Wählen Sie Ihre Nachrichten​

Besser schlafen dank spezieller Gläser?
Lifestyle 6 Min. 18.12.2022
Schlafbrille im Redaktionstest

Besser schlafen dank spezieller Gläser?

Abends besser einschlafen - dabei soll eine Brille der Marke Izipizi helfen.
Schlafbrille im Redaktionstest

Besser schlafen dank spezieller Gläser?

Abends besser einschlafen - dabei soll eine Brille der Marke Izipizi helfen.
Foto: Hersteller
Lifestyle 6 Min. 18.12.2022
Schlafbrille im Redaktionstest

Besser schlafen dank spezieller Gläser?

Sarah SCHÖTT
Sarah SCHÖTT
Hersteller Izipizi will mit einer Brille den Schlaf verbessern. Aber geht so etwas überhaupt? Nachgefragt beim Schlafforscher ...

Wer nicht gut geschlafen hat, ist am nächsten Tag oft nur ein halber Mensch. Dabei gibt es vieles, was uns vom Schlafen abhält. Die weltpolitische Lage führt dazu, dass die Gedanken kreisen, aber auch banalere Dinge können uns den Schlaf verderben – etwa zu viel beziehungsweise das falsche Licht. Dagegen hat die Marke Izipizi scheinbar ein Mittel gefunden: eine Schlafbrille. Ob und wieso eine solche Brille helfen kann, erklärt Autor und Schlafforscher Christian Benedict von der Universität Uppsala in Schweden

Christian Benedict, die „Sleeping Glasses“ sollen bestimmte Lichtspektren filtern. Wieso ist das für unseren Schlaf wichtig?

Wir haben ein inneres Uhrensystem, das Prozesse im Körper steuert – unter anderem auch, wann es Zeit ist zu schlafen und wann wach zu sein. Damit dieses System versteht, wo wir uns am Tag gerade befinden, braucht es Informationen von außen. Und die wichtigste Informationsquelle ist Licht. Das Licht trifft die Netzhaut unserer Augen, wo lichtempfindliche Rezeptoren sitzen, die auf Dunkelhit und Helligkeit reagieren. Sie sind besonders empfindlich für kurzwelliges Licht, wie etwa das intensive kurzwellige blaue Licht im Bereich von 450 und 490 Nanometer, was vor allem auch im Tageslicht und Sonnenlicht vorzufinden ist. 

Dieses blaue Licht hat eine starke Potenz, die Rezeptoren, die für Dunkelheit und Licht empfindlich sind, zu aktivieren. Diese schicken das Signal weiter an eine zentrale Uhr in unserem Uhrensystem, die dann allen anderen Uhren im Körper mitteilt, welche Tageszeit ist und was zu tun ist. Diese innere Uhr beeinflusst Dinge wie Körpertemperatur, die Freisetzung des Schlafhormons Melatonin, die Reduzierung der Stressaktivität und so weiter, die dann auch Prozesse wie „Schlafen“ und „Wachsein“ steuern.

Christian Benedict
Christian Benedict
Foto: Franziska Benedict/Univeritet Uppsala

Man soll die Brille zwei Stunden vorm Schlafengehen tragen. Sind wir abends besonders sensibel für diese Form des Lichtes?

Wenn man am Abend weniger Licht bekommt, signalisieren die Rezeptoren das normalerweise und senken die Körpertemperatur, deaktivieren die Stressrezeptoren und nehmen die Bremse vom Melatonin. Das schafft die Voraussetzung, dass wir müde werden. Das Problem ist, wenn man am Abend viel künstliches Licht nutzt – Handy, Computer, aber auch Raumlicht – kann das dazu führen, dass wir dem Körper vorgaukeln, dass es noch relativ hell ist und noch nicht die Zeit, die Prozesse zum Müdewerden in Gang zu setzen. 

Man wird dadurch später müde, muss aber trotzdem früh raus zur Arbeit. Das führt dazu, dass man zu kurz schläft. Daher kommt die Idee der Blaulichtfilter, die man etwa auf Handy und Computer herunterladen kann, oder eben für die Brille. Der Gedanke dahinter ist, dass man weiterhin Dinge sehen und machen kann, aber der Blaulichtanteil des Lichtes die Netzhaut und die lichtempfindlichen Rezeptoren nicht aktiviert.

Haben diese Hilfsmittel in Form von Brillen und Filtern auch Nachteile?

Die Idee an sich ist super, aber manche Menschen erhöhen, wenn das Bild etwa durch die Brille etwas gelblich ist, einfach die Helligkeit der Geräte. Licht hat natürlich ein Farbspektrum, aber das hat nichts mit der Helligkeit zu tun. Die für sich genommen kann immer noch ausreichen, um die Rezeptoren, die für die innere Uhr erfassen, wo wir uns in der äußeren Zeit befinden, zu aktivieren. Und damit auch die Prozesse zu unterdrücken, die die Vorbereitung des Schlafes in Gang setzen.

Entscheidend ist auch, was man abends macht.

Welche Rolle spielen individuelle genetische Voraussetzungen für den Schlaf?

Es gibt Studien mit einer Vielzahl von Leuten, die zeigen, dass es große interindividuelle Variationen gibt. Wenn man manchen Leuten fünf oder zehn Lux Licht aussetzt, zeigen sie schon eine Reduktion im Melatonin, wohingegen andere da noch überhaupt nicht ansprechen. Daneben existieren weitere Faktoren, die die Melatoninproduktion beeinflussen können, es gibt etwa Medikamente, die das Hormon unterdrücken. Auch Sport am Abend kann dazu führen, dass weniger Melatonin ausgeschüttet wird.  

Die Brillen von Izipizi sind für 40 Euro erhältlich.
Die Brillen von Izipizi sind für 40 Euro erhältlich.
Foto: Hersteller

Können wir am Tag schon beeinflussen, wie gut wir abends einschlafen?

Wir haben eine Studie durchgeführt, bei der wir Probanden gebeten haben, abends zwei Stunden auf einem Tablet zu lesen, die Vergleichsgruppe hat im Buch gelesen. Die Annahme war, dass die Tabletgruppe weniger Melatonin produziert. Aber tatsächlich konnten wir keine Unterschiede sehen. Um die Probanden standardisiert zu halten, hatten wir sie den ganzen Tag im Labor und dort schon starkem Licht ausgesetzt. Man weiß mittlerweile, dass Menschen, die mehr Licht am Tag bekommen, ihr Konto so stark auffüllen, dass sie am Abend fast keine Sensitivität mehr für artifizielles Licht zeigen. 

Ein Landwirt etwa, der ganztags auf dem Feld ist, bei dem macht es abends nichts, wenn er 30 Minuten aufs Handy schaut. Aber natürlich ist es heute, vor allem in der dunklen Jahreszeit, so, dass wir nicht viel Tageslicht abbekommen, auch weil wir oft in dunklen Büros sitzen.  Damit füllt sich das Konto nicht auf und die Sensitivität der Rezeptoren bleibt auch am Abend erhalten – wir sprechen dann stärker auf die Lichtreize an.  


Wie Blutdruck und Schlaf das Demenzrisko beeinflussen
Christian Benedict von der Universität Uppsala untersucht den Einfluss von nächtlichem Bluthochdruck auf das Risiko, an Demenz zu erkranken.

Gibt es neben Filtern und Brillen weitere Möglichkeiten, die Schlafqualität und das Einschlafen zu verbessern?

Schlafbrillen oder Programme können natürlich einen großen Nutzen haben, wenn man bedenkt, dass auch andere Faktoren wie Helligkeit oder genetische Veranlagung eine Rolle spielen. Entscheidend ist aber auch, was man abends macht. Wenn man immer noch arbeitet, weil tagsüber so viel liegengeblieben ist, ist das auch nicht unbedingt schlaffördernd, da hilft auch keine Brille. Gute Routinen und Schlafhygiene haben mitunter einen größeren Effekt als Brillen und Filter. Und wenn man genug Tageslicht tankt, muss man sich ohnehin keine Sorgen machen.

Folgen Sie uns auf Facebook, Twitter und Instagram und abonnieren Sie unseren Newsletter.


Lesen Sie mehr zu diesem Thema

Ein gestörter Tiefschlaf könnte Frühwarnzeichen für eine Alzheimererkrankung dienen – Berner Forscher wollen diese Schlafphase mit akustischen Reizen stärken.