„An der grousser hellger Nuecht“
„An der grousser hellger Nuecht“
„Also eigentlich müsste es ja genau genommen auf Luxemburgisch nicht ,Krëppchen‘, sondern ,Trach‘ heißen, wenn man den griechischen Originaltext wortwörtlich übersetzen würde“, stellt Diözesankonservator Lex Langini fest. Und heutzutage steht sie nicht nur in Kirchen, sondern auch bei vielen zu Hause: die Krippe. Dabei ist sie ein starkes Symbol: Der Sohn Gottes wird Mensch – in aller Einfachheit in einem Stall.
Die älteste bekannte Darstellung im Zusammenhang mit der Nativität geht auf das 5. Jahrhundert nach Christus zurück und befindet sich an einer Holztür in Rom: „An der Basilika Santa Sabina all’Aventino, unweit des Circus Maximus“, so Langini. Nicht nur auf Sarkophagen gibt es ähnliche Darstellungen mit die den heiligen drei Königen, auch in mittelalterlichen Handschriften tauchen sie regelmäßig auf. Im Codex Egberti aus den Jahren 980-993 lässt sich die älteste Darstellung in unseren Gegenden ausmachen. Während in der Echternacher Krypta eine Wandmalerei aus dem 11. Jahrhundert ein ähnliches Motiv wiedergibt.
Von Franz von Assisi zum Leben erweckt
1223 flößt der heilige Franz von Assisi in Greccio der biblischen Episode buchstäblich Leben ein: Das Krippenspiel wird mit lebendigen Darstellern nachgestellt – um so dem Volk die Geburt Christi näherzubringen: eine zündende Idee. Selbst in seiner Hagiographie gibt es einen Hinweis auf den nachhallenden Impakt dieser Episode: Ein totes Kind in einer Krippe erwacht durch die Anwesenheit des Heiligen zum Leben.
In der Basilika Santa Maria Maggiore sind derweil noch immer Reliquien der Krippe aufbewahrt – „von denen man inzwischen jedoch zweifelsfrei weiß, dass sie nicht echt sind“, so Langini. Ihrer Wirkkraft tut dies keinen Abbruch. Eine entscheidende Etappe, um aus der Krippe einen Bestandteil der Volksreligion zu machen, ereignet sich etwas mehr als drei Jahrhunderte später, im fernen Prag: 1562 richten Jesuiten in ihrer Kirche eine Darstellung der Krippe auf. „Dies ist der Beginn der Tradition, wie wir sie heute noch kennen“, unterstreicht der Diözesankonservator, der Theologie, Geschichte und Kunstgeschichte in Straßburg studiert hat.
Klassische Figurenpalette wird erweitert
Und der Brauch wird vielerorts aufgegriffen: In Neapel werden ab dem 17. Jahrhundert prachtvoll gekleidete Figuren in großen Krippenszenen aufgestellt – „in deren Üppigkeit man das Kind geradezu suchen muss“, so Langini. Auch das Volk findet plötzlich seinen Platz in den riesigen Barockschauen: Dorfbewohner und Alltagsszenen erweitern die klassische Figurenpalette – „ein wenig wie auch heute bei den Santons in Südfrankreich“.
Dies beflügelt die Schaufreudigkeit und Beliebtheit – die Krippe hält nun immer öfter auch in Privathäusern Einzug, und sie geht mit ihrer Zeit: „Am 6. Januar gesellen sich die heiligen drei Könige, die aus dem Morgenland dem leuchtenden Stern gefolgt sind, zur Szenerie dazu“, so Langini, der ausführt, dass die Krippe früher sogar bis zum „Liichtmëssdag“ stehen blieb. Zwei Tiere sind dabei nicht wegzudenken: der Ochs und der Esel. Ihre Darstellungen gehen auf das Alte Testament zurück: „Der Ochse steht für das jüdische, der Esel für das Heidenvolk“, erklärt der Kunsthistoriker.
Die Jungfrau und der schlafende Joseph
Die Farbsymbolik der Bekleidung der Jungfrau Maria kommt erst deutlich später auf: „Gewöhnlich trägt sie ein rotes Gewand unter einem blauen Mantel – ersteres steht in Anlehnung an die Farbe des Blutes für ihre Menschlichkeit, während letzteres den himmlischen Charakter ihrer Figur hervorstreicht“, führt Langini aus.
Joseph spielt eher eine Nebenrolle und lässt zuweilen ungewöhnliche Variationen entstehen – „wie die des schlafenden Josephs – der buchstäblich die Geburt Jesu verschläft und doch später wie ein Vater über ihn wachen wird“, verrät der Diözesankonservator. Zur Familie gesellen sich im Laufe der Jahrhunderte auch Hirten und ihre Schafe sowie Engel.
Mehr als 30 Krippen zu besichtigen
Die Figuren der Luxemburger Liebfrauenkathedrale wurden übrigens vom bayerischen Bildhauer Sebastian Osterrieder (1864-1932) gefertigt, der ihnen weit über die Grenzen des Freistaates hinaus zu neuer Blüte verhalf. „Doch auch in Vianden, Echternach oder Steinsel, um nur einige zu nennen, gibt es überaus interessante Krippen“, verrät Lex Langini. Als passende Inspirationsquelle für eine Entdeckungsfahrt quer durchs Land dürfte da der auf der Webseite www.cathol.lu zu findende „Krëppewee duerch Lëtzebuerg“ dienen, der noch bis zum 6. Januar 2019 dazu einlädt mehr als 30 Krippen zu besichtigen.
Und wessen Neugier geweckt ist, noch mehr über diese heilige Nacht und vor allem ihre unterschiedlichen Darstellungen zu erfahren, der kann dann einfach einen Ausflug ins knapp 70 Kilometer von Luxemburg entfernte Klüsserath einplanen. Dort gibt es nämlich das Domus Praesepiorum, das Haus der Krippen, wo man auf 300 Quadratmetern über 90 Exponate entdecken kann. „Da ist immer ein wenig Weihnachten“, beschließt Experte Langini seine Ausführungen.
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www.krippenmuseum.info
www.cathol.lu
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