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Die Tricks der Blumen
Lifestyle 3 Min. 06.06.2020 Aus unserem online-Archiv

Die Tricks der Blumen

Tellerförmige Blütenköpfe bieten sich als einfach zugänglicher Landeplatz für Schmetterlinge und andere Insekten an.

Die Tricks der Blumen

Tellerförmige Blütenköpfe bieten sich als einfach zugänglicher Landeplatz für Schmetterlinge und andere Insekten an.
Foto: Shutterstock
Lifestyle 3 Min. 06.06.2020 Aus unserem online-Archiv

Die Tricks der Blumen

Christian SATORIUS
Christian SATORIUS
Ausgeklügelte Verführung: Wie Blütenpflanzen Insekten zur Bestäubung anlocken.

Bienen sehen eine bunte Blumenwiese mit ganz anderen Augen als Menschen. Ihre Facettenaugen lösen feinste Details längst nicht so gut auf. Dafür können sie Bewegungen viel besser wahrnehmen. Aber auch die Farben, die sie sehen, unterscheiden sich völlig von denen, die Menschen zu Gesicht bekommen. Rot kennen die meisten Bienen gar nicht. Dafür können sie das UV-Licht sehen, das wiederum den Menschen verborgen bleibt. So entsteht für die Insekten eine vollkommen andere Farbpalette. Biologen sprechen von den sogenannten „Bienenfarben“.

Die Pflanzen haben sich auf diese spezielle Sichtweise der Insekten eingestellt, schließlich ist ihnen daran gelegen, möglichst effektiv von den Tieren bestäubt zu werden. So kommt es, dass unter den heimischen Blumen, die vor allem von Bienen besucht werden, gelb und blauviolett sehr verbreitet sind. In den Tropen ist das ganz anders. Dort werden viele Blütenpflanzen auch von Vögeln bestäubt und die können das Rot wiederum sehr gut wahrnehmen. In hiesigen Gefilden sind es einige Tagfalterarten, die zumindest ein bisschen Rot sehen können und somit auch von purpurroten und schwarzroten Blumen angelockt werden. Blütenpflanzen, die im Gegensatz dazu vor allem von Nachtfaltern aufgesucht werden, blühen oft weiß oder grünlich-weiß, um in der Dämmerung besser gesehen zu werden. Hummeln wiederum fliegen vor allem auf blaue und violette Blüten.


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Wie Topf auf Deckel

„Da in dem Heer der vielen Blütenarten eine hohe Konkurrenz um Bestäuber besteht, müssen die Signale vielfältig sein, um an ihnen diese Blüten für Bestäuber unterscheidbar und auch leicht lernbar zu machen“, weiß der emeritierte Wiener Evolutionsbiologe Hannes Paulus. Neben der Farbe spielt auch die Form eine wichtige Rolle. Viele Blütenpflanzen haben sich auf ganz bestimmte Bestäuber spezialisiert und umgekehrt. Sie haben Strukturen herausgebildet, die nur diesen Arten erlauben, an den nahrhaften Nektar zu gelangen – alle anderen gehen leer aus. Im Extremfall kann eine Spezialisierung sogar auf nur eine einzige Spezies erfolgen.

Die Schenkelbiene kann das Öl des Gilbweiderichs über spezielle Saugpolster an ihren Beinen aufnehmen.
Die Schenkelbiene kann das Öl des Gilbweiderichs über spezielle Saugpolster an ihren Beinen aufnehmen.
Foto: Shutterstock

Um an den Nektar des Sterns von Madagaskar, einer Orchideenart, zu gelangen, muss der Bestäuber einen ungewöhnlich langen Saugrüssel haben. Nur dem Schwärmer Xanthopan morganii praedicta gelingt es, mit seinem über 20 Zentimeter langen Saugrüssel bis zum Nektar vorzudringen. In hiesigen Gegenden haben sich beispielsweise die Beinwell-Sandbienen auf die Pollen des Beinwells spezialisiert, die Schenkelbienen sind auf den Gilbweiderich angewiesen und die Blutweiderich-Langhornbiene braucht ihren Blutweiderich.

In einer sogenannten Koevolution haben sich die Pflanzen und ihre Bestäuber aufeinander eingestellt. Vorteilhaft an dieser Beziehung ist hier der Konkurrenzausschluss, Nachteilhaft kann sich aber die gegenseitige Abhängigkeit auswirken. Stirbt nämlich nur einer der beiden Partner aus, so ist es im Extremfall auch um den anderen geschehen. Aus diesem Grund ist es auch so wichtig, jede einzelne Art zu erhalten und vor dem Aussterben zu bewahren.


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Auf den süßen Duft des Nektars fliegen Bienen, Wespen, Hummeln und Schmetterlinge natürlich ebenfalls. Aber auch Schmeißfliegen und Aaskäfer eignen sich als Bestäuber. Sie bevorzugen jedoch strengere Gerüche. So setzt etwa der Titanwurz aus Sumatra mit seiner bis zu drei Meter großen Blüte auf einen deftigen Aasgeruch. Manche andere Blütenpflanzen, die derartige Gerüche verströmen, ahmen sogar optisch verfaulendes Aas nach.

Warme Mahlzeiten

„Die Motivation, Blüten zu besuchen, besteht im Erlangen von Belohnungen, zum Beispiel von Nektar“, meint Evolutionsbiologe Paulus. Nektar, Pollen und Pflanzenöle sind aber längst noch nicht alles, was Blumen zu bieten haben. Einige von ihnen locken die Tiere auch mit sicheren Schlafplätzen, geeigneten Eiablageplätzen, stabilen Landepisten, überdeutlichen Wegweisern zur Nektarquelle oder aber auch mit Wärme.

Wissenschaftler der Queen-Mary-Universität in London fanden in ihren Versuchen mit beheizbaren künstlichen Blüten heraus, dass schon ein Temperaturplus von nur vier Grad Celsius ausreicht, damit sich die Mehrheit der Hummeln dort niederlässt. Bei einem Temperaturunterschied von zehn Grad Celsius waren es fast zwei Drittel aller Hummeln, die auf die wärmeren Blüten flogen. Gerade Hummeln wissen das Wärmeangebot zu schätzen, sind sie doch im Gegensatz zu Bienen und Wespen auch bei deutlich kühleren Temperaturen unterwegs. 

Forschungsleiter Lars Chittka geht davon aus, dass sie es vor allem auf den temperierten Nektar abgesehen haben und nicht so sehr auf die warme Umgebung an sich. Die Hummeln nutzen demnach genau wie Menschen gerne ein warmes Getränk zum Aufwärmen.

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