Philippe Mersch: "Autojahr wird von Klimadebatte beeinflusst"
Philippe Mersch: "Autojahr wird von Klimadebatte beeinflusst"
Philippe Mersch, „Gérant-associé“ der Garage Kremer in Mersch, steht seit vergangenem April an der Spitze der vor Jahresfrist aus der Fusion der „Association des distributeurs automobiles luxembourgeois“ (ADAL) und der „Fédération des garagistes“ (Fégarlux) entstandenen „Fédération de la distribution automobile et da la mobilité“ . Im Interview mit dem „Luxemburger Wort“ spricht der erste Fédamo-Vorsitzende unter anderem über den neuen Branchenverband, den Automarkt und die Klimadebatte.
Philippe Mersch, Sie sind jetzt seit gut zehn Monaten Präsident der Fédamo. Wie fällt Ihre erste Bilanz aus? Hat sich der Zusammenschluss von ADAL und Fégarlux gelohnt?
Gelohnt hat sich die Fusion auf jeden Fall. Unser primäres Ziel war eine effizientere Arbeits- und Vorgehensweise, was bisher ganz gut klappt. Wir haben jetzt Arbeitsgruppen und einen Verwaltungsrat, der vor allem breiter gefächert ist, was eine sehr positive Sache ist. Die Arbeit ist sicher nicht weniger geworden, auch wenn wir das vielleicht gehofft hatten. Die Fusion war aber definitiv notwendig und auch überfällig. Sehr hilfreich bei unserer Arbeit ist zudem die gute Unterstützung seitens des Handwerksverbands.
Im vergangenen Jahr konnte die Luxemburger Autobranche ein weiteres Rekordjahr verbuchen. Von Euphorie ist derzeit aber wenig zu spüren. Wie sehen die Prognosen für das laufende Geschäftsjahr aus?
2019 war in der Tat ein neues Rekordjahr mit einem bis dato nicht da gewesenen Zulassungsniveau von immerhin 55 008 Einheiten. Das ist ein hervorragendes Resultat für den Automobilsektor, für alle, die mit dem Auto ihr Geld verdienen beziehungsweise in diesem Bereich arbeiten. Positive Absatzzahlen sind schließlich wichtig, um das hohe Beschäftigungsniveau zu halten. Die fehlende Euphorie lässt sich eventuell durch das allgemeine Klima erklären. Eine allzu große Begeisterung in der Branche käme derzeit vielleicht nicht sonderlich gut an. Das Autojahr 2020 wird sicher auch in Luxemburg von der Klimadebatte beeinflusst werden. Es gibt derzeit viele offene Fragen, die unsere Branche betreffen. Es dürfte auf jeden Fall schwer werden, noch einmal 55.000 Neuzulassungen zu erreichen. Wir sind jedoch guter Dinge.
Es dürfte schwer werden, noch einmal 55.000 Neuzulassungen zu erreichen.
Sie haben die Klimadebatte angesprochen. Die ist ja nicht ganz neu. Wie erklären Sie sich dennoch das hohe Absatzvolumenim vergangenen Jahr?
Wir haben in Luxemburg einige Faktoren, die sehr hilfreich sind. Zum einen haben wir eine sehr dynamische Wirtschaft. Dazu gehört auch ein sehr dynamischer Automobilsektor, der viel Geld investiert, um den Kunden einen möglichst optimalen Service bieten zu können. Auch der jährliche Bevölkerungszuwachs spielt sicher eine Rolle. Ebenso wie das boomende Firmenwagengeschäft. Ein Dienstwagen ist für viele Mitarbeiter ein interessanter Anreiz, auch oder vielleicht gerade für die vielen Grenzgänger. Daher auch unsere Sorge, dass dieser Markt einbrechen könnte, wenn steuerlich daran geschraubt wird.
Laut einer Greenpeace-Studie soll der Autoverkehr für neun Prozent der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich sein. Von den übrigen 91 Prozent wird in der Regel nicht gesprochen. Vielmehr hat man das Gefühl, dass das Auto der perfekte Sündenbock für alle Klima- und Umweltprobleme ist. Macht Ihre Arbeit da überhaupt noch Spaß?
Spaß macht unsere Arbeit auf jeden Fall, sonst könnten wir gleich aufhören. Der Sektor ist – wie bereits betont – sehr dynamisch, und auch sehr fordernd. Aber gerade darin liegt vielleicht der besondere Reiz, da es keinen Stillstand gibt. Man muss immer nach vorne schauen. Ich finde das Ganze auf jeden Fall sehr motivierend. Die Autoindustrie muss sich immer wieder in Frage stellen und tut das auch – auch, weil sie von der Politik immer engere Grenzen gesetzt bekommt, wie etwa in Sachen Emissionen. In den kommenden Jahren wird sich sicher noch einiges tun. Neun Prozent sind vielleicht ein Prozent zu viel. Wenn man sich jetzt den Anteil Luxemburgs daran vorstellt, ist der definitiv minimal. In Sachen Energie- und Umweltpolitik sollte man daher hierzulande die Kirche im Dorf lassen. Von Luxemburg aus werden wir die Welt definitiv nicht retten.
Von Luxemburg aus werden wir die Welt definitiv nicht retten.
Die zum 1. März angekündigte Umstellung der Autosteuer auf die WLTP-Norm hat in den vergangenen Wochen für viel Aufregung in der Branche gesorgt. Rechnen Sie denn tatsächlich mit größeren Auswirkungen auf den Absatz oder das Kaufverhalten?
Es gab anfangs sicher eine gewisse Aufregung, aber die Wogen haben sich mittlerweile ein wenig geglättet. Durch die Umstellung der Autosteuer auf die WLTP-Norm wird das Autofahren für viele Neuwagenkäufer wohl teurer. Wer sein Auto weiterfährt, zahlt in Zukunft den gleichen Steuerbetrag wie bisher. Aus unserer Sicht ist das natürlich bedauernswert, weil der Anreiz fehlt, ein altes Auto durch ein schadstoffärmeres zu ersetzen. Auch wenn die Kraftfahrzeugsteuer in Einzelfällen um bis zu 50 Prozent steigt, muss man fairerweise jedoch sagen, dass wir in Luxemburg im Vergleich zu vielen anderen Staaten immer noch ein sehr attraktives Autosteuermodell haben.
Plug-in-Hybride sind stark im Kommen. Glauben Sie nicht, dass diese durch die Umstellung der Autosteuer auf die WLTP-Norm unattraktiv werden könnten, da viele Modelle wohl nicht unter der zur Umweltprämie berechtigenden 50-Gramm-Grenze bleiben werden?
Die Umweltprämie ist sicher ein interessanter Anreiz, aber für viele Käufer sicher nicht der einzige Grund, sich einen Plug-in-Hybrid anzuschaffen. Dass einige stärker motorisierte und schwere Modelle künftig über der 50-Gramm-Grenze liegen werden, ist vielleicht normal. Es kommen in den kommenden Monaten auf jeden Fall zahlreiche neue Plug-in-Hybride auf den Markt, die auch nach WLTP unter der 50-Gramm-Grenze bleiben. Aber selbst jene Modelle, die über diesem Wert liegen, sind in der Regel effizienter und sauberer als jene Autos, die ersetzt werden.
Rechnen Sie eventuell mit Protestaktionen während des Autofestivals, ähnlich wie jene rund um die letztjährige IAA beziehungsweise den am Sonntag zu Ende gegangenen Brüsseler Autosalon?
Ich habe bisher nichts von eventuellen Aktionen gehört, will aber diesbezüglich nichts ausschließen. Wir sind aber mit ziemlicher Sicherheit die falschen Adressaten, da wir nur die Produkte verkaufen können, die uns zur Verfügung gestellt werden. Wir sind keine Autoindustrie, sind nicht in die Entwicklung involviert und haben auch keinen Einfluss auf die Emissionswerte der von uns angebotenen Produkte.
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