Morgens Bollywood, nachmittags Forschung
Morgens Bollywood, nachmittags Forschung
Unter ihren Kollegen in der Kardiologie gilt sie als „crazy scientist“, aber die Luxemburgerin mit den indisch-französischen Wurzeln und der Schwäche für die Unterhaltungsbranche hat einen Traum: „Ich möchte eine bekannte Charakterdarstellerin werden, nicht nur in Bollywood“, sagt Niharica Raizada selbstbewusst. Sie ist eben Wissenschaftlerin und Schauspielerin.
Für ihr Studium der translationalen Medizin in Kardiologie an der Johns Hopkins University in den USA bekam sie 2010 ein Stipendium des renommierten Fulbright-Programms und arbeitet inzwischen am privaten Asian Heart Institute im Mumbai in der Kardiologieforschung. Den Einstieg in die Bollywoodindustrie hat sie zwar auch geschafft, aber die Konkurrenz ist groß.
Über Blockbuster zu besseren Rollen
Deshalb blickt die Schauspielerin in ihr dem 22. Februar besonders gespannt entgegen. An diesem Datum startet ihr neuer Film „Total Dhamaal“, der dritte Teil einer erfolgreichen Bollywood-Blockbuster-Reihe, in Indien. Sie spielt keine starke Frauenrolle, die Geschichte schreiben wird, aber Raizada sieht darin den Wendepunkt ihrer Karriere. „Ich bin die Jüngste und Unbekannteste im Cast, deswegen kann ich nur gewinnen.“
Auch wenn „Total Dhamaal“ kein Erfolg werden sollte, verspricht sie sich bessere Rollen. Aber wie lange sie in dem Film zu sehen ist, weiß sie nicht; statt eines Drehbuchs bekam sie vom Regisseur nur Anweisungen. „Ich habe Angst, dass er mich nicht so wichtig findet, wie die anderen“, erklärt sie, zumal plötzlich eine neue Schauspielerin ans Set kam. „Sie hat sechs Filme gedreht, die bekannter als meine sind, daher habe ich etwas Angst.“
Bekanntheit und Netzwerk zählen auch in Mumbai, so werfen Agenturen und Produzenten immer häufiger einen Blick auf Instagram: „Im Casting werde ich immer gefragt, wie viel Subscribers ich habe.“ Darsteller, die mehr Follower hätten, bekämen mehr Rollen, sagt Raizada. „Es gibt schon ein Publikum für sie und das bedeutet Geld.“ Derzeit kann sie 60.000 Follower auf Instagram verbuchen. „Nach dem 22. Februar will ich schauen, wie es hochgeht, ich rechne mit 200.000.“
Aber Hürden wird es weiter geben. „Es gibt hundert Gründe, nicht weiterzumachen“, erzählt Raizada, die in den Büros der Studios auch viele unmoralische Angebote bekommen hat. „Die Casting Couch ist real und ich weiß, dass ich nicht so viel erreicht habe, weil ich immer nein gesagt habe.“ Raizada meint es ernst – in der Liebe, in der Wissenschaft und im Film. „Talent ist die einzige Möglichkeit, um lange in der Branche zu bleiben – und ich will, so lange ich lebe, etwas mit dem Entertainment zu tun haben.“
Neue Angebote
Dieser Wunsch reifte früh, denn Raizadas Großvater war ein bekannter Komponist indischer Filmmusiken und diese Bollywoodfilme begeisterten sie, zudem liebt sie es, zu tanzen und zu singen. „Als Kind war das ein Wunder für mich und ich will das in meinem Leben haben.“ Viel Zeit, sich mit den hässlichen Seiten des Geschäfts zu befassen, hat sie eh nicht.
Im Frühjahr will sie sich für einen PhD in Kardiologie bewerben, den sie am Nationalen Institut für Herzchirurgie und Interventionelle Kardiologie in Luxemburg und am Asian Heart Institute in Indien erwerben will. Und auch der Start von „Total Dhamaal“ wirft seine Schatten voraus und obwohl der Film noch nicht läuft, gibt es schon Erfolge: Derzeit steht Raizada in Indien für eine Romantikkomödie vor der Kamera – diesmal ist es die Hauptrolle und diesmal bekam sie das Drehbuch zu lesen.
