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Zapping: Agatha Christie auf Iberisch
Kultur 1 3 Min. 15.06.2019 Aus unserem online-Archiv

Zapping: Agatha Christie auf Iberisch

Wie die Protaonisten schnell feststellen, läuft auf diesem stolzen Schiff alles ganz anders als erwartet.

Zapping: Agatha Christie auf Iberisch

Wie die Protaonisten schnell feststellen, läuft auf diesem stolzen Schiff alles ganz anders als erwartet.
Foto: Netflix
Kultur 1 3 Min. 15.06.2019 Aus unserem online-Archiv

Zapping: Agatha Christie auf Iberisch

„Alta Mar ist eine mitreißende Crimesatire - mit viel Spannung und britischem Charme

von Marcel Kieffer

Nordische Thriller, das war einmal. Und nach den britischen Serien stehen nun die spanischen Produktionen mehr denn je hoch im Kurs. Und hier hat Netflix mit „Alta Mar“ wieder ein heißes Eisen im Feuer.

„Alta Mar“ ist vor allem zweierlei: eine gute Geschichte und ein mittelmäßiges Setting, doch die Kombination greift, und so dürfte auch die dritte spanische Originalproduktion des US-Streamingriesen nach vor allem „La casa de papel“ als Erfolg verbucht werden können.

Mit an Bord wurde diesmal auch wieder das Produktionsstudio Bambú genommen, mit denen das iberische Abenteuer dank der historischen Dramaserie „Die Telefonistinnen“ (2017) positiv gestartet worden war.

Etwas angenehm Antiquiertes geht von dieser Serie aus, die gekonnt mit dem nur scheinbar verstaubten Charme berühmter Vorgänger des literarischen und filmischen Crime-Genres kokettiert. Irgendwie schwebt dabei der Geist der „grand old lady“ Agatha Christie und ihrer legendären Figur Hercule Poirot über dieser von Ramón Campos und Gema R. Neira geschriebenen Produktion.

Die thematischen und atmosphärischen Anleihen z. B. bei Mord im Orientexpress, sind omnipräsent, wobei die auf Gedeih und Verderb auf sich selbst gestellte Schicksalsgemeinschaft mit unbekanntem Mörder in ihren Reihen sich in diesem Fall nicht in Eisenbahnwaggons, sondern auf einem Hochseedampfer wieder findet. Das Schiff ist die Bárbara de Braganza, die kurz nach dem Zweiten Weltkrieg mit 1 600 Passagieren an Bord von Spanien nach Brasilien aufbricht.

Zwei Schwestern auf grosser Fahrt

Mit von der Reise sind die beiden Schwestern Eva (Ivana Baquero) und Carolina Villanueva (Alejandra Onieva), begleitet von ihrem Onkel Pedro Villanueva (José Sacristán) und zwei Dienerinnen, denn es sind Töchter aus besserem Haus, von denen eine auf hoher See den Sohn des Reedereibesitzers Fernando Fábregas (Eloy Azorín) heiraten soll. Doch natürlich läuft alles ganz anders als erwartet auf diesem stolzen Schiff, wo streng nach sozialen Klassen unterschieden wird und viele verschiedene Schicksale in einem ungewissen historischen Moment sich begegnen.



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Mysteriöse Morde auf hoher See

Schon beim Einschiffen schmuggelt die aufgeweckte Eva eine um Hilfe bettelnde Frau (Manuela Vellés) als blinde Passagierin an Bord. Und bald geschieht der erste Mord an Bord, ehe Diebe es auf das Reisegepäck der Schwestern abgesehen haben. Offensichtlich suchen sie nach etwas Bestimmtem, wofür sie zu allem bereit sind. Doch was ist es, und hat es mit der Geschichte der Familie Villanueva zu tun? Wer sucht was, und wer hat was zu verbergen?

Zu allem Überfluss erweist sich der Kapitän alles wenig zuverlässig, und dann zieht auch noch ein fürchterlicher Sturm auf … In der Not können Eva und Carolina auf den feschen Ersten Offizier Nicolas Vázquez (Jon Kortajarena) zählen. Doch auch er hat ein dunkles Geheimnis.

Irgendwo zwischen Satire, Komödie und „film noir“ siedelt sich diese Serie an, die den Zuschauer mit ihrer bisweilen komplizierten, wendungsreichen Geschichte überfordern kann, jedoch durch ihren starken Spannungsfaktor besticht.

Dafür sorgen zahllose „cliffhanger“, die immer wieder die Handlung neu beleben und unerwartete Entwicklungen einleiten. Die Macher der Serie haben sichtbar viel Vorbereitung und Fantasie in die Produktion investiert, die allerdings durch ihr offensichtliches Studio-Ambiente etwas an maritimem Realismus vermissen lässt.

Was aber dem spezifischem Agatha-Christie-Charme keinen Abbruch leistet, im Gegenteil. Bei der Fortsetzung ihrer iberischen Marktstrategie, hat Netflix wieder ein glückliches Händchen bewiesen, und so dürften die von der Serie „Alta Mar“, ihren hervorragenden Schauspielern und stimmungsvollen musikalischen Einlagen entzückten Zuschauer sich auf die bereits abgedrehte zweite Staffel freuen.

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„Alta Mar“ (oder „High Seas“) ist in acht Episoden auf Netflix abrufbar.




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