Steinreich und artenarm
Steinreich und artenarm
von Marianne Kollmesch
Modern, unkrautfrei und pflegeleicht: In diesem Fall empfehlen Bauunternehmer, Landschaftsgärtner oder Berater im Baumarkt immer häufiger einen Schottergarten. Doch bringt dieser Trend nur Vorteile für Mensch und Tier?
Bei dieser Form der Grünflächengestaltung wird die Humusschicht abgetragen, ein Geotextilvlies oder eine Plastikplane ausgelegt und die Gartenfläche mit Schotter in unterschiedlichen Größen bedeckt. Wer mag, kann etwas Grün einfügen – etwa durch in die Folie geschnittene Löcher. Die Hobbygärtner versuchen so, nicht nur das Unkrautproblem zu lösen, sondern auch Zeit einzusparen, um andere Arbeiten am Haus erledigen zu können. Auch der Faktor „Kosten“ spielt hier eine nicht untergeordnete Rolle.
Todeszone im eigenen Garten
Angesichts der sich häufenden Meldungen von massivem Insekten- und Artensterben ist dieser Trend doch fragwürdig: Ein Schottergarten gilt als biologische Todeszone, denn auf den unbewachsenen Steinen entsteht bei Sonneneinstrahlung eine solche Hitze, dass Leben nur schwer möglich ist. Leider ist auch das Versprechen der Pflegeleichtigkeit nicht zu halten: Wird nicht jedes herumfliegende Blatt konsequent entfernt, bildet sich Humus zwischen dem Schotter. Nach zwei bis drei Jahren säen sich erste Wildkräuter durch anfliegende Samen aus. Löwenzahn und Distel dringen mit ihrer starken Wurzel weit ein und sind durch das Geotextil kaum zu entfernen. Häufig muss dann auf umwelt- und gesundheitsschädliche Unkrautvernichter zurückgegriffen werden.
Die ausführenden Firmen sind mit dieser Art von Garten allerdings gut bedient, da zur Anlage und Pflege kein ausgebildetes Personal notwendig ist. Und nach einigen Jahren muss das Material gegen Bezahlung wieder aufbereitet oder entsorgt werden. Problematisch ist auch, dass der verwendete Schotterstein meist aus Indien oder China kommt – lange Transportwege sorgen für eine noch schlechtere Klimabilanz.
Dabei würde sich der investierte Aufwand in die Pflege eines naturnahen Gartens durchaus auszahlen: Das Mähen beschränkt sich auf ein oder zwei Mal im Jahr. Auch Unkraut kommt nur wenig auf, da die Fläche bedeckt ist und sich im Gleichgewicht befindet. Zudem brauchen heimische Pflanzen weniger Pflege als fremde – sie sind zudem weniger anfällig – der Griff zur chemischen Keule wird überflüssig. Eine naturnahe Fläche lockt nicht zuletzt auch Schmetterlinge, Hummeln und Vögel an. In Wohngebieten können naturnahe Grünflächen auch einen bedeutenden Beitrag zur Biodiversität und zur Lebensqualität der Bewohner leisten.
Artenreiche Kies- und Steingärten
Ein Schottergarten ist nicht zu verwechseln mit natürlich kiesigen Ruderalflächen und bepflanzten Kies- oder Steingärten. Denn diese sind ein perfekter Lebensraum für eine reiche, angepasste Flora und Fauna. Die entsprechenden Naturstandorte sind geprägt durch geringe Niederschläge, eine sonnige Lage sowie durchlässige, nährstoffarme Böden. Also ist überall dort, wo die Standortbedingungen den natürlichen Vorbildern ähneln, ein guter Platz für ein bepflanztes oder eingesätes Kiesbeet. Dies kann vor einer heißen Südwand, an der Terrasse, unter der Dachrinne oder im innerstädtischen Bereich sein.
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