Wie spannend ein Abendessen sein kann
Wie spannend ein Abendessen sein kann
Von Cordula Schnuer
Eine Künstlerresidenz in Bourglinster hat die amerikanische Fotografin Lois Bielefeld aus Milwaukee, im US Bundesstaat Wisconsin, für zehn Wochen in das kleine luxemburgische Dorf verschlagen. In ihrer Arbeit setzt sich die Künstlerin mit den alltäglichen Gewohnheiten von Menschen aus unterschiedlichen sozialen Verhältnissen auseinander und fängt dabei ein intimes Porträt des Großherzogtums ein.
„Ich wusste wirklich nicht sehr viel über Luxemburg“, gesteht die Fotografin im Interview. Das hatte sie jedoch nicht davon abgehalten, sich auf die Ausschreibung des Museum of Wisconsin Art zu melden. Mit finanzieller Unterstützung der dortigen Ansay Development Corporation, einem Familienunternehmen aus der Umgebung, und in Zusammenarbeit mit dem Luxemburger Kulturministerium, ist es die erste Residenz, die das amerikanische Museum in den 2013 eröffneten Künstlerwerkstätten in Bourglinster ausrichtet.
Unter mehr als 40 Kandidaten konnte sich Bielefeld durchsetzen. Ihr Arbeitgeber – eine Kaufhauskette, für die sie als Modefotografin arbeitet – stellte sie frei und Anfang Februar landete die Künstlerin im Großherzogtum. Doch der Anfang war alles andere als einfach. Als Teil ihres laufenden Projekts „Weeknight Dinners“ wollte sie Porträts von Menschen fotografieren, die sich gerade an den Abendessenstisch gesetzt haben.
„Ich interessiere mich für Gewohnheiten, die verbindenden Eigenschaften, die Menschen zusammenbringen“, erklärt die 37-Jährige. Anfängliche Versuche, Fototermine zu vereinbaren, brachten nur wenig Erfolg. „Mein erster Eindruck war, dass die Menschen sehr privat in Bezug auf ihr Zuhause sind.“
Das Blatt wendete sich mit Hilfe von Kontakten vor Ort. Ihr Terminkalender war schnell ausgebucht und sie konnte die Wärme und Gastfreundschaft der Bevölkerung entdecken. „Jeder hat mich eingeladen, mit ihnen zu essen. Eine Mahlzeit in einem fremden Land zu teilen, ist etwas sehr Besonderes.“ Sprachbarrieren wurden einfach mit Händen und Füßen durchbrochen. „Es ist eine Herausforderung, als Künstler unter einem solchen Zeitdruck zu arbeiten, aber es geht um die Verbindungen und Begegnungen mit den Menschen.“
„Der Anfang von etwas Größerem“
Eine zweite Serie aus Luxemburg ist noch in der Entstehungsphase. Bereits vor ihrer Ankunft war Lois fasziniert davon, dass sich ein Großteil der Bevölkerung – zumindest auf dem Papier – als katholisch identifiziert. Auf ihren Fahrten durch das Land fiel der Fotografin immer wieder die zentrale Rolle, die Kirchen in den Dörfern spielen, auf. „Ich interessiere mich dafür, warum Menschen gläubig sind“, erklärt sie.
„Ich habe tiefen Respekt für Menschen, die ihren Glauben leben.“ Wie genau das Projekt am Ende aussehen wird, weiß Bielefeld aber noch nicht. „Normalerweise arbeite ich mindestens ein Jahr an einer Serie“, so die Künstlerin. „Ich werde so viel Inhalt wie möglich sammeln und dann anfangen, es zu sortieren.“ Es war ihr scharfes Auge für klare, aber doch stimmungsvolle Motive, die die Jury überzeugt haben, wie Kate Ansay von der „Ansay Development Corporation“ erklärt. „Wir sind alle sehr gespannt zu sehen, was sie in ihrer Zeit in Luxemburg geschaffen hat.“
Die Bilderserie aus Luxemburg wird in Wisconsin weitergeführt werden. Bielefeld hat dort bereits einige Nachfahren der Luxemburger Auswanderergemeinde in der Kleinstadt Belgium fotografiert, wo sich auch das „Luxembourg American Cultural Centre“ befindet.
Die kulturellen Bande zwischen den beiden Ländern sollen auch in Zukunft weiter gestärkt werden. Nächstes Jahr soll ein Künstler aus Luxemburg in die USA reisen. Im Wechsel soll das Residenzprogramm dann weitergehen. Bielefeld wird Mitte April wieder nach Milwaukee zurückkehren, doch die Reise wird damit nicht zu Ende sein.
Die Fotografin möchte nicht nur ihre Bilder gerne irgendwann in Luxemburg ausstellen, sondern hält fest: „Luxemburg wird nun ein Teil von mir sein. Ich könnte mir durchaus vorstellen, einige Jahre hier zu leben. Ich sehe das nicht als Ende eines Kapitels. Es ist der Anfang von etwas Größerem. Ich weiß nur noch nicht was.“
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