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Dirty Dancing: Baby und der Bad Boy
Kultur 1 5 Min. 21.08.2017 Aus unserem online-Archiv

Dirty Dancing: Baby und der Bad Boy

Die 17-jährige Frances (Jennifer Grey) lernt in einer Hotelanlage den Tanzlehrer Johnny (Patrick Swayze) kennen und kommt ihm beim Tanzen immer näher.

Dirty Dancing: Baby und der Bad Boy

Die 17-jährige Frances (Jennifer Grey) lernt in einer Hotelanlage den Tanzlehrer Johnny (Patrick Swayze) kennen und kommt ihm beim Tanzen immer näher.
(Foto: Vestron Video International)
Kultur 1 5 Min. 21.08.2017 Aus unserem online-Archiv

Dirty Dancing: Baby und der Bad Boy

Vesna ANDONOVIC
Vesna ANDONOVIC
Der Tanzfilm bewegte 1987 nicht nur Hüften und Gemüter, er prägte ebenfalls Generationen von Kinogängern. Doch halten die Freiheit und das Lebensgefühl von „Dirty Dancing“ auch rückblickend, was sie damals versprachen?

Von Vesna Andonovic

Tanzfilm bewegte 1987 nicht nur Hüften und Gemüter, er prägte ebenfalls Generationen von Kinogängern. Doch halten die Freiheit und das Lebensgefühl von „Dirty Dancing“ auch rückblickend, was sie damals versprachen?

„Nobody puts Baby in the corner“, meint Johnny Castle bestimmt im Bad-Boy-Outfit mit schwarzer Perfekto-Lederjacke, reicht Frances „Baby“ Houseman seine Hand und entführt sie, vor den Augen der sprachlosen Familie, auf die Tanzfläche. Der Satz schaffte es nicht von ungefähr auf Platz 98 der Liste der 100 besten Filmzitate des „American Film Institute“ – mit dem Film aus dem er stammt, verbinden zahllose Zuschauer weltweit ganz persönliche Erinnerungen: „Dirty Dancing“ schrieb 1987 Filmgeschichte.

Emanzipation eines jungen Mädchens

Mehr noch als der zuvor im stillen Kämmerlein vollzogene Verlust der Jungfräulichkeit ist dies nämlich der Moment der Emanzipation eines jungen Mädchens aus gutem Hause – Vater Jake ist Arzt, Mutter Marjorie Hausfrau und die ältere Schwester Lisa träumt vom eigenen Ehehafen. Baby passt nicht in diese klassische Rollenklischees hinein: Das Nesthäckchen will ein Wirtschaftsstudium absolvieren und dem Friedenscorps beitreten, um die Welt zu retten.

Doch dann lernt sie in den Ferien den Tänzer Johnny Castle kennen und entdeckt nicht nur die eigene Sinnlichkeit, sondern auch das andere Amerika, der weniger privilegierten, sozialen Schichten.

Im Gegensatz zu klassischen Musicalfilmen, in denen mit Traumpaaren wie Fred Astaire und Ginger Rogers, und später Gene Kelly und Cyd Charisse, Tanzen als ästhetische Realitätsflucht dargestellt wird, reiht „Dirty Dancing“ sich in eine neue Art Film ein. Hierbei wird die Körperlichkeit des Tanzes als Mittel der Rebellion gegen die von der Gesellschaft vorgezeichneten Rollen und Bahnen ausgeschöpft, wie es bereits 1983 „Flashdance“ bzw. ein Jahr später „Footloose“ ausschöpften.

Fast so schön wie Fliegen: Baby übt mit Johnny das große Tanzfinale – da die Szene im Sommer spielt, jedoch im Oktober im Lake Lure gedreht wurde, mussten die Blätter der Bäume grün gesprayt werden.
Fast so schön wie Fliegen: Baby übt mit Johnny das große Tanzfinale – da die Szene im Sommer spielt, jedoch im Oktober im Lake Lure gedreht wurde, mussten die Blätter der Bäume grün gesprayt werden.
(Foto: Vox)

Als „Dirty Dancing“, am 21. August 1987 – nach Premieren am 17. August in New York und am 19. in Los Angeles – in den amerikanischen Kinos anläuft, ahnte dennoch niemand, dass der Film zum internationalen Kassenschlager werden und bei nur 44 Drehtagen und einem bescheidenen Budget von weniger als sechs Millionen Dollar, die Hälfte des damals üblichen Durchschnitts, das über Fünfunddreißigfache an Gewinnen einspielen würde.

Die Produktion ist der erste Film der neu gegründeten und dementsprechend unerfahrenen Vestron Pictures. Emile Ardolino, der mit der Regie betraut wird, hingegen hat durch die Fernsehserie „Great Performances: Dance in America“ bzw. seinen Dokumentarfilm „He Makes Me Feel Like Dancin'“, für den er 1984 einen Academy Award erhielt, ausführliche Erfahrung in dem Bereich – er will nur erfahrene Tänzer vor seiner Kamera.

Für die Choreografien, die selbst aus heutiger Sicht eine noch immer überraschend wirksame erotische Spannung ausstrahlt, wird Kenny Ortega verpflichtet. Nicht von ungefähr, hat er doch sein Handwerk bei den Dreharbeiten zu „Xanadu“ von Altmeister Gene Kelly höchstpersönlich gelernt – später arbeitete er regelmäßig u. a. mit Michael Jackson, Cher und Madonna zusammen.

Autobiografisches und Gesellschaftskritisches

Dass der Film auch heute noch berührt, liegt zum Teil daran, dass Drehbuchautorin Eleanor Bergstein im Film autobiografische Erlebnisse aus der eigenen Jugend als Tochter aus wohlhabendem, jüdischem Hause verarbeitete und so einen ganz persönlichen Ton trifft.

Dabei gelingt ihr eine klassische Romanze à la Romeo und Julia, zwischen zwei Menschen aus auf den ersten Blick unvereinbar unterschiedlichen Gesellschaftsklassen zu erzählen, und ebenfalls ein regelrechtes Sittengemälde des Amerika der 1960er-Jahre zu zeichnen.

Dabei thematisiert sie durch Babys Figur einerseits den weiblichen Drang nach Selbstverwirklichung und Einflussnahme auf Gesellschaft und Geschichte, andererseits den existierenden historischen Kontext, in dem all dies geradezu unmöglich scheint.

Erfolg gilt als freudige Überraschung

Selbst emotional schwierige Themen wie beispielsweise illegale Schwangerschaftsabbrüche bzw. der Einfluss der religiösen Angehörigkeit – die Housemans sind jüdischer Konfession – lässt der Film nicht vorweg, sondern flicht sie fein in die Kulisse der Liebesgeschichte mit ein.

Der Erfolg ist selbst für die Macher eine freudige Überraschung: Nach dem Golden Globe 1988 gibt es noch einen Oscar dazu für das Trio John DeNicola, Donald Markowitz und Franke Previte für den Titelsong „(I've Had) The Time of My Life“. Den beiden Interpreten – Bill Medley und Jennifer Warnes – bringt er einen Grammy ein. Und auch was seine Musik anbelangt, bricht „Dirty Dancing“ Rekorde – mit gleich elf Mal Platin und mehr als 32 Millionen verkaufter Alben weltweit.

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In der Besetzung ist nur Jerry Orbach, der Babys Vater spielt, ein bekanntes Gesicht. Für das bis dahin nicht mit größeren Rollen betraute Schauspielerduo Jennifer Grey und Patrick Swayze wird „Dirty Dancing“ zum regelrechten Karrieremeilenstein. Dabei kennen sich beide schon, weil sie drei Jahre zuvor für John Milius' „Red Dwarf“ gemeinsam vor der Kamera standen – und es deswegen fast nicht zu „Dirty Dancing“ gekommen wäre, denn Grey mochte ihren ehemaligen Partner nicht sonderlich und muss erst regelrecht überredet werden, erneut mit ihm zu drehen.

Grey sticht hierfür beim Casting Konkurrentinnen Sarah Jessica Parker und Sharon Stone aus und spielte nun als 27-Jährige einen zehn Jahre jüngeren Teenager. Bereits 1986 war sie in einem weiteren späteren Kultfilm der 1980er, „Ferris Bueller's Day Off“, in Erscheinung getreten. Swayze „erbt“ die Rolle des Johnny Castle nachdem Val Kilmer sie zuvor abgelehnt hat und Billy Zane sich als zu schlechter Tänzer erweist – den Zuschauern war er eher aus dem Fernsehen bekannt – u. a. aus den zwei „North and South“-Miniserien.

Live-Show in die Rockhal

Über das Geheimnis des Erfolges von „Dirty Dancing“ meint der Schauspieler, der im September 2009 mit nur 57 Jahren an den Folgen eines Pankreaskrebses verstarb, später im Interview: „Er hat einfach soviel Herz in sich. Er dreht sich nicht so sehr um die Sinnlichkeit; worum es im Grunde geht, sind Menschen, die versuchen sich selbst zu finden.“

Mit der Faszination alter Filme, die dem Zuschauer gleichzeitig zeigen, was die Zeit auch in ihnen alles verändert und was nicht, braucht man nicht einmal die alten Videokassetten herauszukramen, denn „Dirty Dancing“ ist auf Netflix abrufbar – und kommt sogar am 12. Januar 2018 als Live-Show in die Rockhal.

„She's Like the Wind“, sang Partick Swayze damals und eroberte die Herzen der Fans im Sturm, auch der Erfolg von „Dirty Dancing“ ist alles andere als flüchtig.


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