Warum Koffein nicht nur wach, sondern auch glücklich macht
Warum Koffein nicht nur wach, sondern auch glücklich macht
Interview: Frederik Wember
Koffein hat eine belebende Wirkung, auf die Kaffeetrinker schwören. Aber woher kommt diese eigentlich? Dr. Torsten Bohn forscht am Luxembourg Institute of Health (LIH) unter anderem zu pflanzlichen Inhaltsstoffen in Nahrungsmitteln – zu denen auch Koffein gehört.
Dr. Torsten Bohn, Koffein ist ein bekannter Inhaltsstoff, vor allem in Getränken wie Kaffee oder Tee. Wie wirkt dieser auf den Körper?
Der wohl stärkste Effekt betrifft das Adenosin. Das ist ein Botenstoff des Körpers, der normalerweise an Rezeptoren – also „Empfängern“ für diese Botenstoffe – koppelt. Adenosin führt dazu, dass bestimmte andere Botenstoffe, sogenannte Neurotransmitter, gedämpft werden. Dazu gehören zum Beispiel Adrenalin, Serotonin oder Dopamin, die anregend oder als Glückshormone wirken.
Koffein koppelt an die gleichen Rezeptoren wie Adenosin und blockiert sie, sodass dort kein Adenosin mehr „andocken“ kann. Deshalb beugt Koffein Müdigkeit vor und sorgt nach einsetzender Ermüdung wieder für verbesserte Aufmerksamkeit, Konzentrationsfähigkeit und Leistungsfähigkeit. Hierfür gibt es sogar einen Health-Claim der Europäischen Lebensmittelbehörde EFSA.
Je länger man wach ist, desto mehr Adenosin schüttet der Körper aus. Die Leistungsfähigkeit kehrt nach Koffein-Einnahme also für eine Weile wieder in den „Vor-Ermüdungs-Zustand“ zurück. Außerdem wirkt Koffein stimmungsaufhellend, weil wieder mehr Serotonin und Dopamin ausgeschüttet werden.
Welche weiteren Effekte haben koffeinhaltige Produkte?
Es gibt Studien, die darauf hinweisen, dass regelmäßiger Konsum von koffeinhaltigem Kaffee das Risiko verringert, an einer Depression zu erkranken, aber auch an Alzheimer oder Parkinson. Auch das ist wohl den stimulierenden Effekten von dank Koffein nicht gedämpften Botenstoffen zuzuschreiben.
Kaffee hat aber auch unabhängig vom Koffeingehalt einen positiven Effekt. Der liegt vermutlich an den Polyphenolen – anderen pflanzlichen Inhaltsstoffen, die auch in entkoffeiniertem Kaffee enthalten sind. Sie reduzieren durch ihre Wirkung auf zellulärer Ebene sowohl das Risiko von oxidativem Stress, als auch das Entzündungsrisiko, was das Herz-Kreislauf-Risiko mindert.
Die Muttermilch von Stillenden mit hohem Koffeinkonsum weist häufiger eine schlechte Qualität auf, etwa durch einen Mangel an Eisen.
Kann Koffein süchtig machen?
Koffein ist nicht zu vergleichen mit dem Suchtpotential von Alkohol, Nikotin oder anderen Drogen. Ich würde daher eher von einem Gewöhnungspotential sprechen, dass sich durch Koffeinkonsum aufbaut: zum einen durch die stimmungsaufhellende Wirkung, zum anderen kann es auch gegen Kopfschmerzen helfen, an denen viele Personen morgens leiden. Koffein vermag nämlich die Gefäße im Hirn zu verengen. Gerade bei regelmäßigen Konsumenten kann sich ein Gewöhnungseffekt einstellen, sodass sie ohne Kaffeekonsum über morgendliche Kopfschmerzen klagen.
Wie viel Koffein können wir konsumieren, ehe wir negative Auswirkungen spüren?
Empfohlen werden für Erwachsene bis zu 400 mg Koffein pro Tag. Das entspricht in etwa fünf Tassen starken Kaffees, den die meisten Leute bedenkenlos konsumieren könnten, ohne Schlafprobleme zu bekommen. Später Kaffeekonsum kann natürlich zu Einschlafproblemen führen: Die Halbwertszeit von Koffein im Körper, also die Zeit, die vergeht, bis die Hälfte des Koffeins abgebaut ist, beträgt etwa drei bis fünf Stunden. Bis das Koffein nahezu vollständig abgebaut ist, vergehen bis zu zwölf Stunden.
Für Schwangere, Stillende und Kleinkinder werden weniger als 200 mg pro Tag empfohlen. Bei Schwangeren besteht sonst ein erhöhtes Risiko für Fehlgeburten, Frühgeburten oder Neugeborene mit geringem Geburtsgewicht. Die Muttermilch von Stillenden mit hohem Koffeinkonsum weist häufiger eine schlechte Qualität auf, etwa durch einen Mangel an Eisen. Bei Kleinkindern führt Koffein, das auch in Kakao und gerade dunkler Schokolade enthalten ist, deutlich schneller zu Hyperaktivität, Unwohlsein, Konzentrations- oder Einschlafschwierigkeiten.
Gibt es einen Grund dafür, dass koffeinhaltige Getränke wie Kaffee nach dem Essen beliebt sind?
Nach dem Essen wird man häufig etwas müde, und dagegen hilft die stimulierende Wirkung von Kaffee. Außerdem inhibieren die Polyphenole im Kaffee oder auch Tee die Verdauungsenzyme – das heißt, die Enzyme arbeiten schlechter, die Nährstoffe werden langsamer aufgenommen. Dadurch, dass nach Koffeinkonsum wieder mehr Adrenalin ausgeschüttet wird, wird wohl auch die Magenmuskulatur wieder stärker angeregt und arbeitet wieder besser. Ein gesunder Digestif!
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