Rolling-Stones-Legende Keith Richards wird 75
Rolling-Stones-Legende Keith Richards wird 75
(KNA) - Vor zwei Jahren, nachdem zuvor viele berühmte Musiker verstorben waren, kursierte im Internet ein Foto. Es zeigte Keith Richards, breit lächelnd mit einer Zigarre im Mundwinkel, der ein Schild in der Hand hielt. Als Text hatte jemand darauf eingefügt: "I survived 2016" ("Ich habe 2016 überlebt"). Am Dienstag wird der Rolling-Stones-Gitarrist 75 Jahre alt.
Geboren im südenglischen Dartford, wuchs Richards in einfachen Verhältnissen auf. Die Liebe zur Musik entdeckte er im Knabenchor, mit dem er einmal in Westminster Abbey vor der Queen auftrat. Sein Großvater weckte sein Interesse für das Gitarrenspiel - darüber veröffentlichte der Weltstar vor vier Jahren das charmante Kinderbuch "Gus & ich". Den Nachbarsjungen Mick Jagger verlor Keith nach dessen Umzug aus den Augen, bis sich eine der wohl bekanntesten Anekdoten der Popkultur zutrug. Ein zufälliges Treffen am Bahnhof, Blues-Schallplatten unter Jaggers Arm, ein Wortwechsel - der Rest ist Musikgeschichte.
In London lernten beide Brian Jones kennen und gründeten gemeinsam jene Band, die eine der erfolgreichsten aller Zeiten werden sollte. Jones - manche sagen, der talentierteste, andere sagen, nur der exzentrischste der Stones - starb mit 27 Jahren. Das Songwriter-Duo Jagger/Richards sorgt noch über 50 Jahre später für volle Konzertarenen, gemeinsam mit Charlie Watts und Ron Wood. Dabei hätte Richards selbst es wohl kaum für möglich gehalten, dass er so lange auf Erden weilen würde. 1971, da war er 28 Jahre alt, erklärte er, niemand müsse das "biblische Alter" von 70 erreichen. Später sagte er, er hätte nie geglaubt, dass er älter als 50 werden würde, "schon gar nicht mit den Stones".
Mitverantwortlich für Songs wie "Satisfaction", "Angie" oder "Gimme Shelter", trat der Gitarrist auch immer wieder als Sänger in Erscheinung. Sein erstes Solo auf einem Stones-Album sang er 1969. Wenn er heute auf Konzerten ans Mikrofon tritt, wird der Jubel immer noch ein bisschen lauter. Wer einwendet, er könne doch gar nicht singen, stellt ganz offensichtlich die falsche Frage. Scherze über die Zähigkeit dieses Musikers gibt es wie Sand am Meer. Mindestens genauso sehr lieben ihn seine Fans für die selten gewordene Leichtigkeit, die er ausstrahlt, für seine Fähigkeit, über sich selbst zu schmunzeln, auf entwaffnend jungenhafte Art.
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Zu den wunderbarsten Momenten des ohnehin phänomenalen Stones-Konzerts 2013 im Londoner Hyde Park gehörte der allererste Akkord beim Intro von "Start Me Up", den Richards, nun ja, nicht ganz traf. Der Mann an der Gitarre ist kein Virtuose; er bezeichnet sein Musizieren als eher intuitiv. Er ist so etwas wie die lebende Definition von Rock'n'Roll, aber ohne die schwere, bisweilen bräsige Ernsthaftigkeit, die manche seiner Musikerkollegen im Alter entwickeln.
Er scheint alles mit einem Augenzwinkern zu tun. Wer ihn spielen hört und seine Freude auf der Bühne erlebt, der spürt zugleich seine Liebe zur Musik. Wenn Richards während einer Show in die Knie geht, dann ist das keine Rockstar-Pose, sondern ein regelrechtes Hineinknien in die Musik.
Sänger Jagger bezeichnen viele als Kopf der Stones. Nicht nur, weil er der Frontmann ist, sondern auch, weil er nach schlechten Erfahrungen in den Anfangsjahren die wirtschaftlichen Zügel in die Hand nahm. Trotz manch öffentlich ausgetragen Hahnenkampfs ergänzen sich die Musiker perfekt: Wenn Mick Jagger der Kopf der Stones ist, ist Keith Richards ihre Seele.
Wobei er immer wieder für Verzögerungen im Betriebsablauf sorgt. 1998 startete eine Tournee später, weil er von einer Bibliotheksleiter stürzte, 2006 fiel er von einer Palme. Im Folgejahr war er erstmals im Kino zu sehen: als Vater des Piratenkapitäns Jack Sparrow, gespielt von Johnny Depp, der sich nach eigenen Worten vom Stones-Gitarristen für seine Paraderolle inspirieren ließ. Auch jenseits der Bühne scheint Richards das Spiel mit der Legendenbildung Spaß zu machen. Er wolle nicht analysieren, wie er alles überlebt habe, erklärte er einmal. Das Geheimnis sei, nicht zu hinterfragen, warum es laufe - solange es laufe.
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