Filmkritik: „Downton Abbey“ als Märchen von uralten Zeiten
Filmkritik: „Downton Abbey“ als Märchen von uralten Zeiten
Das schaffen wirklich nur die feinen Herrschaften: Mit einem Schlag Brad Pitt und Sylvester Stallone eine Lektion zu erteilen! Buchstäblich mit links verwies nämlich am Wochenende das Landadelsgeschlecht der Granthams aus „Downton Abbey“ das SciFi-Drama „Ad Astra“ ebenso wie den jüngsten Wiederauferstehungsversuch von „Rambo: Last Blood“ in die Schranken – und platzierte sich vor beiden an der Spitze der nordamerikanischen Kinocharts.
Wundern sollte dies nicht, denn „Downton Abbey“ hat etwas von Harry-Potter-Romantik für Erwachsene. Dank seines Serienformats hatten die Charaktere der von 2010 bis 2015 ausgestrahlten britischen ITV-Serie ausgiebig Zeit, Millionen Zuschauern weltweit wie liebe, wenngleich von der eigenen Lebenswelt Lichtjahre entfernte Verwandte ans Herz zu wachsen.
Potter-Feeling stellt sich aber nicht nur ein, weil auch hier Dampfloks mit eleganten Rauchschwaden über die Schienen gleiten, sondern weil die Serie geradezu magisch eine märchenhaft anmutende Zeit heraufbeschwört.
Das Erfolgsrezept von „Downton Abbey“ ist dabei eine skurrile Art der Nostalgie, da sie für eine Epoche, die man selbst nie erlebt hat, empfunden wird.
Der Brückenschlag, die aufschlussreichen Einblicke in das Leben und Leiden des britischen Landadels und seiner Bediensteten und das Befeuern der Fantasien über das große Empire mit dem aktuellen Politdebakel des Brexit in Verbindung zu bringen, wäre dennoch allzu weit hergeholt.
Wir schreiben also nun das Jahr 1927 und königlicher Besuch kündigt sich in Downton Abbey an. Dieser und den daraus resultierenden Herausforderungen gilt es, gerecht zu werden, wobei die kleinen privaten Alltagssorgen auch noch gemeistert werden wollten – von den Herrschaften ebenso wie vom Personal.
Friede, Freude, Eierkuchen
Hatte Serienmacher Julian Fellowes in sechs Staffeln und 52 Folgen Zeit, den historischen Hintergrund in die Familiensaga einfließen zu lassen, so verzeiht man der Filmfassung die einschränkende Wahl, die große Geschichte hinter die kleinen Geschichten zu stellen und sich eher auf seine Figuren denn einschneidende erzählerische Einfälle zu konzentrieren.
Dass die Modernisierung der Adelsrolle gerade durch eine Rückbesinnung auf ihre historische Rolle als Epizentrums einer Gemeinschaft eingeläutet wird, lässt dennoch auch schmunzeln.
Mit dem legendären doch aktuell offenbar verloren gegangenen britischen Phlegma gilt es, Abschied zu nehmen – und so stehen alle Zeichen auf Versöhnung und ein für Schauspieler und Zuschauer gleichermaßen wohlverdientes Friede-Freude-Eierkuchen-Finale. Eine derart klare und konsequente Ansage nimmt denn auch allen Kritiken bezüglich der Glaubwürdigkeit den Wind aus den Segeln.
Während das Wiedersehen mit allen vertrauten Charakteren der Serie wie ein herzerwärmendes Familientreffen ohne jeglichen Anflug von Krise anmutet, ist das absolute Highlight zweifelsohne eine majestätische Maggie Smith als Matriarchin Violet Crawley, Countess of Grantham.
John Lunns Musik lässt zu Beginn buchstäblich den Himmel voller Geigen hängen, fängt sich jedoch zum Glück und umrahmt das Hochglanzwerk elegant.
Den definitiven Trennungsschmerz nach dem Kurzzeitrevival dürfte Folgendes lindern: Am 1. Oktober (13 Uhr MEZ) bietet die eigentliche Hausherrin des Grantham-Familiensitzes, Lady Carnarvon (Nachfahrin des Howard-Carter-Sponsors, der den Tutenchamun-Fund ermöglichte), über Airbnb eine einzige Übernachtung, am 26. November im Highclere Castle an. Noch etwas Zeit also, um den Klickfinger jetzt schon mal zu trainieren ...
