Koreaner mit Sechs-Appeal
Koreaner mit Sechs-Appeal
Von Thomas Geiger (Frankfurt/Main)
Sie waren mit dem Soul und dem Niro ganz vorne dabei. Doch so richtig viel Beachtung wurde Kia an der Ladesäule bis dato nicht geschenkt. Aber damit könnte es jetzt bald vorbei sein. Denn um den Aufbruch zu illustrieren, haben sich die Koreaner nicht nur ein neues Image und ein neues Logo gegeben: Nein, sie gönnen sich auch ein neues, elektrisches Flaggschiff, das Kia auf der Electric Avenue die nötige Aufmerksamkeit und damit endlich den Anschluss sichern dürfte.
Denn wenn die Hyundai-Schwester jetzt zu Preisen ab 42.536 Euro den EV6 von der Leine lässt (die ersten Modelle sollen noch in diesem Jahr ausgeliefert werden), sehen selbst die neuen MEB-Modelle aus dem VW-Konzern ziemlich alt aus. Auch ein Mercedes EQS oder ein BMW iX scheinen nicht mehr unerreichbar.
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Elektro-Architektur E-GMP
Genau wie sein Schwestermodell Ioniq 5 nutzt der EV6 eine neue Elektro-Architektur namens E-GMP, die ähnlich konsequent und flexibel ist wie der Wolfsburger Wunderbaukasten. Sie soll allein bei Kia noch sechs weitere Modelle tragen, die zusammen mit vier umgerüsteten Verbrennern den Verkauf der Akku-Autos bis 2030 auf knapp 900.000 Exemplare im Jahr steigern sollen. Nur dass die Koreaner damit bereits einen Schritt weiter sind und wie sonst nur der Porsche Taycan und Audi e-tron GT auf 800-Volt-Technik setzten und deshalb auch an der Ladesäule Bestmarken erzielen: Den Sprung von zehn auf 80 Prozent schaffen sie in 18 Minuten und der Strom für 100 Kilometer fließt in weniger als fünf Minuten.
Dabei folgt auch der EV6 einer neuen Designsprache und will damit auf den ersten Blick auffallen. Doch wo der Ioniq 5 fast schon nach Bauhaus aussieht und sich kühl und nüchtern gibt, tritt der 4,68 Meter lange Kia sehr viel sportlicher und engagierter auf. Dazu gibt es einen Innenraum, der nicht nur reichlich Platz bietet für Mensch und Material. Schließlich misst der Radstand 2,90 Meter, der Kofferraum fasst 520 bis 1.300 Liter, es gibt jede Menge Ablagen, die sich im Gegensatz zum Ioniq 5 auch in einer wuchtigen Mittelkonsole finden – und obendrein noch einen Frontkofferraum.
Vom Start weg bietet Kia den EV in mehreren Konfigurationen mit bis zu zwei Elektromotoren für Heck- oder Allradantrieb sowie zwei Akkus mit 58 kWh oder 77,4 kWh an. Daraus ergeben sich Systemleistungen von mageren 170 PS für das Einstiegsmodell bis zu imposanten 584 PS für die sportliche Speerspitze GT, die den Preisrahmen auf für Kia-Kunden ungewöhnliche 63.809 Euro dehnt.
Je nach Antriebs- und Akkupaket kommt der Kia damit auf dem Prüfstand zwischen 394 und 528 Kilometer weit und eine intelligente Rekuperation sorgt dafür, dass die Diskrepanz in der Praxis nicht allzu groß wird.
Schnell unterwegs
Und auch der Fahrspaß kommt nicht zu kurz – und zwar nicht nur, weil der EV6 strammer abgestimmt ist als der Ioniq 5. Sondern schon die GT-Line mit 325 PS und Allrad beschleunigt in 5,2 Sekunden auf Tempo 100 und hat Auslauf bis 185 km/h. Und der echte GT kommt dann auf Sportwagen-Niveau: Schließlich sind Tempo 100 schon nach 3,5 Sekunden erreicht und den Stecker ziehen die Koreaner erst bei 260 km/h. Da müssen sich dann nicht nur die VW-Truppe und die Schwestermarke warm anziehen, sondern auch die Tesla-Visionäre.
Zwar beweist Kia mit dem EV6 reichlich Engagement, verliert sich aber nicht im Eigensinn. Den besten Beweis dafür liefert ein kleiner Adapter, der vorne im Frunk auf seinen Einsatz wartet. Wer den in die Ladebuchse steckt, kann unterwegs die Batterie anzapfen und so nicht nur sein E-Bike laden, sondern auch anderen Elektroautos mit weniger Reichweite eine kleine Stromspende geben. Besser lässt sich kaum beweisen, dass die Koreaner jetzt endlich Anschluss gefunden haben.
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