Caravaning: Voll im Trend
Caravaning: Voll im Trend
von Rotger Kindermann
In der Tourismusbranche kursiert ein neuer Begriff. „Overtourism“ heißt das Schreckgespenst, die absurde Steigerung von Massentourismus, die immer mehr Städte, Strände und Naturschauplätze betrifft. Ein Beispiel dafür ist Venedig, wo das Verhältnis zwischen Einwohnern und Touristen schon lange aus der Balance geraten ist. Schätzungsweise 30 Millionen Menschen besuchen jährlich die Lagunenstadt mit ihren 54 000 Einwohnern. So als würden alle Einwohner der Benelux-Staaten jedes Jahr die hauptstädtische Altstadt heimsuchen.
Dass solche Menschenmassen die Infrastruktur überlasten, die Preise in Gastronomie und Einzelhandel in die Höhe treiben und der Umwelt schaden, liegt auf der Hand. Politisch angeordnete Beschränkungen sind eine Antwort auf das Problem. Doch ohne ein Umdenken der Reisenden wird man es nicht lösen können. Sie müssen sich vom touristischen Tunnelblick befreien. Wer dorthin reist, was alle für sehenswert halten, darf sich über das Gedränge am Zielort nicht wundern.
Die gute Nachricht ist, dass sich offensichtlich immer mehr Menschen für individuelle Reiseformen entscheiden. Die Fans des Caravanings nehmen zu. Besonders bei jungen Familien wächst das Interesse am Urlaub auf vier Rädern. Sie entscheiden frei – je nach Verkehrsaufkommen oder Wetter – über ihr Ziel. Jeder Standort ist von Tag zu Tag veränderbar. Wer so reist, hat Freude daran, unbekanntes Terrain zu erkunden. Er meidet die überfüllten Plätze des Massentourismus und beginnt umzudenken.
Bereit für Elektroantrieb?
Alles, was derartige Freiheiten ermöglicht, finden Sympathisanten dieser Urlaubsform bald wieder auf dem Caravan Salon in Düsseldorf. Für neun Tage – vom 31. August bis zum 8. September – wird das Messegelände am Rhein zu ihrem Treffpunkt. Auf der weltweiten Leitmesse für Reisemobile, Caravans und Campingbedarf präsentieren über 600 Aussteller eine Fülle von Weltneuheiten und Innovationen – darunter auch erste E-Wohnmobile.
Während in der Pkw-Industrie schon ein Wettbewerb um die besten Konzepte entbrannt ist, hielten sich die Wohnmobilhersteller bei diesem Thema eher bedeckt, besonders wegen der begrenzten Reichweiten. Dass sich das ändert, zeigt der E-Camper von Dethleffs aus dem bayrischen Allgäu mit Elektromotor und Solarstrom. Die Camping-Welt scheint jetzt bereit für diesen Wandel, was auch die Modelle und Prototypen anderer Produzenten beweisen. Allerdings müssen Käufer dieser Technik tief in die Tasche greifen. Die Firma Iridium verlangt für ihr Elektro-Reisemobil mit unter sieben Meter Länge stolze 170 000 Euro.
Kompakte Modelle bevorzugt
Noch ein Trend wird offenkundig. Der deutsche Caravaning Industrie Verband (CIVD), Träger des Caravan Salon, verzeichnet schon seit Jahren, dass immer kompaktere Fahrzeuge angeboten werden. Geschäftsführer Daniel Onggowinarso: „Wir sehen, dass vor allem junge Leute den Roadtrip-Charakter bevorzugen und nicht mehr so lange an einem Ort bleiben. Dazu eignen sich kompaktere Fahrzeuge, die wesentlich einfacher zu handhaben sind.“
So werden immer mehr Reisemobile auf Van-Basis angeboten. Sie taugen – anders als die großen Modelle – auch zum Alltagseinsatz, zum Wochenendeinkauf oder Familienausflug. Und sie unterliegen keiner Tempobegrenzung. Auch bei Wohnwagen geht der Trend zum Kompaktmodell – unter fünf Meter Länge mit vier Schlafplätzen sind keine Zauberei. Nicht nur die Nachfrage steigt auf Rekordniveau, die Auswahlmöglichkeiten nehmen ebenso zu.
Umweltschonender Urlaub
Kann man auch als umweltbewusste Familie mit dem Wohnwagen oder Wohnmobil Urlaub machen? Diese Frage stellen sich heute immer mehr Urlauber. Untersuchungen von Umweltinstituten kommen zu dem Ergebnis, dass im Vergleich zu einem normalen Hotelaufenthalt ein Urlaub mit dem Wohnmobil wesentlich umweltschonender ist. Allein der Stromverbrauch für Küchenbetrieb und Kühltheken sowie der hohe Wasserverbrauch tragen wesentlich zur negativen Klimabilanz eines Hotels bei.
Beim Reisemobil mit seiner begrenzten Nutzfläche kann man dagegen punktgenau verbrauchen und Einsparungen planen. Hinzu kommen geringere CO2-Emissionen durch den Verzicht auf eine Flugreise. Wie man wirksame Schritte zum „Ecocamping“ macht, beschreibt ein nützlicher Newsletter (www.ecocamping.de).
Auch die Aussteller auf dem Messegelände Düsseldorf sind auf entsprechende Fragen vorbereitet. Unabhängigkeit, Spontanität und Abenteuerlust sind die Zutaten, die einen Caravaningurlaub so faszinierend machen. Die Liebe zu Natur und Umwelt sollte aber Voraussetzung sein, wenn man sich für diese Urlaubsform entscheidet.
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