Unangenehm und fesselnd zugleich
Unangenehm und fesselnd zugleich
von Matthias Probst
Es war eine Szene, die mir bis heute in bester (oder schlimmster) Erinnerung geblieben ist: Privatdetektiv Edward Carnby schleicht durch eine mysteriöse Villa und untersucht einen scheinbar leerstehenden Raum. Die Kameraperspektive wechselt: Plötzlich sehe ich den Detektiv von außen durch das Fenster, wie er durch das Zimmer schleicht. Die Kamera bewegt sich schnell auf das Fenster zu und - „Klirr!“ – nach einem beherzten Sprung schnellt ein Werwolf durchs Glas. Was für ein Schock!
Das Survival-Horror-Spiel „Alone in the Dark“ aus dem Jahre 1992 setzte neue Maßstäbe für Inszenierung und Spannung in Videospielen. Aus heutiger Sicht lockt eben erwähnte Szene dank der veralteten Grafik keine Katze mehr hinter dem Ofen hervor. Doch für mich war sie ein Schlüsselmoment in meiner damals noch jungen Gamerkarriere.
Warum ich das Ganze erzähle? Ganz einfach: Frédérick Raynal war damals bei „Alone in the Dark“ der leitende Entwickler. Nun, 25 Jahre später, bringt er ein neues Spiel auf den Markt. Klar, dass ich da hellhörig wurde. Doch auf den ersten Blick sieht sein verpixeltes Werk „2Dark“ so gar nicht nach Horror aus – doch dieser Eindruck täuscht gewaltig…
Heftiger Einstieg
Ein düsterer Trip in das einst hübsche Städtchen Gloomywood verspricht das Abenteuer. Keine fünf Minuten im Spiel und ich habe ein ungutes Gefühl, was wohl an der Thematik liegen mag: In leicht verpixelter und altmodischer Optik sehe ich dem Privatdetektiv Smith beim Campen mit seiner Frau und den beiden Kindern zu. Doch der Ausflug nimmt ein jähes Ende als Unbekannte Smiths Frau töten und die Kinder entführen.
Sieben Jahre später ist Smith nur noch ein Wrack - allerdings immer noch von Rachegedanken getrieben. Ein Kinderschänderring treibt in Gloomywood sein widerliches Unwesen. Allein schon wegen dieser Thematik sollten sich nur Erwachsene den Titel anschauen.
Spielerisch begibt sich Smith auf eigene Faust auf die Suche nach den fiesen Hintermännern – stets in der Hoffnung vielleicht auch seine Kinder wiederzufinden. Bei seinen Missionen geht es eher wie in einem Schleichspiel darum, versteckt zu agieren, Fallen zu umgehen oder einige Schurken in eben diese zu locken.
Niemand sollte hier ein Ballerfest erwarten. Denn bereits zwei Gegner auf einmal sind einer zu viel – der virtuelle Tod ist ein ständiger Begleiter. Daher muss die Umgebung geschickt mitgenutzt, Ablenkungsmanöver gestartet und Abkürzungen gefunden werden. Vom Gameplay her ist das schon mal recht fordernd – alleine in der ersten Mission brauchte ich mehrere Anläufe bis ich verstanden habe, worauf ich achten muss.
Atmosphärisch ergreifend
Das eigentlich interessante bei diesem Titel ist jedoch das unangenehme Gefühl, das er verbreitet. Auch wenn hier einige schlimme Dinge gezeigt werden, so spielt sich das größte Grauen im Kopf des Spielers ab, der diesen Bildern Sinn verleiht. Denn wenn gefangene Kinder aus irgendeiner Ecke um Hilfe jammern, zerrt das an die Nerven. Hinzu kommen hier und da blutige Stofffetzen auf dem Boden, die ihre ganz eigene traurige Geschichte erzählen. Das hier ist ziemlich starker Tobak, der erst mal verkraftet werden muss.
Fans des Survival-Genres sollten sich „2Dark“ unbedingt einmal näher anschauen. Selbst wenn die Screenshots nicht den Eindruck vermitteln, so habt ihr es hier mit einem waschechten Horror-Titel zu tun, der sich tief ins Gedächtnis gräbt und euch eine Weile nicht mehr in Ruhe lässt.
Dass das Spiel dann auch noch vom Gameplay her zu überzeugen weiß, muss ich ihm hoch anrechnen – denn dadurch verkommt das Ganze nicht nur zu einer perversen Fantasie. Ein mutiger Titel.
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