein vermisstes Tier.
Jeder Hund ist geeignet
„Im Prinzip kann das jeder Hund“, sagt die Mantrailtrainerin. Die sechs Einsatzhunde von Sichhënn.lu haben gelernt, diese Geruchsanalyse mit ihren Besitzern zu teilen. Argos, der Suchhund, mit dem alles begann, ist ein Deutsch Drahthaar Mix aus Griechenland. Daneben gibt es unter Anderen den Labrador Rudi oder die Continentalbulldogge Bao.
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„Wichtig für einen Einsatzhund ist nur, dass der Hund stressresistent ist“, sagt Forette. „Im Januar 2011 habe ich mit Argos mit dem Man- und Pettrailing begonnen.“ Vier Jahre später haben beide ihre Einsatzfähigkeit in einer Prüfung bewiesen. Mittlerweile hat Argos ausgelernt, seine Besitzerin jedoch nicht. Das ganze Team nimmt regelmäßig an Fortbildungskursen teil.
Suchhund-Ausbildung
Im Prinzip kann jeder Hundebesitzer sich bei Sichhënn.lu mit ihren Tieren anmelden und sich zum Suchhund-Team ausbilden lassen. „Im Moment nehmen wir aber keine neuen Hunde an“, so Tanja Forette. „Wir sind total überlaufen.“
Neben den sechs Suchhunden mit Einsatzberechtigung im Sinne der Sichhënn.lu sind noch weitere acht in der Ausbildung. Die Trainerin hat eine ganze Prüfungsordnung ausgearbeitet. Die Prüfungen reichen von 150 Meter langen Spurensuchen für Anfänger bis zu maximal 2,5 Kilometer langen Spuren für die Profis. Nur wenn der Hund die Abschlussprüfung bestanden hat, darf er in den Einsatz.
Bereit für den Einsatz
„Im Durchschnitt erreicht uns momentan ein Telefonanruf pro Tag“, sagt Forette. In der überwiegenden Zahl der Fälle handelt es sich dann um ein entlaufenes Tier. Meistens ist ein Hund beim Waldspaziergang abhandengekommen – das Stöbern und Jagen zählt zu den Lieblingsbeschäftigungen der meisten Hunde. In der Natur gibt es eben viel zu entdecken.
Wenn dann auch noch ein Reh vor dem Hund flüchtet, setzt meistens der Verfolgungstrieb ein. Das Herrchen oder Frauchen ist auf einen Schlag uninteressant und der Hund ist weg.
„Keine Panik“
„Keine Panik, nicht kreuz und quer durch die Gegend laufen und auch keine Suchmannschaften losschicken“, sagt Forette, was in dem Fall zu tun sei. Zu viel Aufregung könne abschreckend oder sogar beängstigend auf den entlaufenen Hund wirken. Man solle einfach an der Stelle bleiben, von der aus der Hund weggerannt ist. „Meistens kommen sie auch dorthin zurück“, sagt sie. „Auch wenn es etwas länger dauern kann.“
In der Zwischenzeit kann der Besitzer Sichhënn.lu kontaktieren, die ihm beratend zur Seite zu stehen.
Für die Waldbewohner ist ein entlaufener Hund ein Grund für Sorgen, für den Hundebesitzer eher nicht. Wenn der eigene Hund den Wald unsicher macht, leidet das Herrchen oder Frauchen oftmals mehr als der Hund.
Suchteam
Wenn ein Besitzer eines entlaufenen Hundes bei den Sichhenn anruft, wird nicht sofort ein Suchteam herausgeschickt. „Meistens sind die Leute total in Panik“, sagt Forette. „Zu unseren Aufgaben gehört auch viel Beruhigungsarbeit.“ Ein Hund sei ja ein Familienmitglied.
Auch wenn der Ausflug des Hundes sich über Nacht oder sogar mehrere Tage hinziehen sollte, solle man nicht sofort mit dem Schlimmsten rechnen. „Die älteste Spur, die einer unserer Hunde aktiv wiedergefunden hat, war um die vier Wochen alt“, sagt Forette.
Die entlaufenen Hunde hätten viel Spaß im Wald. Wenn die Party vorbei ist, kehre der Vierbeiner aus eigenen Antrieb zu seinem Herrchen zurück. Auch wenn es einem schwer falle, solle man den Hund dann nicht bestrafen. „Er sollte freudig empfangen werden.“
Dringende Einsätze
Es gibt aber auch Einsätze, bei denen Eile geboten ist. Dies ist der Fall bei kranken oder verletzten Tieren, ganz jungen Hunden oder ganz alten. „Wenn der Hund mit der Leine weggelaufen ist sehen wir das auch mit Sorge“, so Forette. Die Leine könne sich verheddern und den Hund festhalten. In dem Fall schlägt Sichhënn.lu Alarm und eine Suchmannschaft rückt aus.
„Es kann sein, dass wir heute noch ausrücken müssen“, so Forette während dem Gespräch. Es sind nicht immer Hunde, die einen Sucheinsatz auslösen. Weglaufen kann theoretisch jedes Tier, das Beine hat. Zwei Ausreißer sind Tanja Forette in besonderer Erinnerung geblieben: Eine Schildkröte und ein zahmer Fuchs. „Die Schildkröte konnte richtig schnell laufen“, erinnerte sie sich.
Schildkröte auf Abwegen
Sichhënn.lu kann sich über eine Aufklärungsquote von 94 Prozent freuen. Wenn die Tierbesitzer ihre Lieblinge wieder in den Armen halten, sei die Freude sehr groß. Bis zu diesem Moment kann es aber dauern. Sie erinnert sich an einen Hund, der an der Grenze zum Saarland verschwunden ist. Ein Jahr später tauchte er bei Gilsdorf wieder auf.
„Die Freude ist bei den Tieren wie bei den Besitzern immer riesengroß“, sagt die Präsidentin von Sichhënn.lu. Das Wiederfinden des Lieblings ist unbezahlbar, die Unterstützung der A.s.b.l. kostenlos. Spenden seien aber immer willkommen, meint Forette.
Wiedersehensfreude
Die Hundebesitzer können einiges tun um zu verhindern, dass der Hund eines Tages verschwindet. Eine generelle Leinenpflicht lehnt Tanja Forette jedoch ab. „Wenn der Hund auf Abruf nicht kommt, dann muss er an die Leine“, sagt sie. „In unserer Gruppe gibt es auch Hunde, die im Wald nicht frei herumtoben dürfen.“ Wichtig sei, dass man sich an die Regeln der Gemeinde halte, die können sich unterscheiden.
„Eine gute Option sind sogenannte Tracker“, sagt Forette. „Alle unsere Hunde tragen einen solchen.“ Damit ist der Besitzer zu jedem Zeitpunkt über den Aufenthaltsort des Hundes informiert. Falls der Hund dann doch verschwunden ist, sei es gut auch darauf vorbereitet zu sein. „Mit Geruchssicherungssets kann der Duft vom eigenen Hund konserviert werden“, sagt Forette. „Unsere Suchhunde haben es dann einfacher.“
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