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Poetisches, allzu Poetisches
Kultur 1 2 Min. 14.05.2017 Aus unserem online-Archiv
"Vilnius" von Tom Schilling

Poetisches, allzu Poetisches

Elf Jahre hat er an seinem Debütalbum „Vilnius“ gearbeitet: Schauspieler und Indieliebling Tom Schilling.
"Vilnius" von Tom Schilling

Poetisches, allzu Poetisches

Elf Jahre hat er an seinem Debütalbum „Vilnius“ gearbeitet: Schauspieler und Indieliebling Tom Schilling.
Foto: Alexandra Kinga-Fekete
Kultur 1 2 Min. 14.05.2017 Aus unserem online-Archiv
"Vilnius" von Tom Schilling

Poetisches, allzu Poetisches

Pol SCHOCK
Pol SCHOCK
Zu seinen Vorbildern zählt er Leonard Cohen, Nick Cave und Rammstein. Der Schauspieler und Indieliebling Tom Schilling wagt nun den Schritt auf die musikalische Bühne und veröffentlicht mit „Vilnius“ ein qualitativ hochwertiges Debütalbum.

Von Pol Schock

Schauspieler, die irgendwann anfangen zu singen, gelten als verdächtig. Das mit dem Singen nimmt man ihnen oftmals nicht so recht ab. Es schwingt stets der Verdacht mit, sie würden ihre Popularität nutzen, um zusätzlich Aufmerksamkeit zu erringen – eine andere Bühne als Egoshow. Ob Kiefer Sutherland, Johnny Depp, oder kürzlich Matthias Schweighöfer – so richtig überzeugen wollen solche Projekte dann auch nicht.

Doch kürzlich hat es erneut jemand versucht. Jemand, der von sich behauptet, überhaupt nicht singen zu können. Doch das Ergebnis ist beeindruckend. Die Rede geht vom deutschen Schauspieler und Indieliebling Tom Schilling.

„Meine erste Liebe war ein Mann. Nämlich Nick Cave.“ Wer solche Sätze in der „Süddeutsche Zeitung“ von sich gibt, zeugt zwar von Stil und Geschmack – setzt sich aber mit solch einer Referenz auch eine ordentliche Messlatte.

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Und „Kein Liebeslied“, der erste Track von „Vilnius“, klingt gleich wie ein Ode an den großen dunklen Meister. Zwar kann Schilling nicht so tief grollen wie Cave doch Intonation, Timing und Text stehen dem Altmeister in nichts nach. Musikalisch erinnert der erste Track an Creedence Clearwater Revivals Bluesversion von „I Put A Spell On You“ – ein Bluessong, der auch bereits von Cave gecovert wurde. Überhaupt befindet sich auf „Vilnius“ recht viel Blues. Denn anders als der Name vermuten lässt, spielen „The Jazz Kids“ keinen Jazz.

Bar jedes Hypes

Allerdings auch keinen Nullachtfünfzehn-Blues, wie man ihn von Zigtausenden Bands kennt, sondern intelligent arrangierten und leidenschaftlich gespielten dunklen Gitarrenblues à la Madrugada, Tom Waits oder Leonard Cohen.

Elf Jahre hat sich Schilling nach eigenen Angaben für diese Platte Zeit gegeben. Er hat Texte sowie Melodien allesamt selbst geschrieben. Und so klingen Texte und Sound auch irgendwie zeitlos bar jeder Trends und Hypes. Schilling spricht von Sehnsucht, Liebe und Hochmut: „Ein höhnischer Wind bläst und verweht / Kindliche Hoffnung wenn die Liebe vergeht“. Überhaupt liegt Tristesse und Schwere auf „Vilnius“ – doch da sich Schilling nicht vor großen und gefälligen Melodien scheut, verliert das Album nicht an Leichtigkeit.

Zudem konnte der Berliner und Star aus Filmen wie „Oh Boy“, „Crazy“ und „Verschwende Deine Jugend“ den großen Gerhard Richter davon überzeugen, sein Bild „Seestück“ als Cover zu benutzen. Wie ihm das gelang? Er hat Richter einfach einen Brief geschickt. Ein rundum geglücktes Album für Zweifler, Grübler und Ästheten.


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