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Inseln der Entschleunigung
Kultur 1 2 Min. 07.10.2016 Aus unserem online-Archiv
Wiessel mol d'Scheif

Inseln der Entschleunigung

Lolita-Stimme mit musikalischem Anspruch: Angel Olsen.
Wiessel mol d'Scheif

Inseln der Entschleunigung

Lolita-Stimme mit musikalischem Anspruch: Angel Olsen.
Foto: Jagjaguwar/Cargo Records
Kultur 1 2 Min. 07.10.2016 Aus unserem online-Archiv
Wiessel mol d'Scheif

Inseln der Entschleunigung

Pol SCHOCK
Pol SCHOCK
Angel Olsen und Kaitlyn Aurelia Smith & Suzanne Ciani veröffentlichen zwei anspruchsvolle Platten für mutige Hörer.

Von Vicky Stoll


  • Angel Olsen – My Woman

Sie klingt aufgrund ihrer Lolita-Stimme und der melancholischen Grundstimmung ihrer Songs ein wenig nach Lana Del Rey. In Sachen Authentizität, Anspruch und Originalität steckt Angel Olsen letztere aber locker in die Tasche.

Vor gut zwei Jahren landete die amerikanische Singer/Songwriterin mit dem großartigen „Burn Your Fire For No Witness“ einen mittelschweren Indie-Hit, mit dem sie auch hierzulande im Exit07 das Publikum begeisterte. „My Woman“ knüpft mühelos an diesen Erfolg an, allerdings geht es stellenweise ein wenig rockiger zur Sache. „Not Gonna Kill You“ erinnert stark an die frühen Hole mit Courtney Love, während „Sister“ stimmlich wie musikalisch Fleetwood Mac und Stevie Nicks evoziert.

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Das Album erweist sich als äußerst abwechslungsreich, ohne jedoch brüchig zu wirken. „Give it up“ wird durch drei dreckige Akkorde eingeleitet, bevor Olsens verzweifelt schmachtender Gesang einsetzt, der auch den Charme dieser klassischen Poprocknummer ausmacht. Das naiv verspielte „Shut up and kiss me“ zeigt, dass es bei Olsen auch herrlich unbeschwert zur Sache gehen kann.

Gutes Songwriting, eine Produktion, die auf Effekthascherei verzichtet und Angel Olsens Stimme, die zwischen Unschuld und Selbstbestimmung oszilliert, machen diese Platte aus.

  • Kaitlyn Aurelia Smith & Suzanne Ciani – Sunergy

Für seine (unaussprechliche) FRKWYS-Serie verkuppelt das (unaussprechliche) New Yorker Label RVNG Intl. jeweils einen Musiker mit einem der Pioniere desselben Musikgenres. „Sunergy“, ein Amalgam aus „Sun“ und „Energy“, ist die Frucht einer dieser Paarungen. Suzanne Ciani (70) hat sich schon früh mit elektronischer Musik, vornehmlich mit Synthesizern, auseinandergesetzt. Sie hat computergenerierte Musik studiert und lieferte Audiomaterial für Werbungen von Coca Cola, Xenon und Atari. Die 30-jährige Komponistin und Produzentin Kaitlyn Aurelia Smith dagegen hat erst zwei Albumveröffentlichungen auf dem Kerbholz. Was Smith und Ciani verbindet, ist die Liebe zu einem der ersten Synthesizer, dem Buchla 100 aus dem Jahr 1965.

Das Produkt dieser Paarung, zwei Kompositionen und ein Bonus-Song, ist ein Monument minimalistischer Musik im Zeichen von Terry Riley. „A New Day“ wabert dronenartig vor sich hin und lässt viel Raum zum Atmen. Der meditative Charakter des fast 19-minütigen Stückes lädt zur Entspannung ein und fordert die volle Aufmerksamkeit: Elektronisch generierte Klänge, mal erinnern sie an Orgeln mal an Gezwitscher, formen einen Sog, dem man sich als Zuhörer ergeben muss, um in den vollen Genuss dieser Kompositionen zu kommen.

„Closed Circuit“ beginnt mit einem stark modifizierten Arpeggiator, der dem Track eine monotone Grundstimmung verpasst. Dieser wird ergänzt, abgewandelt oder übermalt von weiteren synthetisch generierten Tönen. Auch hier wird ein ganz neuer Raum erschaffen, der neugierig macht und auch nach dem zehnten Hörgang noch Neues offenbart.

Der geduldige, mutige Hörer findet auf „Sunergy“ eine Insel der Entschleunigung, denn dieser Platte liegt, wie der Name es bereits suggeriert, eine ganz eigene Wärme zugrunde, die nur schwer zu beschreiben ist.



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