Die "Feindbilder" der Herlinde Koelbl
Die "Feindbilder" der Herlinde Koelbl
Von Pit Thommes
Ihr erstes „target“, das erste Schießziel von Soldaten, fotografierte Herlinde Koelbl vor rund 30 Jahren in Deutschland. Kaltes Morgenlicht bricht sich in der Schwarz-Weiß-Aufnahme an der durchlöcherten Zielscheibe, deren Kontur entfernt an einen Soldaten erinnert. Vor sechs Jahren nahm sie dieses Thema wieder auf und schuf ihre Fotoserie „Targets“, eine Dokumentation von militärischen Schießzielen aus zahlreichen Ländern. Anlässlich der Photomeetings sind ihre Bilder nun in der Galerie beim Engel zu sehen.
Im Rahmen der Ausstellung gab Herlinde Koelbl ein Interview. Hier ein Auszug:
Frau Koelbl, was war Ihre Motivation hinter der Fotoserie „Targets?
Diese Aufnahme vor 30 Jahren war voller Licht und Schönheit, gleichzeitig aber auch gefüllt mit Gewalt und Tod. Ich war neugierig zu erfahren, worauf bei solchen Trainings geschossen wird, ob die Zielscheiben ein Gesicht haben oder nicht. Kurz: Ich fragte mich, wie schaut der Feind aus? Und der Feind ist immer der andere.
War es schwer, solche Aufnahmen zu machen?
Das Militär ist eine verschlossene Welt. Man war anfangs sehr argwöhnisch bezüglich meiner Anfragen. Die jeweiligen Verteidigungsministerien haben anfangs nicht einmal richtig verstanden, was ich fotografieren wollte – die glaubten immerzu, ich würde gerne das Militär in Aktion erleben. Teilweise dauerte es, wie in den Vereinigten Arabischen Emiraten, bis zu vier Jahren, um eine Genehmigung zu erhalten.
Die künstlerische Bildsprache Ihrer Fotoserie „Targets“ ist sehr bescheiden, man könnte fast von einer Fotoreportage sprechen …
Bescheiden ist nicht das richtige Wort. Es ist eine strenge und klare Sprache, weil dieses Thema sehr emotional ist. Die Strenge der Fotografie ist für mich etwas ganz Wesentliches. Wenn der Inhalt starke Emotionen hervorruft, muss die Aufnahme eine klare Form haben, um nicht zu konkurrieren, sondern die Inhalte zu verstärken.
Den künstlerischen Blick können Sie nicht ablegen?
Es ist ein Blick einer intensiven Wahrnehmung der Welt. Wenn man für ein Magazin fotografiert, sieht man die Welt in einer gewissen Weise durch dieses Magazin. Wenn ich jedoch ein Thema erarbeite, gibt es nur das Projekt. Eine Neutralität, die nach der Essenz des Themas fragt. Und bei den „Targets“, die von Krieg, Tod und Zerstörung handeln, braucht es die Strenge. Gerade eben wurde mir wieder von Besuchern bestätigt, dass noch keine Kriegsfotografie sie so berührt habe wie meine Bilder, die aber nichts von typischen Kriegsaufnahmen haben.
__
Das vollständige Interview lesen Sie in der Wochenendausgabe des Luxemburger Wort vom 13./14. September auf Seite 10.
„Targets“ von Herlinde Koelbl, Galerie Beim Engel, 1, rue de la Loge, bis zum 25. Oktober. Öffnungszeiten: Dienstag bis Samstag 10 bis 12 Uhr und 13.30 bis 18.30 Uhr. Freier Eintritt.
Als Abonnent wissen Sie mehr
In der heutigen schnelllebigen Zeit besteht ein großer Bedarf an zuverlässigen Informationen. Fakten, keine Gerüchte, zugänglich und klar formuliert. Unsere Journalisten halten Sie über die neuesten Nachrichten auf dem Laufenden, stellen politischen Entscheidern kritische Fragen und liefern Ihnen relevante Hintergrundgeschichten.
Als Abonnent haben Sie vollen Zugriff auf alle unsere Artikel, Analysen und Videos. Wählen Sie jetzt das Angebot, das zu Ihnen passt.
