„Die da!?!“ wird zum Lebenssymbol der Fantastischen Vier
„Die da!?!“ wird zum Lebenssymbol der Fantastischen Vier
2022 war ein mehr als formidables Jahr für die Fantastischen Vier. 33 Jahre nach Bandgründung konnten Michi Beck, Thomas D, Smudo und And. Ypsilon, mittlerweile alle gut in den Fünfzigern, nicht nur endlich ihre Stadiontour spielen, sie nahmen den Schwung auch direkt mit in die Alpen, wo sie auf „The Liechtenstein Tapes“ 15 ihrer Hits mit allen technischen Finessen in eine neue, gereifte wie vor Spielfreude strotzende Form gossen.
Wir unterhielten uns mit Smudo über die neue Platte, über „Die da!?!“ und über 50-Franken-Burger.
Smudo, wie blickst Du auf Euer 2022 zurück?
Wir haben noch nie so viel gespielt wie in diesem Jahr. Wir konnten alles nachholen was wir noch auf dem Zettel hatten, Festivals, auch viele Corporate Shows und natürlich haben wir endlich unsere Stadiontour „Für immer 30 Jahre Live“ gespielt. Das Jahr hat uns als Band superviel Spaß gemacht.
Die Stadiontour musste aus Coronagründen von 2020 auf 2021 auf 2022 verschoben werden. Wie hält man sich über so einen langen Zeitraum, auch angesichts der Ungewissheit, unter Spannung?
Wir waren mit unserer Planung schon ziemlich weit, alles stand. Und plötzlich ist das alles gestrichen – und du stehst da mit diesem fremden, komischen Gefühl, in einer komplett unbekannten, absurden Situation. Im Laufe dieser seltsamen Coronasituation haben wir uns dann daran gewöhnt, dass Spielen nicht auf dem Zettel stand. Die Shows, die möglich waren, also mit Strandkörben und Abständen, waren zwar nett, aber sehr weit weg vom Rock’n’Roll. Naja, und dann ging es von jetzt auf gleich wieder mit Vollgas auf Tour.
Bei uns ist es ein bisschen wie bei den Rolling Stones. Ich habe die mal live gesehen, und klar, du erkennst, dass die alt sind, aber es ist egal.
Wart Ihr bereit?
Ich will das Wort „Jungbrunnen“ vermeiden, aber plötzlich ging wieder richtig was. Wir konnten wieder raus, proben mit der Band, wir hatten wieder ein gemeinsames Ziel. Als wir wieder auf der Bühne standen, haben wir gemerkt, wie klasse und einmalig das ist, was wir vier in über 30 Jahren alles zusammen erlebt und geteilt haben.
Du sagst, Du willst nicht von Jungbrunnen sprechen, aber wer Euch live sieht oder jetzt auf Eurem Album „The Liechtenstein Tapes“ hört, kann den Eindruck bekommen, dass Alterserscheinungen irgendwie an Euch Fantas abprallen.
Bei uns ist es ein bisschen wie bei den Rolling Stones. Ich habe die mal live gesehen, und klar, du erkennst, dass die alt sind, aber es ist egal. Wie diese Männer sich bewegen, wie sie sich angucken auf der Bühne, wie viel Spaß sie haben beim Musikmachen – das ist richtig ansteckend.
Sind die Fantastischen Vier die Rolling Stones des deutschen Hip-Hops?
Da ist was dran. Wir spielen vor einem Publikum, das sich jung fühlt, aber oft eben auch schon älter ist. Die sagen sich: Bei den Jungs knirscht es hier und da, aber es ist cool, wie die das hinkriegen – genauso ist es bei mir auch. Wir sind halt Mitte 50, das lässt sich nicht wegdiskutieren. Die Leute kommen zu unseren Konzerten, weil sie sich daran erinnern wollen, wie es damals war. Und zugleich zelebrieren sie mit uns eine Tradition, die einfach entsteht, wenn man sich lange als Fan und Band begleitet hat und wertschätzt.
Für „The Lichtenstein Tapes“ habt ihr 15 Eurer Hits aus unterschiedlichsten Epochen mit Eurer achtköpfigen Liveband so aufgenommen, dass sie wie aus einem Guss klingen. Wer es nicht weiß, könnte kaum sagen, welche Stücke alt und welche jung sind.
Dass die Lieder gut altern, ist uns sehr wichtig. Beim Schreiben weißt du nicht, welche Themen zeitlos sein werden und welche nicht. Und was bleibt überhaupt übrig, wenn man nicht mehr naiv und voller Romantik ist? Wir versuchen gerade, neue Lieder zu machen, die wirklich eine Aussage haben und nicht langweilen, obwohl sie von älteren Menschen stammen. Leicht ist das nicht. Oder man zieht die guten alten Zeiten heran, legt einen knackigen Beat drunter und erzählt, wie es damals war.
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Wie kam das Album zustande?
Das war zuerst wie eine selbstverschriebene Hausaufgabe. Wir wollten die Titel so aufnehmen, wie es früher üblich war, mit der Band in einem Raum, aber auch mit modernster Technik. Nach der Tour waren die Lieder in unseren Kleinhirnen optimal verdrahtet, also beschlossen wir, sie schön auf ein 24-Spur-Band draufzuknattern, und das Ganze dann im immersiven Dolby-Atmos-Verfahren zu veredeln. Zwei Studios standen zur Auswahl. Abbey Road in London und die Little Big Beat Studios in Liechtenstein. Bei Abbey Road dachten wir, klingt toll, aber wird bestimmt total anstrengend, extra nach England, mieses Essen, blödes Hotel, und möglicherweise arbeitest du mit bornierten Leuten, für die du nur ein kleiner Fisch bist.
Also lieber Liechtenstein.
Genau. Wir hatten dort riesig viel Platz, eine moderne analoge Anlage, Bandmaschinen und das ganze digitale Brimborium, das wir brauchten, um zum Beispiel Dolby Atmos zu machen. Außerdem ist Liechtenstein um die Ecke von Vorarlberg in Österreich, wo wir im Örtchen Egg oft ein Häuschen gemietet haben, um an unseren Alben zu arbeiten. Wir sind der Region also in großer Sympathie verbunden.
Die Neuaufnahmen hören sich spannend an. „Ernten was wir säen“ klingt beinahe nach Hardrock.
Da haben wir den alten Metal-Mix, den es von der Nummer gab, nachgespielt, aber noch ausgefuchster, die Drums noch knackiger, die Keyboardsounds verfeinert. Manche Stücke haben eine Mordskraft bekommen, vor allem die epischen Songs wie „Krieger“.
Die erste Single ist ausgerechnet „Die da!?!“, Euer erster Hit aus dem Jahr 1992. Ihr habt den Song jahrelang nicht live gespielt. Wie kam es zur Renaissance von „Die da!?!“
Für uns war das eine traumatische Erfahrung als wir wegen „Die da!?!“ plötzlich zu Teenieschwärmen wurden. Überall hat man uns angequatscht, und so superoriginell fanden wir es schnell nicht mehr, wenn uns die Leute auf der Straße ständig „Ihr seid doch die da“ entgegenplärren. Uns wurde davon schlecht, deswegen haben wir den Song einfach weggelassen. „Die da!?!“ hat uns einfach keinen Spaß mehr gemacht.
Es ist dadurch auch ein Symbol für unser Leben. Ohne „Die Da!?!“ hätten wir uns und all das Drumherum nicht.
Bis wir im März 2015 ein Privatkonzert im „La Baracca“ in St. Moritz spielten, einer abgerissen, rustikalen Kultbar. Ein sehr erfolgreicher Geschäftsmann schmiss die Sause zum vierzigsten Geburtstag seiner Frau, er hatte im Vorfeld nur einen Wunsch: „Die da!?!“ Wir sagten: „Nein, ‚Die da!?!“ spielen wir nicht.“ Und dann aßen wir 50-Franken-Burger im Hotelrestaurant und beschlossen: Wir spielen es doch. Was für ein Spektakel! Die Leute flippten total aus, und seit diesem Abend haben wir „Die da!?!“ wieder im Programm – als ein Highlight der Show.
Was macht „Die da!?!“ heute so besonders?
Es ist der Startschuss unseres Erfolges. Ein Symbol für den Einzug von Deutschrap in das bundesrepublikanische popkulturelle Gedächtnis. Es ist dadurch auch ein Symbol für unser Leben. Ohne „Die Da!?!“ hätten wir uns und all das Drumherum nicht.
Und wie sieht es abschließend mit der nahen Zukunft der Fantastischen Vier aus?
2023 füllt sich unser Konzertkalender rapide. Unser Management würde sich sehr freuen, wenn wir in einem Jahr ein neues Album unter den Weihnachtsbaum legen könnten, und es gibt auch ein paar Ideen, viel mehr aber noch nicht. Für uns gibt es ja zwei oder drei Zukunftslösungen. Entweder machen wir wieder ein Album. Oder wir hören auf. Oder wir machen es wie die Stones, und gehen alle paar Jahre mit unserem Backkatalog auf Tour wie vier alte Zirkuspferde. Irgendwo zwischen diesen Möglichkeiten suchen wir gerade nach unserer Bestimmung.
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Das Album „The Liechtenstein Tapes“ erscheint am 13. Januar.
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