08/15 für Fortgeschrittene mit The Coral
08/15 für Fortgeschrittene mit The Coral
Von Diego Velazquez
The Coral gehören zu jenen Bands, die einfach immer zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort sind. Sie machten mittelmäßigen – mit Folkelementen geschmückten – Indie, lange bevor Kapellen wie Mumford & Sons Stadien damit füllten.
Die Band wurde 1996 an der Grenze zwischen England und Wales gegründet. Die erste Aufmerksamkeit kam 2002 mit „Dreaming of you“ and „Goodbye“. Die beiden luftig-poppigen Britrock-Nummern waren dem Sound und der Grundstimmung des Arctic Monkeys-Debüts „Whatever People Say I Am, That's What I'm Not“ von 2006 gar nicht mal so unähnlich. Nur interessierten sich die Massen gut fünf Jahre zuvor noch nicht (oder nicht mehr) für freche Gitarrennummern von der Insel.
Die große Britpop-Ära war vorbei und die Rock- und Alternativecharts waren vom Bombastsound der tief gestimmten Gitarrenriffs von Newmetal Bands aus Nordamerika bestimmt. Die Lederjacken und der Vintagesound der jungen englischen Mittelschicht waren damals so out, wie es Baseball-Kappen, Baggypants und der Mix zwischen Hip-Hop und hartem Rock heute sind.
Dennoch fanden The Coral jene gemütliche Nische, die es
einer Band erlaubt, von ihrer Musik zu leben, ohne dabei
im Erfolg unterzugehen. Es folgten fachmännisch produzierte Alben, geprägt von charmanten Retrodetails. Songs mit starkem Wiedererkennungspotenzial schrieb die Band jedoch wenige – und große Hits waren auch nicht dabei. Die zwei letzten Alben der Band klangen so, als würde Arctic Monkeys-Frontman Alex Turner B-Seiten Tracks für REM schreiben.
Gitarrensolis wie aus der Zeitmaschine
Doch einige Stücke auf „The Curse of Love“ (2014) deuteten bereits eine neue erfrischende Entwicklung im Sound dieser unauffälligen Briten an. Die Verzerrung war häufiger und lauter aufgedreht als früher und so langsam begann die Band auch damit, sich auf Stimmungen und Sound zu fokussieren, anstatt auf Refrains und knackige Hooks.
Das gerade veröffentliche „Distance Inbetween“ geht diesen Weg konsequent weiter: Synthielinien, verträumte Stimmen, sägende hypnotische Gitarrenriffs gehören jetzt zum festen Arsenal von The Coral. Der Opener „Connector“ zeigt auch sofort, wie viel Spaß handwerklich gut gemachter Psychedelic Rock bringen kann. Doch gleich beim zweiten Stück „White Bird“ klingt die Band schon wie eine blasse Vorband für Tame Impala. Nicht schlecht, aber eben ziemlich unoriginell – was schon immer das Problem dieser Band war, egal welchen Musikstil sie gerade bevorzugte.
Dennoch birgt das Album Glücksmomente: Das Gitarrensolo in „Chasing the Tail of The Dream“ klingt wie frisch aus einer Zeitmaschine. Andere Stücken – wie etwa die uninspirierte Ballade zum Titelstück „Distance Inbetween“ – gehören zu den schwächsten Momenten der Bandgeschichte von The Coral. Die alten Lasten der Band verschwinden also auf „Distance Inbetween“ nicht. Dennoch schaffen es The Coral, dem Zuhörer einige Höhepunkte zu schenken. Dabei gilt die Regel: Je rockiger The Coral sind, desto besser.
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