Wo bleibt die Band?
Wo bleibt die Band?
Von Diego Velazquez
Die US-amerikanische Band Wilco ist der idealtypische Vertreter der sturen Independent Rock Band. Seit mehr als 20 Jahren zieht die Truppe um Jeff Tweedy konsequent ihr Ding durch, unabhängig von jeglicher Mode und jedem Trend.
Nach Lust und Laune wird bei jedem neuen Album ein wenig herumexperimentiert, ohne sich dabei zu verbiegen; mal ist es rockiger, mal darf alles poppiger und leichter klingen, mal sind es besonders viele Gitarrensolos und manchmal sind gar einige elektronische Spielereien dabei. Die Basis bildet aber immer eine vom Folk und Country geprägte Rockmusik – eigentlich nichts, was besonders hip wäre. Doch in dieser Ambivalenz liegt wiederum der besondere Charme von Wilco. Die Band besitzt die Eigenschaft, eine eigentlich eher konservative Musik zu pflegen, ohne sich dabei zu wiederholen.
Zurück zur Leichtigkeit
Auf ihrem neuen Album „Schmilco“ feiern die Amerikaner nun die Schlichtheit. Und achten auch auf die Stromrechnung. Die akustischen Gitarren prägen den Sound der Band wie schon lange nicht mehr. Die Songs sind auffallend kurz und die gesamte Albumlänge umfasst nur knappe 36 Minuten. „The Whole Love“ aus dem Jahre 2011 schafft es auf stolze 55 Minuten und „A Ghost is born“ von 2004 dauert 67 Minuten.
Die Band nahm sich Zeit, ihre Stücke als Reisen zu gestalten, in denen man sich manchmal verlaufen konnte, aber immer den Weg zurück ins bekannte Americana Territorium fand – manchmal sogar unverhofft. Das war spannend. Jeder Musiker von Wilco wurde zum vertrauten Weggefährten.
„Schmilco“ hingegen geht direkt zum Punkt – Umwege gibt es hier keine. Der Song wird wieder zum Epizentrum der Band. Jegliches Gefühl und jede Stimmung gehen von Jeff Tweedys Melodien und Gesang aus.
Die hochkarätige Band rückt dadurch notgedrungen in den Hintergrund. „Schmilco“ ist wahrscheinlich das zugänglichste und bislang kohärenteste Werk der Band. Anders als auf den Alben zuvor haben hier weder Chaos noch Komplexität einen Platz.
Dabei sind die musikalischen Details natürlich immer sehr liebevoll arrangiert, doch sind diese nicht besonders prägend. Alles kommt subtil locker und befreit leicht daher – gleichzeitig aber auch vorhersehbar.
Diese Eigenschaften erlauben es dem vergesslichen Zuhörer wieder zu entdecken, was für ein großartiger und vielseitiger Liedermacher Jeff Tweedy ist. Bei den langen, oft üppig arrangierten Alben der letzten Jahre, war das manchmal überhörbar. Auf „Schmilco“ definitiv nicht – auch wenn es auf Kosten der Originalität der Band geht.
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