Analyse: Wende im Bommeleeër-Prozess
Analyse: Wende im Bommeleeër-Prozess
(str) - In Schockstarre versetzte der beigeordnete Staatsanwalt Georges Oswald die Zuschauer im Gerichtssaal zum Ende der 175. Verhandlung im Bommeleeër-Prozess: Er kündigte an, dass er am Mittwoch eine Anklageschrift an den Untersuchungsrichter Ernest Nilles richten wird. Dies könnte das Ende des aktuellen Prozesses bedeuten.
Es lag etwas in der Luft. Prozessbeobachter dürften sich nach der dreiwöchigen Unterbrechung des Verfahrens über die Zurückhaltung der Kriminalkammer bei der Planung des Prozesskalenders gewundert haben. Das „Luxemburger Wort“ hatte am vergangenen Freitag auf diesen Umstand hingewiesen. So war Ende vergangener Woche lediglich gewusst, was am Dienstag auf der Prozessordnung stand. Für Mittwoch stand lediglich „Reserve“ auf der Zeugenliste. Für Donnerstag waren überhaupt keine Zeugen mehr vorgeladen.
Dies ließ zwei Schlussfolgerungen zu: Eine Möglichkeit war, dass der Prozess wegen eines „surseoir à statuer“ ausgesetzt werden könnte, da Untersuchungsrichter Ernest Nilles parallel zum Prozess Ermittlungen gegen weitere mögliche Beschuldigte aufgenommen hatte. Eine zweite Möglichkeit war, dass die Kriminalkammer eventuell nicht mehr kurz vor der Sommerpause zur Anhörung der beiden Beschuldigten übergehen wollte. Seit kurz vor 17 Uhr am Dienstagnachmittag scheint die Sache klar.
Zum Abschluss der Sitzung ergriff nämlich der beigeordnete Staatsanwalt Georges Oswald das Wort. Er kündigte an, am Mittwoch im Laufe des Vormittags eine Anklageschrift beim Untersuchungsrichter einzureichen. Darin wird er eine Anklageerhebung gegen „eine ganze Reihe von Personen“ beantragen. In der Sitzung am Mittwochnachmittag werde er im Detail erläutern, gegen wen sich die Strafanträge richten und wie die Anklagepunkte lauten. Weitere Einzelheiten nannte Oswald nicht.
Unklar ist daher auch, ob die möglichen Beschuldigten in den Strafanträgen als Täter oder Mittäter belastet werden. Die Strafanträge oder zumindest ein Teil davon könnten sich nämlich auch auf mögliche Falschaussagen von Zeugen im Bommeleeër-Prozess beziehen. In dem Fall wird es wohl zu einer ganzen Reihe von parallelen Prozessen kommen. Zudem schwebt auch der Vorwurf der Strafvereitlung im Amt wie ein Damoklesschwert über ehemaligen Verantwortlichen von Gendarmerie und Polizei.
Die betroffenen möglichen Beschuldigten werden aller Wahrscheinlichkeit nach ebenfalls erst in der Sitzung erfahren, dass eine Anklageerhebung gegen sie beantragt wurde. Die Entscheidung, ob es dazu kommt, obliegt dem Untersuchungsrichter. Er alleine kann Anklage erheben und somit eine Ratskammer mit der Frage befassen, ob genug Elemente vorliegen, um einen Prozess anzustrengen.
Bei Marc Scheer und Jos Wilmes vergingen zwischen Anklageerhebung und dem Prozessbeginn fünf Jahre. Die Kriminalkammer um Sylvie Conter wird anhand der Strafanträge von Georges Oswald entscheiden, ob der Prozess gegen Scheer und Wilmes weitergeführt wird, oder, ob er bis zum Abschluss der anstehenden Ermittlungen ausgesetzt wird. Die Sitzung am Mittwoch wird daher an Spannung wohl kaum zu übertreffen sein.
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