Widerstand sinnlos!
Widerstand sinnlos!
Von Diego Velazquez
Liebe ist nicht immer eine rationale Angelegenheit. Attraktivität auch nicht. Beide sind manchmal schwer zu erklären und oft weiß man selbst nicht, warum man sich gerade diese eine Person so bezaubernd findet. Genau in dieser Situation befindet sich gerade die französische Musikpresse, die sich schwer damit tut, zu erläutern, warum sie Fishbach so wundervoll findet. Fishbach ist das Bandprojekt der jungen Französin Flora Fischbach. Eigentlich ist ihre Musik nicht bahnbrechend. Im Gegenteil.
Die Sängerin, Jahrgang 1991, aus den französischen Ardennen, bedient sich äußerst großzügig an Soundelementen der 1980er-Jahre. Etwas zu sehr könnte man manchmal meinen. Einige Passagen ihres Debütalbums „A ta merci“ klingen oft verdächtig nach dem einen oder anderen New Wave oder Synthie-Pop-Hit dieser Epoche. Eine Epoche, die Flora Fischbach dazu gar nicht miterleben konnte. Diese Prämissen könnten verschrecken; doch das wäre ein schwerwiegender Fehler. Hinter der 80s-Revival-Fassade steckt die unheimlich eindrucksvolle Stimme einer verstörend selbstbewussten jungen Künstlerin.
Es wäre nämlich sehr einfach, mit diesem Stil voll auf die Nase zu fallen. Fishbach weiß das auch und kokettiert manchmal sehr bewusst und gewagt mit den Grenzen des Erträglichen – ob Plagiat oder Kopie, Klischee oder Ideenlosigkeit.
Die Französin spielt nur allzu gerne mit diesen Vorwürfen. Denn egal, wie man es dreht, dem Zuhörer bleibt bei den meisten Liedern von „A ta merci“ oft nichts anderes übrig, als über die melancholische Eingängigkeit der Melodien zu schwärmen und ihr infernales Hitpotenzial zu bewundern.
Verkörperung der Französin
Gleichzeitig ist Flora Fischbach eine erstaunliche Figur. Die Dame verkörpert fast alles, was an der französischen Kultur fasziniert. Das beginnt beim eigenartigen Kleidungsstil, der sich bewusst von den volatilen angelsächsischen Modetendenzen distanziert. Vom 80s-Pop ist visuell nicht viel bei Fishbach zu erkennen. Die Garderobe verzichtet zum Glück auf die unsäglich überhippen Neonfarben und die flashy Sneakers.
Nur die verformte E-Gitarre verweist auf dieses Jahrzehnt. Ansonsten ist alles angenehm elegant und zeitlos. Auch wirkt die Sängerin so unerreichbar distanziert. Was woanders als Arroganz wahrgenommen werden könnte, wirkt aber in den sympathischen Interviews der Sängerin als Zeichen der Bescheidenheit. Gleichzeitig zeugt Flora Fischbach von eigenwilliger Attitüde. Die Frau mit Gitarre wirkt natürlich und unkonstruiert.
Ihre Musik klingt auf der Bühne rau und hausgemacht. Die Texte sind mehr poetisch als sie logisch sind, was dem Werk eine mystische Note verleiht. Alles wirkt dazu erfrischend authentisch. Am eindrucksvollsten bleibt aber Flora Fischbachs Stimme, die besonders in ihren Tiefen glänzt. Sie besteht aus einer Prise von den Nägeln, die in Kurt Cobains Rachen kochen, etwas von Kate Bushs Melodramatik und einer Eigenartigkeit à la Tori Amos, dazu sehr viel Persönlichkeit.
Dass all diese Widersprüche so kompakt und gut verpackt werden konnten, spricht für die Reife der Künstlerin. Dabei ist zwar nichts sonderlich Neues. Aber dafür schon lang Vermisstes.
Fishbach: „A ta merci“, Label: A+Lso, Preis: CD E 13,99; MP3 E 10,99, Länge: 42:07 min. (12 Tracks), Konzert am 3. Mai im Rahmen der „Aralunaires17“ in Arlon.
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