Manche mögen’s heiß – andere lassen verführerische, orientalisch angehauchte Parfums dagegen relativ kalt. Das kann gleich mehrere Gründe haben.
(nr) - Manche mögen’s heiß – andere lassen verführerische, orientalisch angehauchte Parfums dagegen relativ kalt. Das kann gleich mehrere Gründe haben. Zum einen sollen unsere Ernährungsgewohnheiten wesentlichen Einfluss darauf haben, was wir gerne riechen und was nicht. So ist ab den 1980er-Jahren der Konsum zuckerhaltiger Lebensmittel stark angestiegen. Nicht ohne Grund kam daher 1992 mit „Angel“ von Thierry Mugler der erste (und meistkopierte) von zahlreichen Gourmand-Düften auf den Markt.
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„L'Ange Noir“ von Givenchy (nr) - Love it or hate it: Dieses charakterstarke Parfum, inspiriert vom mysteriösen Wesen der Femme fatale des Film noir, wird die Gemüter definitiv spalten. Die weiße Iris und der schwarze Sesam agieren als diametrale Gegenspieler, die trotz aller Widrigkeiten unwiderstehlich voneinander angezogen werden. Diese Lovestory schlägt sich in einer überraschend rauchig-süßen Pudrigkeit mit hohem Wiedererkennungswert nieder. Wer eine Straftat plant, sollte also lieber die Finger davon lassen, denn allein an „L'Ange Noir“ würde man den Täter bei einer Gegenüberstellung zweifelsfrei identifizieren können. Was sich die Produktdesigner allerdings dabei gedacht haben, als sie den Boden des Flakons in Glitzersand getaucht haben, bleibt ein Rätsel: Die kratzige Haptik ist jedenfalls eine kleine Katastrophe.
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„L'Ange Noir“ von Givenchy (nr) - Love it or hate it: Dieses charakterstarke Parfum, inspiriert vom mysteriösen Wesen der Femme fatale des Film noir, wird die Gemüter definitiv spalten. Die weiße Iris und der schwarze Sesam agieren als diametrale Gegenspieler, die trotz aller Widrigkeiten unwiderstehlich voneinander angezogen werden. Diese Lovestory schlägt sich in einer überraschend rauchig-süßen Pudrigkeit mit hohem Wiedererkennungswert nieder. Wer eine Straftat plant, sollte also lieber die Finger davon lassen, denn allein an „L'Ange Noir“ würde man den Täter bei einer Gegenüberstellung zweifelsfrei identifizieren können. Was sich die Produktdesigner allerdings dabei gedacht haben, als sie den Boden des Flakons in Glitzersand getaucht haben, bleibt ein Rätsel: Die kratzige Haptik ist jedenfalls eine kleine Katastrophe.
„N°5 L'Eau“ von Chanel (mk) - Den Duft aller Düfte gut durchzulüften ist für treue N°5-Trägerinnen ein Affront. Für alle, die den Klassiker nur als Duftsignatur von Damen eines gewissen Alters kennen, ist „L'Eau“ die Gelegenheit, sich neu zu verlieben. Hausparfümeur Olivier Polge schenkte dem Parfum eine neue Jugend, die sich in einer frischen, leichten Aldehyd-Zitrus-Komponente als Kopfnote äußert, aus der heraus sich ein Herz aus Jasmin, Ylang-Ylang und Rose öffnet. Im Ausklang lebt die Duftspur des legendären Originals wieder auf und bildet eine Art Exoskelett für die blumigeren Duftmoleküle. Das kristallklare „L'Eau“ ist aber kein Wässerchen und kann als moderne, eigenständige Komposition bestehen. Es hat nicht den unmittelbaren Wiedererkennungswert der Urformel, lässt aber eine gewisse Individualität zu, was es für jüngere Frauen interessanter macht.
„Miss Dior Absolutely Blooming“ von Dior (mij) - Dior-Chefparfümeur François Demachy hat mit „Miss Dior Absolutely Blooming“ einen wahren Leckerbissen geschaffen, denn der in zartem Rosé daherkommende Duft lässt einem das Wasser im Mund zusammenlaufen. Deutlich treten die Beerenfrüchte hervor, die perfekt mit den Rosennoten harmonieren. Für ein wenig Pfiff sorgt Pfeffer, der dieser süßen Mixtur ein wenig Charakter verleiht. Trotzdem: Als täglicher Begleiter eignet sich der Duft nur bedingt – vor allem nicht für Frauen, die der Altersgrenze von 30 Jahren immer weiter enteilen. Auch beim ersten Date würde ich eine weniger markante Duftmarke setzen.
„My Burberry Black“ von Burberry (mij) - Eine schwarze Schleife, dazu eine Kopfbedeckung im Schildpatt-Look: Der Flakon des neuen Burberry-Duftes hat sich herausgeputzt. Aber das äußere Kleid täuscht gewaltig! Schwarz ist hier nur die Verpackung, nicht das, was im Inneren steckt. Die Noten von Jasmin und Pfirsich treten deutlich hervor und erinnern an den längst vergessenen Sommer, der uns einige schöne Momente bescherte. Duftet genau so ein Herbsttag im regnerischen London? Vermutlich nicht! Eher ein goldener Septembermorgen, der mit letzter Kraft versucht, sich gegen das Einbrechen der kalten Jahreszeit zu erwehren. Vielleicht möchte uns Burberry auch nur daran erinnern, dass ein Winter nicht ewig dauert. Der nächste Sommer kommt – garantiert!
„La Panthère – Edition Soir“ von Cartier (mk) - Laut dem griechischen Philosophen Theophrastos soll der Panther von allen Tieren das einzige sein, das von sich aus gut riecht, und diesen Duft nutze er, um seine Beute anzuziehen. Das ikonische Tier, das für das Haus Cartier die Feminität verkörpert, inspirierte Parfümeurin Mathilde Laurent bereits 2014 zu „La Panthère“. In einer „Edition Soir“ verhilft sie dem Duft zu noch mehr Sinnlichkeit. Betörende Gardenie paart sich mit wohl dosierten animalischen Noten, allen voran Moschus. Sie bestimmen den raffinierten Grundton der Kreation, dem die Begegnung mit schönen Blumennuancen seine Ausstrahlung verleiht. Die feminine Chypre-Essenz im skulpturalen Flakon mit den Umrissen eines Pantherkopfes macht eine klare Aussage: „Ich bin nicht harmlos.“
„Peonia Nobile“ von Acqua di Parma (mk) - Augen schließen und eintauchen in ein Meer aus duftigen Pfingstrosen. Dieses kleine Kunststück bringt das Parfum tatsächlich fertig – selbst bei Schmuddelwetter – und das hebt die Laune ungemein. „Peonia Nobile“ ist eine sehr lebendige, ausgewogene Komposition mit einem vollen Blumenbouquet und einem strahlenden Star in der Hauptrolle: der Pfingstrose, die in den aristokratischen Gärten Italiens einen besonderen Platz einnimmt. Ihr leicht grüner Duft wird abgerundet von türkischer Rose. Himbeere verleiht ihr eine leichte Fruchtigkeit, Freesie Frische und schwarzer Pfeffer eine Prise Schärfe. Kein Sommerlüftchen demnach, sondern ein feminines Blumenkleid zum Überstreifen.
„Eau de Parfum Blanche“ von Alaïa (nr) - Stellen Sie sich vor, Sie sitzen in einem lichtdurchfluteten Wintergarten und trotz klirrender Kälte vor der Tür ist Ihnen wohlig warm. Genauso duftet die jüngste Kreation aus dem Pariser Couturehaus von Modeschöpfer Azzedine Alaïa. In Anlehnung an einen Besuch im maurischen Prachtbau Alhambra in Granada, taucht das Parfum seine Trägerin in ein cremiges Bad milchigen Lichts. Der pudrig-florale Duft, der ansatzweise an Narciso Rodriguez' „For Her“ erinnert, strahlt dabei eine feminine Eleganz aus, die überraschend unmadamig daherkommt. Damit ist die Kreation der geborene Begleiter für Frauen, die zwar scheinbar nicht altern, aber doch allmählich erwachsen werden. Zudem besitzt das „Eau de Parfum Blanche“ das Potenzial zum neuen Klassiker.
„Kenzo World“ von Kenzo (nr) - Wer schon immer wissen wollte wie Enttäuschung riecht, der erhält mit diesem Duft eine relativ gute Vorstellung. Denn so exzentrisch das Flakondesign und so unkonventionell der von Oscar-Regisseur Spike Jonze inszenierte Werbefilm, so beliebig und harmlos der Inhalt. Keine Spur der erwarteten Frische, kein Hauch von Twist. Stattdessen trifft man auf ein üppiges Blumenbouquet, gebettet auf einem warmen Fond aus Ambroxan, jenem Molekül, das an warme Haut erinnert. Böse Zungen würden sagen: ein typischer Tussiduft – wenn auch nicht der schlechteste. Trotzdem wird sich garantiert niemand nach diesem Parfum respektive seiner Trägerin umdrehen. Dazu geht er allzu leicht in der Masse ähnlicher Kreationen unter. Kurz gesagt: „Kenzo World“ ist ein Allerweltswässerchen und kein Duft, der die Welt erschüttert.
„Bonbon Couture“ von Viktor & Rolf (mij) - Ist es ein Zufall? Oder womöglich ein Zeichen? Ich darf drei Düfte testen und alle tragen eine Schleife beziehungsweise sehen wie eine aus. Zudem sind alle äußerst süß – wobei „Bonbon Couture“ die beiden Vorherigen um Längen schlägt. Beim Eau de Parfum des niederländischen Designduos, einer luxuriösen und intensiveren Neuinterpretation von „Bonbon“ aus dem Jahr 2014 werden alle nur erdenklichen Duftkomponenten eingesetzt: Zitrusnoten, Jasmin, Karamell, Vanille, Sandelholz, Patschuli ... Abenteuerlich, aber lecker! Auf Dauer könnte diese süße Visitenkarte aber etwas aufdringlich wirken. Daher bitte nur sparsam einsetzen!
„Acqua Colonia Plum & Honey“ von 4711 (nr) - Diese limitierte Winteredition aus dem für sein „Kölnisch Wasser“ berühmten Traditionshaus ist das olfaktorische Pendant zum schlabbrigen Wohlfühlpullover, mit dem man sich an einem verregneten Sonntag gemütlich aufs Sofa kuschelt. So sehr man ihn auch mag: In der Öffentlichkeit will man dann doch nicht unbedingt damit gesehen werden – höchstens im Supermarkt oder beim Spazierengehen. Denn eigentlich verkörpert die Neuauflage des Duftes aus dem Jahr 2014 alles, was man als Frischefanatiker üblicherweise verabscheut: Zum einen ist sie fruchtig, zum anderen süß. Aber eine gewisse Herbe im Hintergrund lässt einen dann doch immer und immer wieder beiläufig am Handgelenk schnuppern. Allerdings taugt es wohl eher als Körperspray, denn als vollwertiges Parfum.
„Bei den mittlerweile regelrecht Zuckersüchtigen wurde die ungewohnt süße Kreation prompt zum Kassenschlager“, erzählt Parfumeurin Françoise Donche. Inzwischen seien aber aufgrund der Besinnung auf bewusste, gesunde Ernährung wieder verstärkt cleanere, für Natürlichkeit stehende Duftkompositionen gefragt. Genauso wie moderne, zumeist leichtere Abwandlungen von Klassikern – ganz nach dem Motto: „Bei Mutti schmeckt’s am besten – aber die schwere Soße sparen wir uns dann doch lieber.“
Zudem hat Studien zufolge jeder Mensch individuelle blinde Flecken in seinem olfaktorischen Repertoire. Das heißt, die Geruchsrezeptoren nehmen bestimmte Duftmoleküle kaum bis gar nicht wahr. Bei den einen ist es praktischerweise der beißende Geruch von Schwefel, bei anderen leider das liebliche Aroma von Karamell. Dies hat zur Folge, dass verschiedene Menschen bestimmte Parfums nicht in ihrer Gänze wahrnehmen, sondern in etwa so, als würde ein Farbenblinder ein Gemälde betrachten. Im Übrigen können diese blinden Flecken auch einen allzu verschwenderischen Umgang mit bestimmten Kreationen zur Folge haben.
Persönliches Duftgedächtnis
Da Erinnerungen im Gehirn eng mit olfaktorischen Reizen verknüpft sind, spielen laut Wissenschaftlern aber nach wie vor auch persönliche Erfahrungen eine große Rolle bei der Bewertung von Düften. Wer etwa eine schöne Kindheit auf dem Land verbracht hat, wird mit hoher Wahrscheinlichkeit positivere Assoziationen zu den Ausdünstungen von Kuhmist, sowie zu modrigem Erdgeruch und würziger Waldluft haben als Stadtkinder, während letztere womöglich eher ein Faible für metallische Noten entwickeln.
Auch wer sich gerne daran zurückerinnert, mit der Oma Zimtsterne und Vanillekipferl gebacken zu haben, steht den entsprechenden Düften heute wahrscheinlich positiver gegenüber als jemand, der während der Weihnachtsplätzchenproduktion von der Affäre seines Partners Wind bekommen hat.
Welche Ernährungsstile, einschneidenden Erlebnisse und blinde Flecken unsere Parfumtester unterschwellig zu folgenden Kritiken bewogen haben, kann der aufmerksame Hobbypsychologe eventuell zwischen den Zeilen lesen.
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