Brotzeit unter Palmen
30.10.2019
Immer eine Reise wert: Südtirol bietet den perfekten Mix aus Bergromantik und Italienidylle.
Schon im 19. Jahrhundert kam die Kaiserin Sisi, mit ihrer Tochter nach Meran zum Kuren.
von Jessika Maria Rauch
In die Region Südtirol alias Alto Adige im Norden Italiens haben sich schon viele verliebt. Im 19. Jahrhundert war es die Kaiserin Sisi, die zum Kuren mit ihrer Tochter nach Meran kam, im 20. residierten Literaten wie Franz Kafka und reiche Industrielle im Hotel Palace. Ist es das Mikroklima, das mediterrane Milde mindestens vom Frühjahr bis in den späten Herbst walten und Zypressen und Palmen gedeihen lässt? Oder die Architektur, die von Schlössern, Burgen und Jugendstilvillen hin zu modernen Glasbauten alles bietet, was das Herz von Ästheten höherschlagen lässt?
Es könnte auch die exzellente Küche sein, oder die malerische Berglandschaft. Es gibt viele Gründe, nach Südtirol zu reisen und nicht nur die großen Städte Meran und Bozen bieten Programm für einige Tage.
Großbürgertum und Geschichte
Die unnachahmliche Mischung aus traditionell und zeitgenössisch hat auch schon Größen aus den kreativen Branchen inspiriert. Ein berühmter Sohn der Stadt, Architekt und Designer Matteo Thun, baute die Thermenanlage in Meran. Vor einigen Jahren entdeckte der kanadische Medienunternehmer Tyler Brûlee die Stadt für sich und eröffnete sogar eine seiner Monocle-Boutiquen im Meraner Villenviertel Obermais. Die Geschäfte mit ausgefallenem Sortiment sind die kommerzielle Verlängerung seines gleichnamigen Kulturmagazins und sonst nur in Metropolen wie London, Hong Kong oder Mailand zu finden. Dass Meran heute noch immer eleganten Charme versprüht, erscheint dem, der sich mit der Geschichte der Stadt und der der gesamten Region beschäftigt, als logische Fortsetzung dieser.
Im Schloss Tirol in Dorf Tirol kann man bei den geführten Touren die jahrhundertealte Geschichte nachvollziehen. Die Burganlage, die Sitz der Grafenfamilie von Tirol war, bestimmt das Bild der Region mit und bietet einen herrlichen Ausblick über das Passeier Tal. Sie wurde im 11. Jahrhundert in ihrer ersten Form erbaut, im 12. und 13. Jahrhundert dann neu errichtet und ausgebaut.
Es gibt sogar eine geschichtliche Verbindung zum Großherzogtum Luxemburg: Margarete, Gräfin von Tirol (1318-1369), wurde in erster Ehe im Alter von zwölf Jahren mit dem achtjährigen Johann Heinrich von Böhmen, einem Sohn von „Johann dem Blinden“, verheiratet, von dem sie sich rund zehn Jahre später trennte. Solche Kinderhochzeiten waren damals nicht selten, um die Erbfolge zu sichern und Machtverhältnisse zu erhalten. Auf die Trennung folgte die Vertreibung des Luxemburgers, befeuert durch einen Volksaufstand des Tiroler Adels gegen die Herrschaft der Böhmen.
700 Jahre alte Olivenbäume
Die Geschichte der Region spiegelt sich auch in der Botanik wider. Die lässt sich zwar vielerorts in der Natur bewundern, aber in kultivierter und erweiterter Form auch in den Gärten von Schloss Trautmannsdorff. Bis zur Jahrtausendwende waren sie „wild“, nach professioneller Aufarbeitung sind sie seit dem Jahr 2001 als großzügige Anlage zu besuchen. 6 000 Pflanzen – teils lokale, teils exotische Gewächse aus Amerika und Asien – sind in einer Art botanischem Themenpark aufbereitet. „Ein Besuch lohnt sich während der gesamten Öffnungszeit vom 1. April bis zum 15. November. Je nach Saison blühen hier unterschiedliche Pflanzen und die verbreiten wunderbare Düfte, wie zum Beispiel der Kuchenbaum, dessen Laub im Herbst den Wind förmlich versüßt, wenn man an ihm vorbei spaziert“, sagt Kuratorin und Gartenpädagogin Dr. Karin Kompatscher.
Der älteste Baum ist ein 700 Jahre alter Olivenbaum. Auch ist die traditionelle Pergel-Weinbaumethode mit ihrer charakteristischen Kombination aus senkrechten und waagerechten Holzstangen, an denen sich die Reben entlangranken in den Gärten vertreten. Dank des Höhenunterschieds von 100 Metern eröffnen die Rundwege an den Hanglagen Panoramablicke über die gesamte Anlage. Ein Highlight ist die förmlich fliegende Aussichtsplattform von Matteo Thun.
(R)eine Familiensache
Rund 80 Prozent der Hotellerie und Gastronomiestätten sind Familienbetriebe. Die Küche verwöhnt mit Sternegastronomie wie der von Anna Matscher im Restaurant „Zum Löwen“ in Tisens. Sie ist die einzige weibliche Meisterin in dieser Klasse in Südtirol, insgesamt lassen 25 Michelin-Sterne in Summe die Region unter allen Provinzen Italiens gastronomisch gesehen am hellsten glänzen. Rustikaler, aber nicht weniger köstlich geht es in Buschen- und Hofschänken etwa beim traditionellen Törggelen zu, wenn Bauern zum Verkosten ihrer Erzeugnisse einladen. Im Herbst werden dann junger Wein und hausgemachte Säfte, Tiroler Speck, Würste und Sauerkraut serviert, dazu Knödel, Krapfen und Kastanien, auch das typische Schüttelbrot darf nicht fehlen.
Viele Landwirte verkaufen ihre Produkte an ihren Höfen selbst, wie die Familie Weger am Oberhaslerhof in Schenna, wo man etwa hausgemachte Marmeladen sowie Kräutermischungen aus dem eigenen Garten bekommt.
Südtirol ist eine Weingegend. Bereits seit mehr als 200 Jahren wird hier Weißburgunder angebaut. Die Weinlandschaft ist zu 60 Prozent von Weißwein-, zu 40 Prozent von Rotweinsorten geprägt. Bioweingute wie der Biedermannhof von Hannes Innerhofer haben sich auf wenige Sorten spezialisiert und halten es bei den produzierten Mengen bewusst klein. Das Weingut Manincor am Kalterer See baut auf 50 Hektar zertifizierten Biowein an, der von Hand geerntet und vor Ort verarbeitet wird, bevor er dann im unterirdischen Weinkeller lagert. Dort reift er in Holzfässern so kultiviert heran, wie wohl kaum ein anderer, denn er wird mit klassischer Musik von Bach, Mozart und Händel beschallt.
Vielseitige Reiseprogramme
Dass die Region Südtirol für Besucher einiges zu bieten hat, weiß auch die ULT (Union Luxembourgeoise de Tourisme), die verschiedene Reisepakete anbietet. „Südtirol hat sich zu einer beliebten Destination entwickelt und so haben wir mittlerweile unterschiedliche Formate im Programm, bei denen unsere Luxemburger Kunden auf ihre Kosten kommen“, sagt Lydia Heinisch, Executive Director ULT. Da dürfen auch E-Bike-Touren nicht fehlen. „Künftig werden wir noch etwas ganz Besonderes anbieten können: Eine Ayurveda-Reise mit medizinischer Betreuung und einer begleitenden Küche auf Sterne-Niveau.“ Gastronomie und Wellness spielen in der Region schließlich eine große Rolle.
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