Neue Mangakunst aus Luxemburg
Neue Mangakunst aus Luxemburg
Fester Bestandteil der hiesigen Manga-Szene sind die drei Künstler Kumiyo, Sabrina Kaufmann und Claudio Valentino Sorgo, die seit Jahren zeichnen, veröffentlichen und selbst Kurse geben. In der aktuellen Ausstellung „Manga made in Luxemburg“ stellen die Mangaka sich und ihre Arbeiten in Differdingen vor. Die Schau ist noch bis Samstag, 27. April, im Aalt Stadhaus geöffnet.
Die ursprünglich aus Japan stammenden Mangas hoben sich anfangs durch bewegungsreichen und komplexen Inhalt von westlichen Comics ab. Markant ist auch ihre spezielle Art der Figurengestaltung, die vor allem in – für junge Leser gedachten – Bänden oft auf dem Kindchenschema mit den großen Augen basiert. Aber egal ob für Kinder, Jugendliche oder Erwachsene: Gelesen wird von rechts nach links.
Als früheste Vorläufer gelten zwar japanische Querrollen aus dem 11. Jahrhundert, aber das moderne Manga wäre nicht ohne den Einfluss westlicher Comics, welche nach der Öffnung Japans um die 1860er-Jahre ins Land kamen, möglich gewesen. Japanische Künstler übernahmen die typischen Sprechblasen und das Erzählen in fortlaufenden Bildern. Während man in Japan den Begriff Manga auf alle Comics anwendet, werden im Westen darunter allein die aus Japan stammenden Bildergeschichten verstanden.
Intellektueller Impuls und Kompass für das Leben
Meinungsbildend und intellektuell: Das verbindet die Japanerin Kumiyo mit den Bildergeschichten ihrer Heimat. „Dass Mangas etwas für Kinder und Jugendliche sind, ist ein Missverständnis“, erklärt die Zeichnerin, die seit 2015 in Luxemburg lebt.
„Mangas sind in Japan nicht zum Ablenken, sie können Meinungen ändern und Möglichkeiten für das Leben aufzeigen.“
Die Entstehung dieses westlichen Irrglaubens erklärt sich Kumiyo mit dem frühen Import der Animeserien aus Japan nach Europa. Aber sie verfolgt, wie sich ein Wandel vollzieht. „In Frankreich werden immer mehr Mangas übersetzt.“
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Kumiyo arbeitet als freie Künstlerin in Differdingen. Hier entstand „Alice et le jeune pompier Skippy“, ihr erstes Manga, welches die Gemeinde angefragt hatte.
Roboter für Luxemburger Kinder
Die Zeichnerin hat längst ein neues Projekt: ein Science-Fiction-Manga, das in Luxemburg spielt. „,Initiation Children’ erzählt von einer Zukunft, in der Erwachsene von Mindestgrundeinkommen leben und Kinder von Androiden erzogen werden“, erklärt Kumiyo. Die Zeichnerin plant, einige Episoden im Netz zu veröffentlichen, sucht aber einen Verlag für eine gedruckte Version.
Als hartnäckiger Autodidakt zum persönlichen Stil
Noch drei Jahre, dann will Claudio Valentino Sorgo von seiner Leidenschaft leben. Der Mangaka fertigt seit 2015 die japanisch inspirierten Comics. Allerdings setzt er sich dafür in seiner Freizeit, vor seinem Hauptberuf und am Wochenende, an den Zeichentisch.
Bis jetzt hat Sorgo auf diese Weise insgesamt drei Bände seiner Reihe „Roi de la félicité“ veröffentlicht. Nun ist mit „Project Union Tower“ das vierte Werk, eine Side Story, in Arbeit.
Lebhaftere Figuren, neue Handlung
„Mein Zeichenstil hat sich verbessert, zudem bin ich in der Gestaltung der Panels sicherer geworden und die Gefühlsausdrücke sind lebhafter“, erklärt Sorgo.
Dieser Entwicklung beabsichtigt er nun mit einer eigenständigen Geschichte aus seinem bereits geschaffenen Universum Rechnung zu tragen. „Ich will mit meinem aktuellen Zeichenstil auch neue Fans erreichen, die vielleicht nicht vom ersten Band von ,Roi de la félicité‘ an lesen wollen.“
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An seinen Zeichenkünsten hat der Luxemburger als Autodidakt gefeilt. Zu Beginn stand, wie bei vielen Mangaka auch, das Abmalen von Figuren, die Sorgo in Werken anderer Autoren fand. Daher sei sein Stil zunächst von seinen Vorbildern, der Serie „Dragon Ball“ und der Computer-Rollenspiel-Serie „Final Fantasy“, geprägt gewesen.
Später kamen der Austausch mit anderen Mangazeichnern und eigene Erfahrungen prägend hinzu. „Heute ist mein Stil ganz anders, ich erkenne ihn unter anderen direkt.“
Japanische Kunst trifft europäische Volkspoesie
Geschichten, die auf den ersten Blick eher wenig zum Manga zu passen scheinen, entwirft derzeit Sabrina Kaufmann. Unter dem Titel „Illustrated Fairytales“ gestaltet die Mangaka Märchen der Gebrüder Grimm.
Nachdem einige der Bildergeschichten als Webversion zu lesen waren, sollen sie bald mit neuen Abenteuern als Buch erscheinen. Manga und Märchen sind für die Künstlerin kein Widerspruch.
„Der japanische Mangastil erlaubt mir, die Märchen realistisch darzustellen, weil ich die Figuren durch präzise Mimik und detailreiche Kleidung genau zeichnen kann.“
Prinzessinnen und Abgründe
Die Inspiration liefert ihr nicht nur die Liebe zu den Geschichten aus der Kindheit, sondern auch der Theologe Eugen Drewermann, der zahlreiche Märchen tiefenpsychologisch gedeutet hat.
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„Ich versuche Märchen umzusetzen, die nicht so bekannt sind und die durch ihre besondere Symbolik berühren.“ Eine der Erzählungen, die Kaufmann grafisch umgesetzt hat, ist „Allerleirauh“. Darin flieht ein Mädchen vor ihrem, sie inzestuös begehrenden Vater.
Die Märchen erzählt die Zeichnerin in Originalform und setzt eine kurze Analyse dazu. Natürlich spielt die Optik bei der Auswahl ebenfalls eine Rolle. „Auch vom illustratorischen Standpunkt war die Geschichte für mich interessant“, erklärt Kaufmann und ergänzt, „die Ballkleider von Allerleirauh konnte ich mir direkt vorstellen.“
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Ausstellung „Manga made in Luxemburg“ in Differdingen bis Samstag, 27. April, im Aalt Stadhaus. Geöffnet montags bis samstags (außer am Ostermontag) von 10 bis 18 Uhr zu sehen. Mangaateliers finden am Samstag, 20. April, 14 bis 15.30 Uhr, und am Donnerstag, 25. April, 15.30 bis 17.30 Uhr, statt (Anmeldung unter Tel. 58 771-19 21).
