Lëtzebuergesch 2.0
Lëtzebuergesch 2.0
Interview: Daniel Conrad
Herr Hausemer, warum musste es denn eine Luxemburger Übersetzung eines deutschsprachigen Buchs sein?
Die Gründe sind eigentlich ganz einfach. Obwohl Luxemburger Leser sicher auch die deutsche Originalfassung hätten lesen können, war mir das Sprachexperiment dieser Übersetzung wichtig. Dazu ist der Roman in seinem tiefsten Inneren sehr luxemburgisch.
Vielleicht ein paar Hintergründe dazu: Felicitas Hoppe und ich waren nach einer Begegnung bei einem internationalen Projekt im Jahr 2000 gemeinsam auf Tour durch Luxemburg – vom Ösling bis nach Echternach. Sie wollte unser Land gerne kennenlernen und ich erzählte ihr nebenbei viel zu den historischen Persönlichkeiten wie Johann dem Blinden oder den Sagengestalten unserer Mythen.
Als über drei Jahre später ihr Buch erschien, war ich überrascht, wie viel von dieser Reise plötzlich in dem Roman zu finden war, ja, wie sehr Felicitas Hoppe Luxemburg, die Luxemburger und das Luxemburgische literarisch verarbeitet hat. Dass aus der Reise überhaupt ein Buch wurde, hätte ich nicht geglaubt – und das war auch vorher nie im Gespräch.
Aber noch nie hat ein ausländischer Autor das in solch wunderbarer Sprache getan. Über die Übersetzung wollte ich testen, inwieweit das Lëtzebuergesch einer solchen hochliterarischen, ja musikalischen Sprache, wie Felicitas Hoppe sie pflegt, entsprechen könnte.
Inwiefern war die Umsetzung problematisch?
Es war ein Sprung ins kalte Wasser. Ich habe zwar etliche Erfahrung als Übersetzer, aber es gibt kaum Vorbilder für Übersetzungen aus dem Deutschen ins Luxemburgische, an denen man sich orientieren könnte. Die Fragen, die sich Wort für Wort, Satz für Satz stellen, sind: „Wie weit darf ich mich vom Original entfernen?“, „Stimmt der Sinn?“, „Bleibe ich im Stil des Originals?“ Bei aller Ähnlichkeit sind Sprachbilder oder ähnliches nicht deckungsgleich.
Gerade zwischen dem Deutschen und dem Luxemburgischen lauern die so genannten „false friends“, „falsche Freunde“, überall. Ein Beispiel: „ein Geheimnis daraus machen“. Das Wort „Geheimnis“ gibt zwar auch im Luxemburgischen, aber das Sprachbild stimmt nicht, und auch „verheemlechen“ ist nicht hundertprozentig zutreffend. Da muss man dann versuchen, die Formulierung so zu wählen, dass es auch wirklich stimmt. Zum Glück habe ich bei der Lektüre viele Kontexte von unserer Reise – auch wenn sie zum Teil stark abstrahiert wurden – wiedererkannt und so fiel mir das leichter.
Hat denn das Experiment funktioniert. Eignet sich das Luxemburgische für die hohe Literatur?
Zumindest hat sich für mich gezeigt, dass das Luxemburgische echte Qualitäten hat – man muss sich allerdings die Mühe machen, Umwege zu gehen. Bei zusammengesetzten Wörtern und Gerundien beispielsweise ist und bleibt es nicht leicht. Inwieweit aber die Übersetzung für andere Autoren des Luxemburgischen neue Wege erschließt, kann und will ich nicht beurteilen. Mir ging es letztlich um die Schönheit der Geschichte von Hoppe – nicht zuallererst um die Form der Luxemburger Sprache.
Felicitas Hoppe: „Vu Wëlwerwolz op Kalkutta“, Roman (Original: „Paradiese, Übersee“, Rowohlt Verlag 2003), iwwersat vum Georges Hausemer, capybarabooks, 208 Säiten, ISBN 978-99959-751-8-0, 19,95 Euro.
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