"X-Men: Dark Phoenix": Jenseits von Gut und Böse
"X-Men: Dark Phoenix": Jenseits von Gut und Böse
Dass mit Macht nicht nur Verantwortung, sondern auch Versuchung einhergeht, muss derweil die junge Mutantin Jane Grey (Sophie Turner) recht schmerzhaft erfahren, als eine Rettungsaktion im All sie in Kontakt mit einer kosmischen Materie bringt, die ihre Kräfte so verstärkt, so dass sie diese plötzlich nicht mehr kontrollieren kann.
Alsdann muss sie, der Phoenix, sich – buchstäblich jenseits von Gut und Böse – entscheiden, wo denn eigentlich ihre Loyalität liegt - und wer ihr Vertrauen verdient hat und wer nicht.
Währenddessen müssen ihre Kollegen der X-Men-Ziehfamilie allen voran Professor Charles Xavier (James McAvoy) ihrerseits mit sich ausmachen, ob eines ihrer verirrten Teammitglieder zu retten, rechtfertigt die ganze Welt dabei in Gefahr zu bringen.
Ein weiteres Kapitel der weiblichen Offensive
Die Herren der Schöpfung müssen sich also wieder einmal warm anziehen, denn die Damen schlagen hier zu – und zwar so kräftig, dass die Situation sogar den zwei bisherigen gut/böse Vaterfiguren Charles Xavier und Magneto (James McAvoy und Michael Fassbender) schnell über den Kopf wächst.
Hollywood schreibt mit seinem neuen X-Men-Opus also ein weiteres Kapitel der weiblichen Offensive, die bereits „Star Wars“ mit seiner Figur der Rey anklingen ließ und auch das Marvel-Universum schon mit „Captain Marvel“ ausgiebig ausgeschöpfte.
Und die bisherige Testosteron-Bastion der Mutanten beugt sich ebenso leicht der Frauenpower wie die anderen Sagas – nicht zuletzt, weil es zudem noch eine manipulative Gegenspielerin aus dem All in Gestalt der undurchsichtigen Jessica Chastain gibt.
Eine blasse Sophie Turner und fehlendes Relief
Sophie Turner, die „Game of Thrones“-Sansa Stark und nun junges Alter Ego von Jane-Grey-Famke Janssen, wirkt leider etwas blass als Phoenix, die aus ihrem Kindheitstrauma und deren Spätfolgen wiedergeboren wird. Dies fällt umso stärker auf, da sie an der Seite des erneut u. a. Nicholas Hoult (Beast) und Jennifer Lawrence (Mystique) umfassenden und gewohnt routinierten Darsteller-Team steht.
In ihrem Ansatz interessant, doch leider zu unausgeschöpft beziehungsweise zu simplistisch aufgearbeitet, bleibt das Potenzial der Familienkonstellationen, die sich ans aktuelle Patchwork-Zeiten angepasst haben, sowie eine tiefgründigere Erforschung der Beziehungen und Motivationen der einzelnen Figuren. Wenngleich Action nicht Überhand gewinnt, fehlt es Letzteren an Relief.
Der Brite Simon Kinberg, der für die Drehbücher von „X-Men: Apocalypse“ und „X-Men: Days of Future Past“ verantwortlich zeichnet, tritt hier erstmals hinter die Kamera und achtet einfach nur darauf, dass die geübte Filmmaschinerie so geschmiert läuft, wie man dies von ihr gewohnt ist.
Unterm Strich ergibt das solides Popcorn-Kino, das die Komplexität seines weiblichen Potenzials nicht wirklich ausschöpft.
