Iggy Pop singt gebändigt und altersmild
Iggy Pop singt gebändigt und altersmild
(dpa) - Dunkel und kontemplativ: Mit diesen Worten beschreibt Iggy Pop selbst sein neues Album. Kontemplativ im Sinne von nachdenklich und gedankenversunken mag auf „Free“ zutreffen – dunkel nicht unbedingt.
Die Stücke auf dieser Platte sind jedenfalls weit von den harten Rocksongs entfernt, für die man James Newell Osterberg alias Iggy Pop am besten kennt.
Vor allem ist „Free“ das Gegenteil von „Post Pop Depression“, mit dem das Rock-Reptil 2016 einen seiner größten Triumphe feierte (Rang 5 in Großbritannien, Platz 8 in Deutschland). Während „Post Pop Depression“, mit dem die Punkrockikone vor drei Jahren ein überraschendes Chartscomeback feierte, in Richtung der Klassiker „The Idiot“ und „Lust For Life“ von 1977 ging, wirkt der 72-Jährige auf seinem neuen Album gebändigt und altersmild.
Plötzlich zwischen Jazz und Breakbeats
Seinem neuen Album hat der Sänger einen stark programmatischen Titel gegeben, auf den er in einer Mitteilung ausführlich eingeht. Nach den Konzerten der „Post Pop Depression“-Phase habe sich der „Godfather of Punk“ wie leer gefühlt. „Ich wollte eine Sonnenbrille aufsetzen, mich umdrehen und raus. Ich wollte frei sein“, erklärte er. So sei dieses Album irgendwie zu ihm gekommen, „und ich ließ es kommen“. Eigentlich wollte sich der Rock-Senior nach der Tournee Gedanken über einen Rückzug machen, wie er in einem Interview sagte.
Das neue Album „Free“ bewegt sich nun zwischen Ambient und Jazz. Der gleichnamige Opener erinnert an die traumwandlerischen Soundtracks der Filme des US-amerikanischen Regisseurs David Lynch.
Stellenweise werden die sphärischen Klänge durch ein Solo des US-amerikanischen Ausnahmetrompeters Leron Thomas durchbrochen – zum Geflüster des Sängers: „Ich will frei sein, frei“.
Erinnerungen an Bowies „Blackstar“
Einer der überraschendsten Tracks ist „Sonali“ – weder Jazz noch Pop, sondern ein Mix aus Ambient, Elektronik und Breakbeats. Klänge, die stark an „Blackstar“ von David Bowie erinnern – das Album war wenige Tage vor dem Tod des britischen Pop-Genies im Januar 2016 erschienen. Beide Musiker waren über viele Jahre befreundet.
Ich glaube nicht, dass ich Glück habe. Ich glaube, ich habe eine harte Schale. Das ist viel. Und ich war klug genug, auf andere zu hören.
Ebenso künstlerisch bewundert hat Iggy Pop einen weiteren berühmten Musiker, den er zu seinen Freunden zählte: Lou Reed, der mit Iggy 2011 das letzte Mal bei einem Festival spielte. „Ich glaube nicht, dass ich Glück habe. Ich glaube, ich habe eine harte Schale. Das ist viel. Und ich war klug genug, auf andere zu hören“, erklärte der 72-Jährige jüngst dem „Interview Magazine“.
Unter den zehn Titeln des Albums befindet sich auch „James Bond“ – das Stück hat nichts mit dem nächsten „007“-Soundtrack zu tun – der wird voraussichtlich von der britischen Hit-Sängerin Dua Lipa interpretiert. Mit seiner rauen, tiefen Stimme wiederholt Iggy Pop zu einem Groove, beschleunigt durch die minimalistische Gitarre von Sarah Lipstate alias Noveller: „Sie will deine James Bond sein“.
Hat der legendäre Rocker mit „Free“ – jetzt jenseits der 70 – endgültig sein Alterswerk eingeläutet? Man wird sehen. Im Juli hatte er auf dem bekannten Musikfestival „Vieilles Charrues“ in der Bretagne noch ein perkussives Konzert gegeben, das von Medien als „punkig“, „brachial“ und „bewegend“ gefeiert wurde.
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Das Album „Free“ von Iggy Pop ist über Caroline/Universal erschienen, zehn Titel.
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