Klagte Taylor Hawkins über Tourstress?
Klagte Taylor Hawkins über Tourstress?
Als Taylor Hawkins am 25. März 2022 in einem Hotel in Bogotá, Kolumbien, starb, schien die Rockwelt stillzustehen: Mit dem Drummer der Foo Fighters war einer der talentiertesten Instrumentalisten und auch einer der größten Sympathieträger der Szene abgetreten – im Alter von nur 50 Jahren.
Eine offizielle Todesursache ist bisher noch nicht bekannt. Das toxikologische Institut Kolumbiens hatte schon recht früh einen Bericht veröffentlicht, wonach in Hawkins' Urin Spuren von Drogen und/oder Medikamenten gefunden worden seien. Einen öffentlich zugänglichen Autopsiebericht gibt es aber noch nicht. Es scheint denkbar, vielleicht ist es aber auch zu naheliegend, dass Hawkins, der wegen einer Heroin-Überdosis im Jahr 2001 bereits 14 Tage im Koma lag, in frühere Gewohnheiten zurückgefallen war – gleichzeitig können die dokumentierten Substanzen aber auch Bestandteile einer ärztlich verordneten medikamentösen Therapie sein.
Das Musikmagazin „Rolling Stone“ hat sich jetzt in einem langen und lesenswerten Artikel ausführlich der Karriere von Taylor Hawkins und vor allem seinen letzten Lebensmonaten gewidmet. Dazu hat der Autor mit insgesamt 20 Freunden und Weggefährten des Schlagzeugers gesprochen – allerdings nicht mit Familienmitgliedern und Musikern der Foo Fighters, die nicht zu Gesprächen bereit waren. Und diese Interviews zeichnen ein nicht allzu vorteilhaftes Bild von Hawkins' Arbeitsalltag als Teil einer der populärsten Rockbands der Welt.
Sowohl Matt Cameron, Drummer von Pearl Jam, als auch Chad Smith, Drummer der Red Hot Chili Peppers, beides enge Freunde von Hawkins und vertraut mit „dem Business“, gaben zu Protokoll, dass Hawkins sich sehr um seine körperliche Verfassung gesorgt habe. Dass er Schwierigkeiten befürchte, als 50-Jähriger noch so zu spielen wie als junger Mann und dass er zudem unter schwerem Lampenfieber leide, hatte er dem „Rolling Stone“ schon im vergangenen Sommer erzählt.
Die Sorge vor dem Verfall
Hawkins' Sorge um seine Kondition hat mehrere Facetten: Die Foo Fighters gelten als eine sehr hart arbeitende Band, ihre Konzerte dauern in der Regel über drei Stunden. Hawkins' Schlagzeugstil ist ebenso intensiv, physisch wie emotional, überbordend und dynamisch. Und: Die Foo Fighters waren als eine der ersten großen Bands noch während der Corona-Pandemie wieder auf Tour gegangen, hatten 2021 rund 40 Konzerte gespielt und für 2022 rund 60 geplant.
Ich kann nicht mal auf meinen Tourplan schauen, das macht mir schon Angst.
Laut Matt Cameron soll Hawkins zu ihm gesagt haben, er „schaffe es nicht mehr“ („He said he 'couldn't fucking do it anymore'“), das habe er auch seinem besten Freund und Bandleader Dave Grohl und dem Management so gesagt. Das Foo-Fighters-Management bestreitet das – es habe keine Aussprache mit Grohl zu diesem Thema gegeben.
Laut Chad Smith sei Hawkins sogar im Flugzeug zu einem Konzert nach Abu Dhabi im Winter 2021 noch in Chicago bewusstlos zusammengebrochen, habe Infusionen gegen Dehydrierung erhalten - und auch Smith erwähnt im Zusammenhang mit diesem Vorfall gegenüber dem „Rolling Stone“ die Unterredung mit Grohl und den Satz „Ich kann in diesem Tempo nicht weitermachen“. Auch das bestreitet das Management. Bereits kurz nach dem Vorfall war in einem Statement nur die Rede von einem „Mitglied der Foo Fighters“ gewesen, das zusammengebrochen sei.
Der Rolling Stone zitiert weitere enge Freunde des Schlagzeugers: Die kanadische Bluesmusikerin Sass Jordan, in deren Band Hawkins seine Karriere begonnen hatte, und mit der er immer noch in Kontakt stand, berichtet, dass sie sich mit ihm bei einer Foo-Fighters-Show in Toronto verabreden wollte. Auf die Frage, wann der Termin sei, habe er geantwortet: „Ich kann nicht mal auf meinen Tourplan schauen, das macht mir schon Angst.“ Und eine weitere Person, die strikt auf Anonymität besteht und ebenfalls die Unterredung mit Dave Grohl erwähnt, sagt außerdem: Hawkins habe wahrscheinlich schon gar keinen Überblick mehr gehabt, wie viele Shows er zu spielen hatte.
Der Artikel zeichnet ein recht schockierendes Bild eines mitleidslosen Entertainmentgeschäfts, in dem Konzerte erst abgesagt werden, wenn jemand stirbt. Und er wirft damit viele neue Fragen über Hawkins Leben in den letzten Monaten vor seinem Tod auf.
Zumindest räumt er jedoch mit einem Gerücht auf: Hawkins' langjähriger ehemaliger Schlagzeugtechniker, also jemand, der eine sehr enge Beziehung zu ihm gehabt haben dürfte, sagt ganz klar: Nach seiner Überdosis hatte der Schlagzeuger seinen Drogenkonsum extrem zurückgefahren - selbst Bier habe es erst nach der Show gegeben. Er habe Sport getrieben, einen Personal Trainer gehabt, sich gut ernährt. Es sei absolut ausgeschlossen, dass im Hotelzimmer harte Drogen wie zum Beispiel Kokain im Spiel waren - allein schon, weil an dem Abend noch eine Show anstand: „Taylor hat niemals unter Drogen gespielt, sondern immer so nüchtern wie man sein kann.“
Die Kollegen ziehen ihre Aussagen zurück
Ein interessanter Aspekt schält sich dann kurz nach der Veröffentlichung des Artikels am vergangenen Montag heraus: Sowohl Chad Smith als auch Matt Cameron distanzieren sich von ihren Aussagen – diese seien „aufgebauscht und irreführend“, man hätte ihn lediglich gefragt, ein paar Erinnerungen an seinen Freund zu teilen, schreibt Smith.
„Meine Zitate wurden aus dem Zusammenhang gerissen und in eine Erzählung eingebaut, die ich so nicht wollte“, so Cameron auf Instagram.
Eine Distanzierung, die Hawkins Mentorin Sass Jordan offenbar nicht für nötig hält: Sie verlinkte den Artikel auf Facebook.
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